Fünf
kitzeln.»
Sackgassen, wohin man schaute. Auch die Auswertung von Sigarts Patientenkartei hatte nichts gebracht. Weder Nora Papenberg noch Christoph Beil hatten ihre Haustiere bei ihm in Behandlung gehabt. Wieder eine Idee im Ansatz gestorben, aber keine Zeit, um sie zu betrauern: Ein Kollege von Liebscher hatte Fotos gemailt, die bei einem Bowlingabend entstanden waren. Einige davon zeigten Liebscher aus der Nähe. Er lachte, seine Zähne waren schief. Unwillkürlich richtete Beatrices Aufmerksamkeit sich auf seine Ohren, ebenso unwillkürlich bedeckte sie ihr eigenes linkes Ohr mit der Hand.
«Gehen Sie mit mir auf einen Kaffee?» Aus dem Nichts war Kossar aufgetaucht. Seine Frage richtete sich eindeutig an Beatrice allein.
«Tut mir leid. Ich bin beschäftigt.» Die Art, wie er sie ansah, verunsicherte sie. Wann immer Kollegen sich ihr auf nicht beruflichen Pfaden näherten, verspürte sie das dringende Bedürfnis davonzulaufen. Sie konzentrierte sich wieder auf Liebschers Fotos. Hellblaue Augen. Sie würden in einen sehr kleinen Behälter passen. Micro-Cache.
Kossar schien ihre Irritation immerhin zu bemerken. «Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.» Sein Ton war deutlich sachlicher als zuvor. «Aber ein Gespräch bei einem gemeinsamen Kaffee könnte uns neue Aufschlüsse über den Fall bringen. Ich kann gern später wiederkommen, wenn Sie –»
I’ll send an
SMS
to the world
I’ll send an
SMS
to the world
I hope that someone …
Mit einem schnellen Griff hatte sie das Handy aus der Tasche geholt
.
Eine neue Nachricht. Beatrice drückte auf
Lesen
.
Nur ein Wort. Sie starrte es an, und ein Zusammenhang dämmerte ihr. Aber vielleicht lag sie falsch. Hoffentlich.
«Schlechte Neuigkeiten?»
Sie musste diesen Kossar endlich zum Teufel schicken. Ihm die Nachricht jetzt zu zeigen würde einen weiteren Schwall heißer Luft nach sich ziehen. Sie würde ihn später informieren. Wenn sie sich ihre eigenen Gedanken gemacht hatte.
«Familiäre Angelegenheiten. Ich möchte Sie herzlich bitten, mich jetzt weiter arbeiten zu lassen.»
Er musterte sie noch zwei Herzschläge lang. «Familiäre Angelegenheiten, ich verstehe. Ja, Hoffmann sagte schon, Sie hätten eine unschöne Scheidung hinter sich. Wenn Sie wollen …»
«Entschuldigen Sie bitte, falls ich mich unklar ausgedrückt habe. Aber meine Zeit ist relativ knapp, ich muss weiterarbeiten.»
«Wie wäre es mit uns beiden?» Florin war aufgestanden, trat auf Kossar zu und klopfte ihm leutselig auf die Schulter. «Ich kann gerade eine kleine Pause gebrauchen. Lassen Sie uns Kaffee trinken gehen.» Beatrice hörte die Schärfe in seiner Stimme nur, weil sie ihn schon so lange kannte.
Kossars Lachen klang gezwungen, aber Beatrice achtete kaum darauf. Das eine Wort auf dem Display beanspruchte ihre ganze Aufmerksamkeit:
Archiviert
.
Mit einem Klick hatte sie unter ihren Favoriten im Browser das Cache-Wiki gefunden, öffnete es und stellte fest, dass ihre Vermutung richtig gewesen war. Ein archivierter Cache war einer, den man stillgelegt hatte. Er war fort und würde nicht ersetzt werden.
Erst
disabled
. Nun archiviert.
Der Owner meinte sicher nicht die Behälter, die er für die Polizei versteckt hatte. Er abstrahierte. Unzweifelhaft bezog er sich auf etwas, das sie suchten, und im Moment suchten sie vor allem nach Christoph Beil.
Stillgelegt. In der ungewohnten Ruhe ihres verlassenen Büros fragte sich Beatrice, ob der Owner ihr auf seine besondere Weise mitteilen wollte, dass Beil nicht mehr am Leben war.
Am Abend fuhr sie zum Mooserhof und fand ihre Kinder extrem beschäftigt vor. Jakob, halb in Jeans, halb im Pyjama, fegte singend durch die Gaststube und verteilte Zuckerpäckchen auf den Tischen, während Mina gerade eine Flasche Wasser und zwei Gläser auf einem Tablett servierte. Ihr Blick war hochkonzentriert auf die Last in ihren Händen gerichtet, als hoffte sie, die Dinge durch Hypnose am Hinunterfallen hindern zu können.
Beatrices Mutter stand hinter der Theke und zapfte Bier. «Mit dir habe ich ja gar nicht gerechnet!» Sie wartete, bis die Schaumkrone die richtige Höhe hatte, dann stellte sie den Krug ab und umarmte Beatrice. «Müde siehst du aus. Hast du Hunger? Warte, ich sage dem André, er soll dir eine Portion Kohlrouladen bringen, die sind großartig!»
Sie wollte erst protestieren, fand aber nicht die Kraft dazu, außerdem meldete sich ihr Magen. Er schrie geradezu nach Nahrung. «Okay. Obwohl, eigentlich bin ich nur hier,
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