Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
der Hausnummer, stand ich bald vor einer Passage, die früher einmal als Kutscheneinfahrt gedient hatte. Ich ging hindurch und kam in eine Art Hinterhof. Vor mir stand ein kleines altes Haus und neben dessen Eingangstür hing ein angestrahltes Hinweisschild.
Psychologische Praxis
Dipl.-Psych. Margarethe Schulz
Sprechstunden nach Vereinbarung
Der Eingang war hypermodern aus Aluminium und Kunststoff gefertigt. Vergeblich suchte ich nach einer Klingel und drückte schließlich gegen die Tür. Sie öffnete sich mit einem leisen Klick. Vor mir lag ein verwaistes Wartezimmer. Bunte Plastiksessel standen um zwei kleine Tischchen verteilt, auf denen die üblichen Zeitschriften angehäuft waren.
„Komm nur herein, ich habe schon auf dich gewartet“, rief Frau Schulz, alias Madame Marga, aus dem dahinterliegenden Beratungszimmer.
Ich zog die Tür ins Schloss und ging zu ihr.
Als sie mich kommen hörte, stand sie aus einem Lederdrehsessel auf und trat um einen gläsernen Schreibtisch herum auf mich zu. Sie war angezogen, wie auf der Kirchweih, nur hatte sie ihre Perücke abgenommen. Ihre Haare waren dunkelgrau. Sie trug sie kinnlang. Auch ihren Schal hatte sie abgelegt. Um ihren Hals hing jetzt eine bunte Kette aus wunderschönen, naturbelassenen Halbedelsteinen.
„Setz dich, Kleines“, forderte sie mich auf und deutete dabei auf einen gepolsterten Stuhl, der sich vor dem Schreibtisch befand. Sie selbst ging zu einer Kommode, auf der einige dicke Kerzen standen, die sie mit einem Feuerzeug anzündete.
„Einen Moment, ich bin gleich bei dir“, sagte sie über ihre Schulter hinweg. Betont harmlos fügte sie hinzu: „Ich stelle immer gerne viele Kerzen auf.“
Sobald die Lichter brannten, verteilte sie sie am Boden vor dem Eingang zum Beratungszimmer. Das Muster war mir vertraut. Ich hatte es selbst benutzt, um den Geist in meinem Zimmer gefangen zu halten.
Nachdem sie alle Kerzen platziert hatte, kehrte sie hinter ihren Schreibtisch zurück.
„Das wirkt nicht“, sagte ich.
Marga blickte überrascht auf. „Was meinst du, Kleines?“
Ich deutete auf die Anordnung der Lichter am Boden. „Ich habe das einmal probiert, aber es kann Geister nicht aufhalten.“
Die Psychologin sah mich an. Ich hatte das Gefühl, sie tat das jetzt mit anderen Augen.
„Dann hast du etwas falsch gemacht. Wenn man die Kerzen exakt platziert, kann kein Dämon sie durchdringen.“
„Da habe ich andere Erfahrungen.“
„Weißt du was, Kleines? Dir glaube ich das sogar.“ Erneut musterte sie mich, als wollte sie meine Gedanken lesen. Nach einer Weile fragte sie: „Wie heißt du?“
„Ich heiße Lilith, Lilith Stolzen.“
Margas Gesicht verspannte sich. Sie kannte den Namen.
„Also Lilith, ich würde gerne noch einmal deine Hände sehen.“
Ich streckte meine Arme aus, die Innenflächen meiner Hände nach oben gedreht. Dabei musste ich daran denken, wie ich sie vor ein paar Tagen selbst betrachtet und dabei vergeblich versucht hatte, mich zwischen Johannes und Asmodeo zu entscheiden.
Marga inspizierte meine Handlinien sorgfältig und gewissenhaft. Dann schob sie mich von sich fort.
„Ich kann deine Vergangenheit nicht sehen, sie ist wie ausgelöscht. Und ich kann auch deine Zukunft nicht genau erkennen. Sie ist blockiert, sie … wie soll ich es sagen? … sie ist wie hinter einem dichten Nebel verborgen.“
Ich bekam eine Gänsehaut.
Sie holte ein Paket alter abgenutzter Karten aus der oberen Schublade ihres Schreibtisches, mischte sie gedankenverloren und legte sie aus. Sie stützte ihren Kopf auf den linken Arm, fingerte eine Zigarette aus einem silbernen Etui und gab sich selbst Feuer. Kommentarlos blickte sie auf die Bilder der Auslage und schien mich nicht mehr wahrzunehmen. Ich räusperte mich, um wieder auf mich aufmerksam zu machen.
„Ich habe dich nicht vergessen, Lilith“, sagte sie, ohne den Blick zu heben. „In deinem Leben gibt es zwei Männer. Sie sind sich sehr ähnlich.“
Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Bei dem einen der beiden sehe ich ein dunkles Geheimnis… Hier sind …ein, ...ein grausames Verbrechen, Tod, Verzweiflung, ...aber auch... Hoffnung. Der zweite“, sie drehte die Karten hin und her, versuchte, sie anders zu platzieren. „Auch bei ihm sehe ich Hoffnung. Aber dieser zweite Mann ist … nicht von dieser Welt. Er ist kein Mensch, …er …“, sie strich sich nervös über die Stirn. „er ist alt, sehr, sehr alt. Er
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