Fuer dich mein Glueck
weit mehr als das. Jeder Tag wird unter einem Motto stehen. Ihr wisst doch alle, was ein Motto ist, oder?“
Einige der Kinder nickten, anderen schauten ratlos.
„Das ist wie die Idee hinter einem Song, den ihr schreibt.“
„Ich habe noch nie einen Song geschrieben.“
„Ich wette, das hast du doch“, gab Jezebel zurück. „Du wusstest nur nicht, dass es ein Song ist.“ Sie klopfte mit der Hand einen Rhythmus auf seinem Kopf. „Don’t get me wrong, I can’t be makin’ up no song.“
Der Junge drehte den Kopf verschämt zur Seite, und seine Wangen liefen knallrot an. „Ich höre kein Motto.“
„Das kommt noch. Ein Motto ist etwas, worüber du sprichst, selbst wenn du gar nichts sagst. Wie zum Beispiel Glück zu finden. Alles, was ihr an dem Tag tut, ist, Glück zu suchen und zu finden. Ein Motto kann aber auch sein, einen Helden in unserem Leben zu ehren oder zu erkennen, was Freundschaft bedeutet. Kommt schon, das ist kein Hexenwerk.“
Die Kinder sahen sie skeptisch an, aber Jezebel fuhr unbeirrt fort. Von ihrer vorherigen Zurückhaltung war nichts mehr zu sehen. „Wir werden miteinander Sport treiben und spielen, Musik und Lagerfeuer machen und Kunstwerke anfertigen. Ihr werdet es lieben“, versicherte sie ihnen.
Ein paar der Jüngeren lächelten optimistisch.
„Was denn für Musik?“, frage Quincy. „Hip-Hop?“
„Natürlich“, erwiderte Jezebel. „Ich muss euch allerdings warnen. Ab jetzt gibt es kein Fernsehen mehr, keine Videospiele, kein Internet und auch kein Handy. Wir ziehen alle Stecker.“
„Auf gar keinen Fall!“
„Oh doch. Was mögt ihr denn sonst noch? Spielt ihr gerne Karten? Kocht ihr?“
„Die da essen gerne“, sagte Jaden spöttisch und zeigte mit dem Daumen auf Anita und Bitsy. Die anderen kicherten.
Mit einer fließenden Bewegung packte Jezebel ihn bei den dünnen Ärmchen und hob ihn vom Boden hoch. Sonnet erwartete, dass jemand zu seiner Rettung eilen würde, doch die Kameras blieben stur auf die Szene gerichtet. Jezebel hob den Jungen so hoch, dass ihre Nase an seine stieß. Seine dünnen Beinchen baumelten hilflos in der Luft.
„So was gibt es hier nicht, Bürschchen“, sagte sie mit drohendem Unterton, „hast du das verstanden?“
Jaden riss die Augen erschrocken auf und nickte.
„Ich höre dich nicht.“ Jezebels Stimme wurde noch leiser.
„Ich habe es verstanden. Ja, ich hab’s kapiert.“
Cinda beugte sich zum Regisseur. „Das“, sagte sie, „ist der Traumschuss.“
11. KAPITEL
Der Dreh lief über den ganzen Tag, bis endlich alles in trockenen Tüchern war und die letzte Klappe fiel. Sonnet war hin und her gerissen. Sie war erstaunt über den Verlauf des vollkommen künstlich herbeigeführten Zusammentreffens zwischen Jezebel und den Kindern, aus dem authentische und dramatische Situationen entstanden. Am Ende des Tages hatte die Crew ein ziemlich gutes Gespür für die einzelnen Kinder. Wie überall auf der Welt waren auch sie nervig und liebenswert, frech und unsicher und unendlich neugierig. Und obwohl sie behauptet hatte, sich in Gegenwart der Mädchen und Jungen unwohl zu fühlen, hatte Jezebel in jeder Szene die Oberhand.
Sooft es ging, sah Sonnet auf ihr Handy. Greg hielt sie per SMS über die Chemo ihrer Mutter auf dem Laufenden. Alles lief wie erwartet. Die beiden würden irgendwann nach dem Abendessen wieder zu Hause sein. Das alles klang so routiniert. Sonnet staunte, wie schnell sie sich daran gewöhnten, dass Nina Krebs hatte.
Auf dem Weg zu ihrem Auto sah Sonnet, dass Zach auf dem Parkplatz wartete.
„Du warst heute nur in ganz wenigen Szenen im Bild. Du musst mich also nicht anschreien“, sagte er, als sie näher kam.
„Das hatte ich auch nicht vor. Ich wollte nur“, Sonnet unterbrach sich. Was wollte sie eigentlich von ihm? „Wir haben unsere Unterhaltung von heute Morgen nicht zu Ende geführt.“
„Du vielleicht nicht.“
„Ich verstehe nicht, wieso du so genervt von mir bist. Ich habe dir gesagt, dass ich gerne wieder mit dir befreundet sein möchte.“
„Und du gehst davon aus, dass das nach einer Nacht, wie wir sie hatten, möglich ist.“
„Warum nicht?“
„Wir können die Zeit nicht zurückdrehen, Sonnet. Ich kann es zumindest nicht.“
„Dann habe ich ein Problem“, sagte sie.
„Was soll das denn heißen?“
„Ich will meinen besten Freund nicht verlieren.“
Er lachte kurz auf. „Du hast ihn bereits verloren. Du hast ihn rausgeworfen, als dir klar wurde, dass er nicht in deinen
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