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Fuer den Rest des Lebens

Fuer den Rest des Lebens

Titel: Fuer den Rest des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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draußen dringt stinkender, heißer Qualm herein und sie schimpft, mach das Fenster zu, was hast du bloß.
    Er schaut zu, wie das Fenster sich schnell nach oben bewegt und das klimatisierte Innere wieder abschließt, und einen Moment lang möchte er die Finger oben auf das Glas legen und sie zerquetschen lassen, der Schmerz, der seinen Körper dann erfüllen würde, würde die Kränkung mildern, und er faucht sie an, gut, dann werde ich eben wirklich gehen, wenn ich für euch so überflüssig bin, er fasst der Einfachheit halber sie und die Kinder zu einem Block zusammen, und sie trifft seinen schwachen Punkt, klar, wir kennen dich und deine Heldentaten, du Großmaul. Er seufzt, wie durchsichtig sind alte Ehepaare doch, alles ist bekannt, nichts wird vergessen, bis zum Ende deiner Tage wird es gegen dich verwendet, und schon denkt er an seinen Todestag, wird sie dann die vielen bösen Worte bedauern, mit denen sie ihn im Lauf der Jahre bedacht hat, denn natürlich werden auch sie nicht vergessen, ebenso wenig wie alles, was er seit seiner Jugend falsch gemacht hat, doch von diesem Moment an, ab diesem Dienstagnachmittag Ende August, gibt es bis zu seinem Tod noch einen anderen Weg, wer weiß, wie lang oder wie kurz er sein wird, und auf diesem Weg will er sie nicht an seiner Seite haben, und er schüttelt den Kopf hin und her wie Jotam, wenn man ihn gegen seinen Willen zu füttern versucht, er presst die Zähne zusammen und drückt die Augen fest zu.
    Warum fährst du nicht, schimpft sie, endlich löst sich der Stau auf und du bleibst stehen? Und er drückt auf das Gaspedal und landet fast auf dem Auto vor ihm, das sich langsam vorwärtsbewegt, und seine Frau faucht, vielleicht sollte ich lieber fahren, wenn du lebendig bei der Hochzeit ankommen willst, es ist gefährlich, dich fahren zu lassen, und er spürt, wie sein Blut kocht, der Damm scheint gebrochen zu sein und überschwemmt sein Gehirn, diese Frau ist gefährlich für ihn, und er bremst vor einer grünen Ampel, die anfängt zu blinken, und der Fahrer hinter ihm protestiert laut, bitte, fahr du doch, verkündet er und steigt aus dem Auto, und einen Moment lang hat er Lust, sie hier zurückzulassen, einfach wegzugehen und zwischen den Verkehrsinseln herumzustreunen wie die Bettler. Absichtlich langsam geht er um das Auto herum, setzt sich aber nicht neben sie auf den Vordersitz, sondern nach hinten, neben Jotams Kindersitz, er sieht, wie sie den Hintern hochhebt und sich mühsam auf den Fahrersitz schiebt, ohne das Auto zu verlassen, und er meint einen Anflug von Sadismus auf ihrem Gesicht zu erkennen, sie hat es geschafft, ihn auf die Palme zu bringen, sie ist stolz wie eine Frau, die entdeckt, dass ihr Mann sich noch immer zu ihr hingezogen fühlt, und eine Welle des Abscheus lässt ihn erzittern, was für eine Schmach und was für eine Schande, so bei der Hochzeit zu erscheinen und die Bazillen einer armseligen Ehe zu verbreiten, die die Gesundheit der Anwesenden gefährden.
    Sie sind zwar gewöhnt an ihre Streitereien, trotzdem stellt er einen weiteren Sprung auf der absteigenden Leiter fest, denn zum einen verursacht es keinen Schmerz mehr, sondern ein abartiges Vergnügen, das ihn schockiert, er lehnt sich zurück und sein ganzer Körper ist voller Abscheu, seine ganze Existenz schreit nach einer Veränderung, und wieder sagt er, ich werde weggehen, ich verlasse das Haus, aber sie hört es nicht, denn in diesem Moment macht sie das Radio an, sucht nach dem Verkehrsfunk, und ab und zu sieht er ihre Augen im Rückspiegel, die Falten zwischen den Brauen deuten daraufhin, dass sie sich Sorgen macht, aber ihre Augen leuchten wie bei einer Wahnsinnigen, doch die meiste Zeit betrachtet er die anderen Autos, die, entschlossen, diese langsame Fahrerin zu überholen, an ihnen vorbeifahren. Seine Blicke wandern über die wechselnden Fahrer, Paare, die, wie üblich, nebeneinander vorn im Auto sitzen, die sich streiten wie sie oder in ein ruhiges Gespräch vertieft sind, und aus irgendeinem Grund glaubt er an diesem Abend nicht, dass alle anderen glücklicher sind als er, an diesem Abend gleitet sein Blick ohne besonderes Interesse über die fremden Paare, heute sucht er Menschen, die allein von einem Ort zum anderen fahren, ohne Mitfahrer, die mit niemandem reden, während er hier auf dem Rücksitz sitzt und der Sicherheitsgurt über seinem Bauch spannt, und er denkt, wie sehr sich dieser Abend doch von anderen Abenden unterscheidet, denn er hat, jedenfalls in

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