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Fünf

Fünf

Titel: Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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dass ein Cache «temporarily disabled» werden konnte, also vorübergehend stillgelegt.
    Der Begriff, das fand sie zwei Klicks später heraus, bedeutete, dass der Owner den Behälter entfernt hatte, um ihn zu erneuern oder das Logbuch auszutauschen.
    Nein, dachte Beatrice, bitte nicht.
    Im schlimmsten Fall hieß das, dass die Koordinaten, die sie so mühevoll herausgefunden hatten, wertlos waren. Hatte der Owner gerade mitgeteilt, dass er plante, was auch immer an der betreffenden Stelle versteckt gewesen war, wegzuschaffen? Hatte er es vielleicht schon getan? Ohne lange zu überlegen, wählte sie Florins Nummer. Beim dritten Klingeln hob er ab.
    «Hör mal, ich habe eine neue Nachricht –» Sie unterbrach sich. Da war Klaviermusik im Hintergrund. Satie. Oder etwas Ähnliches.
    «Ist dein Bruder da?»
    «Nein, das ist eine CD . Ich habe gerade versucht, ein bisschen … ach egal. Was ist passiert?»
    Sie hatte ihn beim Malen gestört, jede Wette. «Er hat mir wieder eine SMS geschickt. Nichts Bedrohliches, denke ich, aber eventuell ein Hinweis darauf, dass er das, was er für uns versteckt hat, entfernen will.»
    «Woraus schließt du das?»
    «Die Nachricht lautet: disabled. Das ist ein Insiderbegriff und bedeutet, der Cache ist vorübergehend entfernt worden, weggeräumt. Oder erneuert. Vielleicht hat er etwas Neues hineingelegt.»
Etwas Blutiges, Klumpiges.
    Einige Sekunden lang schwieg Florin, und es wirkte, als hätte jemand die Klaviermusik lauter gedreht. «Denkst du», fragte er schließlich, «dass wir einen Fehler gemacht haben? Dass wir sofort zu den neuen Koordinaten hätten fahren sollen?»
    «Ja, das ist mir durch den Kopf gegangen.»
    «Ich schicke ein paar Leute hin. Sie sollen die Umgebung im Auge behalten, für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Owner wirklich auftauchen sollte. Obwohl –»
    Obwohl er nicht daran glaubte
. Ebenso wenig wie Beatrice selbst.
    Sie hörte ihn seufzen. «Falls wir an den Koordinaten morgen nichts finden, nehme ich das auf meine Kappe.»
    «Unsinn», widersprach sie. «Falls wir nichts finden, kann das ebenso gut heißen, dass wir den falschen Christoph haben. Denk an die Autobahn.» So wenig diese Option ihr auch gefiel. Die anderen konnten richtigliegen, und sie hatte sich das Erkennen in Beils Augen nur eingebildet.

[zur Inhaltsübersicht]
    N47°50.738' E013°15.547'
     
    Die Sonnenuhr an der Fassade des Pfarrhofs von Thalgau zeigte genau acht Uhr an, als sie ihr Auto einige Meter entfernt am Rand der unasphaltierten Straße abstellten, direkt neben dem Wagen der Kollegen, die die Nacht über hier Wache gehalten hatten. Doch außer zwei Spaziergängern, die ihre Hunde ausführten, hatte niemand sich blickenlassen.
    Das stetige Rauschen der Autobahn erinnerte beinahe an Meeresbrandung, wären nicht die lauten Dieselmotoren der LKW gewesen. Stefan hatte fast richtiggelegen – auf der Karte konnte man glauben, die Koordinatenposition befände sich direkt auf der Fahrbahn, doch genau an der angezeigten Stelle spannte sich eine Brücke über ein kleines Tal. Darunter oder knapp daneben würden sie suchen müssen. Beatrice hob den Blick. Die Autobahnbrücke schnitt nur wenige Meter hinter dem Pfarrhof durch die Landschaft, trennte ihn von einem sacht ansteigenden Waldstück, in dem die Vögel tapfer gegen den Verkehrslärm anzwitscherten.
    «Bis zum Brückenbogen, dort lasst ihr uns vorangehen!», bellte Drasche. Er und Ebner waren gerade dabei, in ihre Schutzanzüge zu steigen.
    Das GPS -Gerät, das Beatrice sich heute Morgen von Stefan ausgeliehen hatte, zeigte noch 143  Meter bis zum Ziel. Hoffentlich war er nicht allzu enttäuscht darüber, dass er im Büro die Stellung halten musste, statt mit auf die Jagd zu gehen.
    «Merkwürdiger Ort.» Florin schob sich die Sonnenbrille ins Haar und trat dicht hinter Beatrice, um ebenfalls auf das GPS -Gerät schauen zu können. Seine Nähe erfüllte sie mit einer ungewohnten Befangenheit, die Begegnung – oder besser: die Beinahe-Begegnung vom Samstag klang immer noch in ihr nach. Dieses merkwürdige Gefühl, ungebeten in seine Privatsphäre eingedrungen zu sein.
    Drasche stapfte auf mit blauem Plastik verhüllten Schuhen heran. «Welche Richtung?»
    «Geradeaus, unter dem Brückenbogen durch. Vielleicht einen Hauch rechts halten.» Sie drückte Drasche das GPS -Gerät in die Hand und zeigte auf das schwarz-weiße Zielfähnchen. «Darauf zuhalten. Das Ding piepst, wenn du angekommen bist.»
    Sie und Florin wahrten

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