Fuer dich mein Glueck
abmaß.
Sonnet hatte von klein auf jene Mädchen bewundert, die sich in ihrer dunkleren Haut wohlfühlten. Sie wünschte, für sie selber wäre es ebenso einfach gewesen. Sie wünschte, sie könnte in den Spiegel schauen und sich wohlfühlen. Sie konnte sich noch genau daran erinnern, wie sie sich im Alter von zehn Jahren gefragt hatte, ob es wohl einen Zauberstift gäbe, der ihre Augenfarbe von Braun zu Blau verwandeln würde. Als Teenager hatte sie den Großteil ihres Taschengeldes darauf verwendet, ihr krauses Haare glätten zu lassen. Mit dem Effekt, dass sie ausgesehen hatte wie eine Mulattin, die versuchte, wie ein weißes Mädchen auszusehen.
Sonnet drückte sich gekonnt in den Hintergrund. Das Kamerateam mit Zach als Leiter, der seine Rolle mit einer Leichtigkeit übernommen hatte, die Sonnet ihm so nie zugetraut hätte, kreiste Jezebel ein. Der Hip-Hop-Star schien sich zwischen den drei Hightech-Linsen und den verschiedenen Mikrofonen, die auf ihn gerichtet waren, pudelwohl zu fühlen. Sonnet erinnerte sich, das Mädchen in einer Sondersendung namens Hip-Hop Horror gesehen zu haben. Doch außer, dass die meisten Stellen überpiept worden waren, war davon bei ihr nicht viel hängen geblieben.
„Wo ist meine Limousine?“, zischte Jezebel und ging zur Treppe, die zum Bahnhofsgebäude hinaufführte.
Zach glitt förmlich neben ihr her. Sonnet liebte es, ihm bei der Arbeit zuzusehen. Sie wusste, dass zur Arbeit mit der Kamera mehr gehörte, als einfach nur auf Aufnahme zu drücken und draufzuhalten. Zach schien ein natürliches Verständnis für die Eleganz und Feinheit zu haben, derer es bedurfte, um eine Sequenz einzufangen.
Jezebels Gepäck bestand aus einer Sammlung von Designertaschen und einem Haufen Seesäcke, die aussahen wie von der Heilsarmee. Sonnet beobachtete fasziniert, wie sich die gesamte Entourage gesammelt in Richtung Parkplatz begab. Jezebel blieb am Bürgersteig stehen und schaute sich um. „Meine Limousine?“, wiederholte sie genervt.
Einige Filmleute sahen sich verstohlen an und zuckten dann mit den Schultern.
„Hat irgendjemand einen Wagen bestellt?“, fragte einer der Producer.
Niemand reagierte.
Jezebel streckte die Schultern durch und richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. „Was verfickt noch mal …“
„Keine Aufregung“, beschwichtigte Sonnet, „wir nehmen meinen Van.“ Sie hatte einen der Wagen vom Inn am Willow Lake zur Verfügung gestellt bekommen, mit dem die Gäste in der Stadt herumgefahren wurden. „Er steht gleich dort.“
Jezebel funkelte Sonnet wütend an, doch diese wartete, fest entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen. Nur weil Jezebel riesengroß und ein Star in der Musikwelt war, nur weil sie im Gefängnis gesessen hatte und für ihre Gewaltausbrüche bekannt war, würde Sonnet nicht einknicken. Wenn sie sich jetzt versteckte, würde Jezebel sie für den Rest der Zeit unterbuttern.
„Kommst du?“ Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern drehte sich um und ging zu ihrem Wagen.
Erleichtert registrierte Sonnet, dass Jezebel ihr folgte und sich schweigend auf den Beifahrersitz setzte. Zach und seine Assistentin stiegen ebenfalls mit zu und ließen die Kamera laufen. Das hatte Sonnet nicht erwartet. Ehrlich gesagt hatte sie gar nicht gewusst, was sie erwartete, doch jetzt fiel ihr ein, dass es in dieser Sendung ja einzig und allein darum ging, jede Bewegung von Jezebel zu dokumentieren.
Jezebel zog den Gurt über ihre beträchtliche Mitte. „Mann, du steckst echt in Schwierigkeiten, Mädchen“, sagte sie und öffnete eine Flasche BluMania, den neuesten Energy-Drink auf dem Markt.
„Ich?“ Sonnet ließ den Motor an. „Wieso?“
„Ich wollte mich wegen des Wagens gerade richtig aufregen.“
„Pass auf, keiner hat absichtlich vergessen, einen Wagen für dich zu bestellen. Die sind alle erst ganz frisch hier angekommen und müssen sich noch organisieren.“
Jezebel schnaubte. „Nein, ich meine, ich sollte mich richtig aufregen. Ich war gerade dabei, mich warmzulaufen.“
„Ah, ich verstehe. Sie mögen es, wenn du wütend wirst.“
„Genau.“
Sonnet behielt den Blick auf die Straße gerichtet, konnte aber nicht umhin, kurz in den Rückspiegel zu Zach zu schauen. „Sorry. Ich bin sicher, du wirst noch reichlich Gelegenheit haben, Staub aufzuwirbeln.“
„Staub aufzuwirbeln?“ Jezebel schnaubte erneut. „Wer bist du überhaupt, Cremeschnittchen? Wer spricht denn so?“
„Ich bin Sonnet Romano.“ Der Spitzname
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