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Fünf

Fünf

Titel: Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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einen Bogen um den stinkenden Mülleimer und ging ins Schlafzimmer.
    Ein ungemachtes Bett. Komfortabel breit für eine Person, beengend für zwei. Ein ordentlich aufgeräumter Computerarbeitsplatz, auf dem neben Tastatur und Maus drei Stapel mit Heften lagen. Ein Bücherregal, hauptsächlich mit Biographien bestückt, aber auch mit einigen Reiseberichten und Romanen. Dan Brown und Ken Follett. Dazwischen fand Beatrice ein kleines, hölzernes Kästchen, eine Schatztruhe im Mini-Format. Mit ihren behandschuhten Fingern holte sie sie aus dem Regal und öffnete den Deckel.
    Münzen. Sie steckten in transparenten Plastikhüllen und wiesen unterschiedliche Motive auf – ein Schiff, einen Wolfskopf, einen Schriftzug –
    «Florin!» Beatrice hielt eine der Münzen direkt ins Licht, um sicherzugehen, aber es war kein Zweifel möglich, da war das Logo, auch auf den Hüllen. «Er war ein Cacher. Liebscher hat Geocaching betrieben!»
    Geocoinclub:
TFTC
stand auf der kupferfarbenen Münze, darunter war ein wanderndes Strichmännchen in weißer Emaille abgebildet. Auf der Schmalseite eingraviert fand Beatrice eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen, eine Art Code. Auf der Rückseite wieder das Männchen und ein weiterer Schriftzug:
Track at Geocaching.com
.
    «Phantastisch.» Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Florin die Münze und legte sie in die Schatztruhe zurück. «Das bringt uns vielleicht ein Stück vorwärts.»
    Hoffentlich. Stefans Online-Recherchen hatten nach wie vor nichts ergeben. Er las sich täglich durch die Foren, hatte zu verschiedenen Mitgliedern Kontakt aufgenommen, aber bisher ohne Erfolg. Nirgendwo ein Hinweis auf jemanden, der eventuell früher schon einmal abartige Dinge in Caches hinterlassen hatte – tote Tiere etwa, oder Exkremente. Niemand hatte von Begebenheiten dieser Art gehört. «Die Geocacherszene ist extrem sauber und umweltbewusst», hatte Stefan nicht ohne Stolz festgestellt.
    Beatrice durchforstete den Schreibtisch und wechselte dann ins Wohnzimmer, wo ein weiteres Bücherregal stand. Außerdem eine Sitzgruppe mit geschmacklosem braun-grünem Stoffüberzug vor einem gläsernen Couchtisch, von dem niemand die Wasserränder gewischt hatte. Gegenüber ein verstaubter Röhrenfernseher im Standby-Modus.
    Sie sah es nicht auf den ersten Blick, aber ihre Augen kehrten wie von selbst wieder an die Stelle zurück und blieben dort hängen.
    TFTH
    Jemand hatte die vier Buchstaben auf dem Fernsehbildschirm hinterlassen, schwungvoll in den Staub geschrieben.
    «Florin? Sieh dir das an!» Beatrice holte ihre Kamera aus der Tasche und schoss fünf Bilder aus der Nähe, dann weitere sechs aus unterschiedlichen Entfernungen und Blickwinkeln, bevor sie das Handy hervorholte und Drasche zu Hause anrief.
    Sie hörte im Hintergrund den Fernseher laufen, als er abhob.
    «Wir sind in Liebschers Wohnung und haben den Computer sichergestellt, aber ihr solltet auch herkommen. Wir können davon ausgehen, dass der Owner hier war.»
    Nach dem kurzen Gespräch mit Drasche («Fasst ja nichts mehr an und haut möglichst schnell ab!») zog Beatrice sich mit ihrem Handy in eine ruhige Ecke der Wohnung zurück und lehnte sich an die Wand zwischen Küche und Badezimmer.
    Vielleicht war sie eben im Begriff, einen riesigen Fehler zu begehen. Oder es war genau der richtige Schachzug. Sie würde es erst hinterher wissen. Hoffmann selbst hatte gesagt, sie solle ihre Möglichkeiten ausschöpfen, aber von Kossar war noch kein Vorschlag gekommen. Sie hatte die Warterei satt. Die Nachrichten des Owners gingen an sie persönlich, es war Zeit, persönlich darauf zu reagieren.
    Sie öffnete die letzte SMS , die er ihr geschickt hatte – kalt, ganz kalt –, und drückte auf
Antworten
. Überlegte, welche Botschaft angemessen war, und befand, in der aktuellen Situation käme nur eine einzige in Frage.
    Herbert Liebscher
    Es sah aus wie der Beginn eines Satzes, eines Berichts, als wäre es der Anfang von «Herbert Liebscher wurde in den ersten Tagen des Mai ermordet; eine Woche lang suchte niemand nach ihm. Du hast ihm Hände und Ohren abgeschnitten. Wir kommen dir näher, wenn auch
langsam

    Doch das schrieb sie nicht, sie beließ es bei Vor- und Nachnamen, machte nicht einmal einen Punkt dahinter und drückte auf
Senden
.
     
    Die Nachbarn wussten von nichts. Zum großen Teil waren es ältere Leute, die zu Liebscher keinen Kontakt gehabt hatten und über ihn nur sagen konnten, dass er sehr ruhig gelebt hatte.

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