Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
Telefon. Erneut versuchte ich, Johannes anzurufen, aber wie zuvor hatte ich keinen Erfolg.
Wenn ich jetzt nichts unternehme, drehe ich durch.
Ich holte einen Stift und schrieb unter die Nachricht meiner Oma:
Übernachte heute bei Vanessa
Lilith.
Ich fixierte das Blatt mit einer der letzten Pralinen auf dem Küchentisch. Bepackt mit Schlafsack und Isomatte fuhr ich los.
6
Ich parkte an der gleichen Stelle wie zuvor, warf mein Schlafbündel über den Zaun und kletterte hinterher.
An Johannes Haustür hing der Stoffbeutel mit dem Tobok - so, wie ich ihn dort gelassen hatte. Ich läutete ein letztes Mal und wartete ohne Hoffnung darauf, dass mir geöffnet würde, jedoch fest entschlossen, mich erst dann fortzubewegen, wenn ich mit Johannes gesprochen hatte. Die Tür blieb verschlossen, die Gegensprechanlage stumm.
Dann muss es wohl so sein.
Unter dem großen Vordach rollte ich meine Isomatte aus, schüttelte die Daunen des Schlafsacks auf und kroch hinein.
Der Regen setzte wieder ein und die Tropfen klopften wie kleine Hämmerchen auf das Kupfer des Vordachs. Obwohl ich mich dick angezogen hatte und trotz des warmen Schlafsacks fing ich an zu frieren.
Lange lag ich wach. Ich lauschte in die Nacht hinein, lauschte auf ein verräterisches Geräusch, auf ein Indiz, das mir Johannes Anwesenheit bestätigen würde, die ich spüren konnte, gleich hinter der bronzenen Tür und doch unerreichbar für mich.
7
Öde und grau zog sich der Tag dahin, ohne Highlights, die Asmodeos Laune hätten heben können.
Wenn er näher darüber nachdachte, hätte er das früher anders gesehen. Da war z.B. der Börsendeal, den er heute unter Dach und Fach gebracht hatte - der Gewinn lag immerhin im achtstelligen Bereich.
Und dann Fiona, seine persönliche Assistentin, die in den letzten Tagen ihre eindeutigen Avancen kontinuierlich gesteigert hatte. Je gleichgültiger er sich gab, desto mehr legte sie sich ins Zeug. Seine heutige Stimmung, sein absolutes Desinteresse brachten sie dazu, jeden noch so kleinen Vorwand dazu zu nutzen, sich ihm zu nähern. Sie legte ihm die Unterschriften beinahe schon einzeln vor und blieb dicht neben ihm stehen, um auf seine Signatur zu warten. Vorhin hatte sie ihm einen imaginären Staubfussel vom Jackett gezupft. Ihre Finger waren über seine Schulter geglitten und hatten in seinem Nacken verweilt. Sie hatte sie erst weggezogen, als er sie angesehen hatte. Wenn er gewollt hätte, hätte er sie gleich auf dem Schreibtisch haben können.
Früher hätte ihn das amüsiert und er hätte sich mit Fiona vergnügt, bis er ihrer überdrüssig geworden wäre. Und er wäre ihrer sehr schnell überdrüssig geworden – wie immer.
Früher …, wie immer … - das waren Erfahrungswerte, die in Bezug auf Lilith nicht zutrafen. Sie lebte ausschließlich nach ihren eigenen Regeln.
Im Moment war sie damit beschäftigt, sich mit Johannes zu versöhnen. Sie rannte diesem Kerl regelrecht hinterher, sie konnte oder wollte ihn nicht vergessen.
Asmodeo hatte sie vorhin mit einem seiner unauffälligen Firmenwägen bis zu Johannes Haus verfolgt, hatte sie im Vorbeifahren durch die abgedunkelten Scheiben gesehen, wie sie verzweifelt neben der verschlossenen Einfahrt stand und schließlich sogar über den Zaun kletterte, um auf das Grundstück zu gelangen.
Lilith machte ihn verrückt.
Und er würde diesen Zustand nicht auf Dauer hinnehmen können.
8
Das Dunkel der Nacht kroch in sein Versteck zurück, als ich die Augen aufschlug. Ich fühlte mich wie ein sorgfältig geklopftes Schnitzel – alles tat mir weh.
Mein Blick fiel auf die schwere Bronzetür - der Beutel mit Johannes Tobok war verschwunden. Und etwas anderes war ebenfalls neu: Über meinem Schlafsack lagen zwei üppige, leicht kratzige Kamelhaardecken.
Vor lauter Freude wäre ich am liebsten aufgesprungen, aber ich war stocksteif von der Nacht. Schwerfällig richtete ich mich auf, hatte dabei aber das Gefühl, zu schweben.
Johannes! - Als hätten sie auf ihren Einsatz gewartet, brachen erste Sonnenstrahlen durch die Morgendämmerung, die von einem lauten Zwitschern der Amseln begleitet wurden.
Johannes war da – gleich hinter dieser Tür. Und ich war ihm nicht ganz gleichgültig. Das genügte fürs Erste. Darauf würde ich aufbauen. Ich würde ihn zurückgewinnen.
9
Es war viel zu früh, um nach Hause zu fahren. Ich würde Gerti nur beunruhigen und sie würde merken, dass ich ihr nicht die Wahrheit gesagt hatte, als ich
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