Fuer dich mein Glueck
Haltestange fest und biss die Zähne zusammen. All ihre Glücksgefühle waren erloschen. Stattdessen verkrampfte sich ihr Magen. Ihr seid schuld, dass ich den Schlüssel habe fallen lassen, schimpfte Sonnet innerlich mit ihren Mitreisenden. Bereitet euch schon einmal darauf vor, zu sterben.
Zachs Name auf ihrem Display zu sehen erinnerte Sonnet daran, dass sie seine Daten schon vor Monaten hätte löschen sollen. Dass sie ihn damit nicht auch aus ihren Erinnerungen löschen konnte, war ihr leider nur zu bewusst. Normalerweise hatte sie sich immer über eine SMS von ihm gefreut, doch jetzt erschauderte sie bei dem Gedanken daran.
Wenn Zach jetzt in ihr Leben trat, könnte er alles ruinieren. Die gemeinsame Nacht mit ihm nach Daisys Hochzeit war eine Riesendummheit gewesen. Das hatte Sonnet bereits gewusst, als die selige Lust der Nacht allmählich hinter düsteren Vorahnungen verschwand. Durch diesen Fehler hatten sie ihre Freundschaft unwiderruflich verändert. Ihr Vater hatte ihr gerade Mr Wundervoll vorgestellt. Sonnet wollte sich voll und ganz auf Orlando konzentrieren und durfte sich nicht mit Zach Alger betrinken.
Seit jenem verhängnisvollen Abend hatte Sonnet nicht mehr mit Zach gesprochen. Anfangs hatte er ein paar Mal angerufen und ihr SMS geschickt, doch irgendwann hatte sie ihn gebeten, damit aufzuhören. Ruf mich nicht an. Schicke mir keine SMS. Können wir es einfach dabei belassen?
Zach hatte sich daran gehalten, und Sonnet redete sich ein, erleichtert zu sein. Es gab nichts mehr zu bereden. Was sollte sie auch sagen? Tut mir leid, dass ich eine großartige Freundschaft zerstört habe? Mach dir ein schönes Leben?
Sonnet verdrängte den Gedanken an ihr verlorenes Handy. Sie hatte ein drängenderes Problem. Wenn dir dein Freund endlich den Schlüssel zu seinem umwerfenden Apartment an der East Side gibt, ist es nicht klug, diesen Schlüssel gleich darauf zu verlieren. Ganz egal ob es ein Unfall war oder nicht, die Symbolik war schwer zu übersehen.
Dummerweise würde sie sich nun auch noch verspäten. Sowohl ihr Vater als auch Orlando legten größten Wert auf Pünktlichkeit, doch irgendwie war Sonnet die Zeit davongelaufen. Ohne Handy konnte sie Orlando noch nicht einmal anrufen oder ihm eine SMS schicken.
Sonnets Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Sie fand einen freien Platz und setzte sich. Ihr gegenüber saß ein Teenagermädchen mit seiner Mutter. Sonnet musterte ihre Spiegelbilder in der Fensterscheibe des Waggons. Die beiden sahen sich sehr ähnlich, nur die nordisch helle Haut und die blonden Haare der Mutter standen im scharfen Kontrast zu dem krausen Haar und der milchkaffeebraunen Haut des Mädchens. Das Mädchen fühlte sich offensichtlich unbehaglich. Sonnet sah es mitfühlend an. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie selbst nicht gewusst, wie sie damit umgehen sollte, einen dunkelhäutigen Vater und eine Mutter italienischer Herkunft zu haben. Lange Zeit wusste sie selbst nicht, wohin sie gehörte.
Das Mädchen hörte auf seinem iPhone Musik. Trotz der Kopfhörer, die es trug, erkannte Sonnet den aggressiven Beat der neuesten Hip-Hop-Sensation Jezebel. Obwohl sie kein Fan dieser Musik war, kannte Sonnet die Sängerin aus Klatschzeitschriften und aus dem Internet. Die Frau geriet wegen irgendwelcher Gesetzesübertretungen ständig in die Schlagzeilen.
Das Mädchen, das die Musik hörte, sah zornig aus. Vielleicht hatte es einen schlechten Tag und war sauer auf seine Mutter. Vielleicht fragte es sich aber auch wie früher Sonnet, warum sein Vater sich, wenn überhaupt, nur zu Weihnachten und zum Geburtstag bei ihm meldete. Vielleicht versuchte es, einen Weg zu finden, seine Aufmerksamkeit zu wecken.
Ihre Blicke begegneten sich in der Fensterscheibe. Schnell schauten beide wieder weg. Es war, als hätten sie eine verwandte Seele erkannt.
Alles wird gut, wollte Sonnet dem Mädchen nur zu gern versichern. Genau wie bei mir. Bei mir ist auch alles gut.
Als sie in ihre Haltestelle einfuhren, überlegte Sonnet angestrengt, wie sie Orlando die Sache mit dem Schlüssel einigermaßen einleuchtend erklären könnte. Sie konnte ihm unmöglich sagen, dass er ihr an der U-Bahn-Haltestelle leichtsinnigerweise aus der Hand gefallen war. So leichtsinnig war Sonnet nicht. Zutritt zu seiner Wohnung zu bekommen, zu seinem ganz privaten Ort, war ein großer Schritt für sie als Paar. Es hatte Großes zu bedeuten.
Allein bei dem Gedanken daran hüpfte ihr Herz. Für Sonnet war das allerdings kein
Weitere Kostenlose Bücher