Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
waren.
21
Lilith hob ihre Hand, um ihm zum Abschied zu winken. Es war eine zaghafte Geste, sie zeugte von Verletzlichkeit, dabei aber paradoxerweise gleichzeitig von Unbeugsamkeit und Stärke.
Eine unausgesprochene Bitte lag darin. Die Bitte, sie zu akzeptieren, wie sie war. Die Bitte, sie nicht zu verlassen.
Die Bitte, sie zu lieben.
Asmodeo war sich nicht sicher, ob er genug Kraft hatte.
Er stieg in die Limousine und gab dem Chauffeur das Zeichen zur Abfahrt. Als sich der Wagen in Bewegung setzte, registrierte er mit jedem Meter, den er sich von ihr entfernte, das Gefühl einer immer stärker werdenden Unvollkommenheit.
Gemeinsam hatten sie einen unvergesslichen Tag verbracht. Der Flug, das gemeinsame Fallschirmspringen, selbst das Essen in der Bauerngaststätte – alles war vollkommen gewesen, weil er ihr den nötigen Freiraum gelassen hatte.
Lilith war eine unvergleichliche Partnerin.
Aber sie würde sich weiterhin mit Johannes treffen. Anstatt vor Wut zu explodieren, hatte er sich gezwungen, ihre Entscheidung anzuerkennen. Und nachdem er seinen glühenden Hass gegen Johannes hinuntergeschluckt hatte, blieb in ihm nur Traurigkeit übrig. Er konnte sich nicht mehr verstellen. Sie sah, was er empfand und das verletzte sie. Er hatte ihr sehr weh getan, doch diesmal brachte ihm diese Gewissheit keine Genugtuung.
Asmodeo wusste genau, was er zu tun hatte. Er musste zulassen, dass sich Lilith selbst und unbeeinflusst entschied. Er musste loslassen und tatenlos abwarten.
Er war sich nicht sicher, ob er genug Kraft hatte, gestand er sich erneut ein.
Die Kraft, das Warten auszuhalten.
Die Kraft, eine mögliche Niederlage zu akzeptieren.
22
Meine Oma war die Allerbeste. Sie hatte die Limousine und Asmodeo draußen vor unserem Haus gesehen und ihr blieb nicht verborgen, dass ich zerzaust und über und über mit Erde und Lehm beschmiert war. Sie stellte aber keine Fragen.
Ich umarmte sie. „Es ist alles in Ordnung, Gerti. Es war ein wunderschöner Tag. Nur manchmal sind die Dinge etwas kompliziert.“
Sie nickte, als wüsste sie, wovon ich sprach.
Ich schleppte mich hinauf in mein Zimmer, schloss die Etagentür hinter mir und lehnte mich dagegen. Bis hierhin hatte meine Beherrschung gereicht. Jetzt ließ ich meinen Gefühlen freien Lauf. Mit angezogenen Knien setzte ich mich auf den Boden. Tränen liefen mir übers Gesicht und ich biss mir in die Hand, um nicht laut zu schluchzen.
Wie konnte ich nur zwei so außergewöhnliche Männer gleichzeitig lieben? Warum konnte ich mich nicht für einen von ihnen entscheiden?
Ich hatte alle beide unglücklich gemacht. Uns alle drei.
Noch vor wenigen Tagen war ich felsenfest davon überzeugt gewesen, zu wissen, was richtig und falsch war. Nach meinem Gespräch mit Ute war ich sicher gewesen, dass es für mich keine Grauzonen geben würde.
Und jetzt? - Was hatte Asmodeo nicht alles für mich getan, damit ich mich für ihn entschied. Und wie hatte ich es ihm gedankt?
Ich dachte an die Traurigkeit, die von ihm auf der Heimfahrt ausgegangen war und hasste mich dafür. Hasste mich selbst, dass mich trotz allem keine Macht der Welt davon abhalten würde, weiter zu versuchen, Johannes wiederzusehen, um mich mit ihm zu versöhnen.
Mir fiel auf, dass an meinem Schrank eine Tobok-Jacke hing. Ich stand auf und betrachtete sie von Nahem. Es war der Tobok von Johannes, den ich heute früh in die Waschmaschine gesteckt hatte. Das Oberteil wies keinerlei Spuren von Blutflecken mehr auf. Gerti hatte ihn getrocknet, sorgsam gebügelt und mir dann in mein Zimmer gehängt. Obwohl sie wissen musste, dass der Tobok nicht mir, sondern Johannes gehörte.
Und wieder schossen mir Tränen in die Augen. Ich fuhr mit meinen Fingerspitzen über den festen, harten Baumwollstoff und stellte mir vor, wie ihn Johannes getragen hatte.
Johannes, der mir vertraut und den ich grenzenlos enttäuscht hatte.
Sorgfältig richtete ich mich für die Nacht her.
Am nächsten Morgen würde ich mein Matheabitur schreiben. Aber das erschien mir jetzt vollkommen nebensächlich.
Kapitel 6 - Beschattet
1
Der neue Tag begrüßte mich in keiner besseren Stimmung, als mich der vorherige Abend verabschiedet hatte. Draußen regnete es und ein bleigrauer Himmel verdunkelte die Sonne. Das Wetter hatte sich meinen Gefühlen angepasst.
Ich nahm Gertis Karmann Ghia, um in die Schule zu fahren.
Zunächst wusste ich nicht, was meine Aufmerksamkeit erregen wollte. Es war der Anflug
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