Fuer dich mein Glueck
hatte. Es war ihr noch nicht ganz gelungen, und sie hoffte, dass Zach das aufflammnde Gefühl nicht bemerkt hatte.
Zach kannte die Strafanstalt von Indian Wells inzwischen wie seine Westentasche. Er erinnerte sich noch genau an seinen ersten Besuch hier, gleich nachdem sein Vater hier eingeliefert worden war. Damals war Zach auf der Highschool und fast noch ein Kind gewesen, das von so viel Angst, Schmerz und Demütigung erfüllt war, dass er fürchtete, jeden Moment explodieren zu müssen. Wären seine Chefin, Jenny Majesky von der Sky River Bakery, sowie Nina Romano nicht so einfühlsam gewesen, hätte er das Jahr womöglich nicht überstanden.
Er hatte immer gewusst, dass er keine Schuld an dem trug, was geschehen war. Sein Vater war spielsüchtig. In der Hoffnung auf den einen großen Gewinn hätte Matthew Alger sogar seine Großmutter verkauft. Doch Matthew Alger musste seine Großmutter nicht verkaufen. Als Schatzmeister von Avalon fand er einen Weg, die Steuerzahler zu hintergehen, und nahm billigend in Kauf, die gesamte Stadt an den Rand des Ruins zu führen.
Sogar Matthew hätte verstanden, wenn Zach seinen Vater daraufhin verleugnet hätte. Immerhin hatte sich dieser Mann ganz seiner Sucht hingegeben und seinen Sohn im Stich gelassen. Doch obwohl Zach unendlich wütend und verletzt war und sich vor allem schämte, konnte er sich nicht dazu durchringen.
Inzwischen war es ihm zur Gewohnheit geworden, seinen Vater beinahe jeden Montag zu besuchen. Ein Montag war ein typisch freier Tag für Leute, die ihr Geld hauptsächlich mit Hochzeiten verdienten. Niemand heiratete an einem Montag. Zumindest niemand, der seine Hochzeit gefilmt haben wollte. Jetzt arbeitete Zach zwar für die Realityshow und war montags genauso geschäftig wie an allen anderen Tagen, aber er nahm sich Zeit für den Besuch.
Zach drängte nichts. Er genoss die Fahrt vorbei an den hübschen Holzhäusern in Oak Hill und Avalon Meadows, den älteren Vierteln der Stadt. Riesige Kastanien, Eichen und Ahornbäume überschatteten die Alleen, und in den Gärten blühten bunte Sommerblumen. Der Regisseur hatte um ein paar Aufnahmen aus dieser Gegend gebeten, um den Kontrast zwischen Avalon und der Stadt noch stärker hervorzuheben. Als Zach jünger war, hatte er immer sehnsüchtig auf die alten Villen mit den Schaukeln im Garten und den einladenden Grills auf der Veranda gestarrt. Er hatte sich vorgestellt, dass dort nur heile Familien lebten, und sich gefragt, wie es sich wohl anfühlte, so geliebt zu werden. Je älter Zach wurde, desto mehr verstand er, dass er mit diesen Häusern nur Trugbilder verbunden hatte. Dennoch glaubte ein trotziger Teil von ihm weiter daran, dass hinter den Zäunen das Glück wohnte. Es gab einfach Illusionen, die konnten nicht zerstört werden, egal, wie oft man auf sie einschlug.
Indian Wells war noch kleiner als Avalon. Es gab einen Minimarkt und eine Tankstelle, einen Seniorensitz und eine Ansammlung von niedrigen Gebäuden, die von Stacheldraht eingezäunt waren. Zach ließ sich wie üblich von einem Metalldetektor abhören, meldete sich dann am Empfang und nahm sein Namensschild entgegen. Obwohl die meisten Mitarbeiter ihn inzwischen ganz genau kannten, musste er jedes Mal aufs Neue erklären, wer er war und in welcher Beziehung er zu dem Insassen stand. Inzwischen zuckte er nicht mehr zusammen, wenn er sagte: „Ich bin sein Sohn.“
Der große, zugige Gemeinschaftsraum, in dem die Besuche stattfanden, war Zach vertraut. Sein Vater saß bereits auf einem am Boden festgeschraubten Hocker neben einem am Boden festgeschraubten Tisch und wartete auf ihn. Er begrüßte Zach mit einem warmen Lächeln und einem Handschütteln. Ironischerweise waren sie einander durch die Haft nähergekommen. Als Kind war Zach für seinem Vater nur hinderlich und lästig gewesen. Jetzt aber war er das Highlight von Matthew Algers Woche.
„Wie läuft die Produktion?“, wollte Matthew wissen. Jetzt, da der Dreh angelaufen war, hatte Zach ihm alles darüber erzählt.
„Gut. Ich dachte, es würde mich verrückt machen, in Avalon zu arbeiten, aber ich stelle fest, dass mir der Job Spaß macht.“
„Das ist die richtige Einstellung. Ich wette, du machst deine Aufgabe richtig gut und verdienst eine Menge Kohle.“
Zach registrierte missmutig, dass sich bei seinem alten Herrn noch immer alles nur ums Geld drehte. „Und wie geht es dir?“, fragte Zach. „Hältst du dich von Ärger fern?“ Matthew Alger hatte seinen Drang zu spielen
Weitere Kostenlose Bücher