Fuer dich mein Glueck
Zach nicht mehr wie ein Bruder an. An dem Abend nach Daisys Hochzeit hatte sie in ihm nur noch den reizvollen Mann sehen können, der viel zu sexy war.
„Ich finde ihn nicht sexy“, sagte Sonnet trotzig zu ihrem Spiegelbild, das sich langsam in ein normales Antlitz verwandelte. Sie band ihre Haare zu einem unordentlichen Zopf, zog eine Jeans und ein T-Shirt mit dem Slogan „Jeffries for Senate“ an, schlüpfte in ihre Flipflops und ging nach unten.
Sonnet fiel auf, dass sie sich in Orlandos Gegenwart niemals so lässig kleiden würde. Selbst zu Hause legte er großen Wert auf ein angemessenes Outfit. Jeans waren für ihn okay, wenn Sonnet sie mit einer Seidenbluse und hochhackigen Sandalen kombinierte. Sonnet respektierte diese Seite an ihm. Er wusste, wie wichtig gutes Aussehen war.
Bei Zach sah sie das anders. Wenn er ein Problem mit ihrem saloppen Kleidungsstil haben sollte, wäre ihr das vollkommen egal.
Allerdings wusste sie, dass er sich nicht für ihren Kleidungsstil interessierte. Auch sie beachtete seine Kleidung kaum. Gut, der Cut auf der Hochzeit hatte sie schon zwei Mal hinschauen lassen, er hatte sogar vorübergehend ihr Urteilsvermögen getrübt, doch normalerweise achtete sie nicht darauf, was er trug. Er war einfach Zach. Er war immer einfach nur Zach gewesen. Sie wünschte, sie könnten ihre aufregende Nacht ungeschehen machen und zu ihrer alten Freundschaft zurückkehren, doch sie hatte keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte.
Zach hatte sich in der Zwischenzeit eine Limo genommen und stand damit bei der Tür. „Komm, wir fahren mit einem der Boote auf den See hinaus.“
Damit hatte alles begonnen. Das letzte Mal, als sie gemeinsam Boot gefahren waren, waren sie übereinander hergefallen. Sonnet stellte sich vor, wie sie beide an diesem Samstagmorgen gemütlich im Sonnenlicht über den Willow Lake ruderten. Es war einer dieser Tage, an denen das Wasser so still war, dass die Stimmen hallten, als wären sie die einzigen Menschen auf der Welt. „Ich habe eine bessere Idee. Lass es uns nicht tun.“
„Das ist keine bessere Idee. Komm schon.“ Ohne auf ihre Antwort zu warten, ging Zach durch die Tür und über den Rasen zum Seeufer. Ein paar Gäste des Inn spazierten über das Grundstück oder saßen lesend in den Adirondack-Stühlen und genossen den Sonnenschein oder schauten ihren Kindern beim Spielen im Schatten zu. Die Menschen kamen von überall hierher, um sich zu erholen. Für einige waren es die Ferien, von denen sie immer geträumt hatten. Sonnet hatte, seit sie sich erinnern konnte, immer von hier fort gewollt.
Und doch war sie stolz auf das, was ihre Mutter und Greg hier erschaffen hatten. Es war eine Wohlfühl-Oase, ein luxuriöser Ort der stillen Schönheit, an den die Leute nach ihrem ersten Besuch Jahr für Jahr zurückkehrten. Das Inn selber bestand aus einer Villa mit Aussichtsturm aus dem neunzehnten Jahrhundert, die von einem üppig blühenden Garten mit weiten, grünen Rasenflächen umgeben war. Greg war Landschaftsarchitekt und hatte diese grüne Oase gekonnt geplant und angelegt. Am Rand des Gartens befand sich ein altes Bootshaus mit einem Steg. Im oberen Teil der Villa befanden sich private Gästezimmer, unter anderem auch die Hochzeitsuite. Ruderboote, Kanus und Kajaks für die Gäste waren am Steg vertäut, und im Bootshaus selber wartete ein restauriertes Holzmotorboot, nicht unähnlich dem, in dem sie und Zach in besagter Nacht herumgemacht hatten.
Sonnet verscheuchte die Gedanken an diese wunderbare Nacht und versuchte, mit Zachs ausgreifenden Schritten mitzuhalten.
„Ich kann nicht aufhören, an diese Nacht zu denken“, sagte er ganz unvermittelt.
„So? Ich denke keine Sekunde mehr daran“, behauptete sie.
„Lügnerin. Ich wette, du denkst genauso oft daran wie ich.“
„Hör mal, wenn du hierhergekommen bist, um mit mir darüber zu sprechen, verschwendest du deine Zeit und meine. Hast du mir deshalb diese SMS geschickt?“
„Die, auf die du nicht geantwortet hast?“, fragte er geradeheraus. „Nein. Da hatte ich mich nur verwählt.“
„Ja, ganz bestimmt.“ Trotz allem, was passiert war, fühlte Sonnet sich in Zachs Gegenwart wohl. Sie musste sich nicht auf eine bestimmte Art benehmen oder anziehen. Sie konnte einfach nur sie selber sein. Und das, erkannte sie mit großem Bedauern, hatten sie mit dieser einen Nacht zerstört. „Wir waren uns doch beide einig, dass wir das nicht hätten“, Zach fiel ihr ins Wort.
„Nicht hätten was?
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