Fünf
möchte ich aber gleich», beharrte Beatrice, und Ebner versprach ihr, sie in den nächsten zehn Minuten zu mailen.
Als sie den Laborraum verließ, hatte Florin gerade sein Telefongespräch beendet. «Wir bekommen eine Liste. Alle Autos aus Salzburg und den umliegenden Bezirken, bei denen die letzten drei Stellen des Kennzeichens stimmen.»
Listen. Briefe. Gutachten. Beatrice schälte sich aus dem Labormantel, warf die Handschuhe in einen Mülleimer, zog sich die Schutzhaube vom Kopf und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. Sie hatte nicht das Gefühl, dem Owner auch nur einen Schritt näher zu kommen, indem sie sich durch all das Papier arbeitete, das der Fall mit sich brachte. Nur in den Nachrichten, die sie in den Behältern fanden, spürte sie ihn.
Noch gut drei Stunden bis zur Besprechung mit Hoffmann. Sie beeilten sich zurück ins Büro. Beatrice checkte sofort ihre Mails in der Hoffnung, die Fotos vorzufinden. Fehlanzeige. Stattdessen war ein vorläufiges Schriftvergleichsgutachten der Sachverständigen eingetroffen.
«Die beiden Schriftproben stimmen in allen wesentlichen Charakteristika wie Größe, Verbundenheit, Schrägheit, Winkel, Linksläufigkeit und Zeilenabstand überein», las Beatrice halblaut. «Es ist davon auszugehen, dass sie vom selben Urheber stammen, obwohl die zweite Probe erhebliche Unregelmäßigkeiten aufweist, die möglicherweise auf eine psychische Extremsituation schließen lassen.»
Florin hatte seine Arbeit unterbrochen und hörte zu. Er trommelte nachdenklich mit den Fingerknöcheln auf den Tisch. «Also hat wirklich Nora Papenberg die Rätsel verfasst. Und dann die Tatsache, dass das Blut des zerstückelten Toten auf ihrer Kleidung war – Bea, wir müssen zumindest in Betracht ziehen, dass sie in diesem Fall nicht nur das Opfer ist.»
Natürlich hatte er recht, sie durften die Möglichkeit nicht außen vor lassen. Nur dass sie sich so falsch anfühlte.
«Zwei Komplizen», fuhr Florin fort, in jeder Hand einen Bleistift, «die gemeinsam vorgehen, bis es zu einem Streit kommt, bei dem einer den anderen tötet.» Ein Bleistift landete auf der Schreibtischplatte und rollte in Richtung Tastatur. «Der Owner entledigt sich seiner Helferin.»
«Ja, obwohl – nichts von dem, was wir über Nora wissen, passt in das Bild einer Frau, die Menschen zerstückelt.» Sie sah, dass Florin die Stirn runzelte, und wusste, was er dachte. Niemandem war am Gesicht abzulesen, wozu er fähig war. Leider. Zum Glück.
Sie hatte es so oft versucht, damals, so oft, dass sie darüber fast den Verstand verloren hatte.
«Sieh dir die Fotos vom Agenturtreffen genau an. Sie war auf all den Bildern unbeschwert, völlig gelöst. Bis zu dem Anruf – du kannst das Gewicht, das plötzlich auf ihr liegt, förmlich spüren.»
Sie dachte an Christoph Beil. Er hatte Nora erkannt. Nicht ihren Namen, aber ihr Gesicht. Sie würde mit ihm sprechen, ihn notfalls in die Enge treiben, bis er ihr die Wahrheit sagte.
Wenige Minuten bevor sie zur Besprechung mit Hoffmann aufbrachen, kam die Meldung herein, dass ein Mann vermisst gemeldet worden war, der, wie der Beamte es ausdrückte, «vom Alter her zu euren Händen passen könnte». Er war seit einer Woche nicht bei der Arbeit aufgetaucht.
Florin überflog das Papier, das der Kollege ihm auf den Tisch gelegt hatte. «Herbert Liebscher, 48 Jahre, Lehrer. Geschieden, keine Kinder.» Er sah auf. «Und wer hat ihn vermisst gemeldet?»
«Der Schuldirektor. Er beschreibt Liebscher als sehr zuverlässig und kann sich nicht erklären, wo er steckt. Sie haben mehrfach versucht, ihn auf dem Handy zu erreichen, aber da springt sofort die Mailbox an.»
«Was ist mit der Exfrau? Hat er sich vielleicht bei ihr gemeldet?»
«Nein. Die beiden haben keinen Kontakt mehr, heißt es.»
Beatrice war aufgestanden und hatte sich hinter Florin gestellt, um ihm über die Schulter schauen zu können. Das Foto, das Herbert Liebscher zeigte, war ein typisches Fotografenporträt: leicht geneigter Kopf, angestrengtes Lächeln, blau verschwommener Hintergrund. Ein längliches Gesicht mit hellblauen Augen, einer schmalen Nase und ebensolchen Lippen. Ausgeprägte Tränensäcke.
Hände waren natürlich nicht zu sehen.
«Schick eine Streife zur Schule und seht zu, dass ihr eine Bürste von ihm bekommt, oder einen anderen persönlichen Gegenstand, auf dem sich seine DNA befinden könnte», wies Beatrice den Kollegen an. «Gut wäre auch ein Ganzkörperfoto, eines, auf dem man die
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