Für ein Lied und hundert Lieder

Titel: Für ein Lied und hundert Lieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu

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gewaltig-majestätischen Blase aufzunehmen, ich schob mich nach hinten, als ginge es um mein Leben, nach hinten, und polterte schließlich vom Kang.
    Wie eine Bombe schnellte ich von der Pissrinne weg, mein Kopf schmerzte, als sei er gebrochen, aber ich kam nicht hoch. Irgendwer zog mich nach oben und wechselte mir Hemd und Hose. In der Zelle war der Kessel kurz vor dem Explodieren, die Meute umzingelte mich voller Schadenfreude und konnte kaum glauben, dass sie selbst in so einem Dreckloch hauste.
    »Sag doch etwas, du Pisser, bevor du dich umbringst!«
    Wang Er kam herüber und ordnete an, dass ein schielender Felldieb sich um mich kümmern soll, und tätschelte väterlich mein nacktes Hinterteil: »Pinkel nur in aller Ruhe, das tut gut.«
    Ich stand über der Pissrinne, mein Geschlechtsteil war hart wie ein Stück Roheisen. Zähneknirschend nahm ich alle Kraft zusammen, der Schmerz in meinem Kopf ließ langsam nach, stattdessen fing mein Unterleib an zu schmerzen, eine glühend rote Nadel steckte mir in der Harnröhre. Ich stand aufrecht da, hatte die Hände auf dem Rücken und wandte den Körper jählings nach hinten. Das war eine Pisse der Ewigkeit, als die brennende Flüssigkeit zischend aus der Eichel schoss, hätte ich beinahe unkontrolliert losgebrüllt. Mit der rotglühenden Nadel wurde im Eisen herumgerührt, die Nadelspitze gabelte sich, breitete sich nach oben und unten aus und durchstach jeden Akupunkturpunkt. Der erste Tropfen Urin hing noch an der Spitze der Eichel, als ich schon in kalten Schweiß gebadet war. Ein dunkelgelbes Rostwasser wurde tröpfelnd zu einem Strahl, im Nu wollte ich mich zu Tode pissen.
    Wie im Nebel entleerten sich die Zehntausend Dinge unter dem Himmel. Da war auf einmal von draußen ein Plätschern zu hören: »Das ist nicht gut«, schrie Wang Er, »der Scheiß Wachsoldat schifft vom ersten Stock runter!«
    »Das Arschloch zielt genau auf unseren Trinkwasserteich!«, lärmte die Meute, »die gemeine Sau!«
    Da erschien das Gesicht des Wachhabenden am hinteren Fenster.
    »Das ist Tang, der Säufer«, sagte Wang Er resigniert.
    Der Kerl mit dem schwarzen Säufergesicht unter der schiefen Mütze wurde auf beiden Seiten von zwei Rotfellen gestützt, grummelte eine Ewigkeit herum und begriff einfach nicht, was die Gefangenen ihm mitteilen wollten.
    »Wer trinken will, soll trinken, wer pissen will, soll pissen«, lallte er, »um Mitternacht gehen die Geister um, wer schlafen will, soll schlafen.«
    Wang Er versuchte noch, mit ihm zu diskutieren, der Säufer gab einen übelriechenden Rülpser von sich und winkte ab: »Weg, weg, weg!«
    Wang Er ging zur freudigen Überraschung aller in die Hocke, in der Hand ein halbes Hühnerbein.
    »Konterrevolution, isst du das?«, fragte er und fixierte mich.
    Ohne den Blick von ihm zu wenden, studierte ich sein sich ständig veränderndes Gesicht. Wang Er kaute an dem Hühnerfleisch herum und sagte: »Das haben die Polizeibeamten übrig gelassen. Aber das isst du natürlich nicht, du bist ein Politischer, du willst lieber verhungern, als dich nach einem Hühnerbein bücken. Trotzdem, du bist schon mit Ross und Reiter in den Abtritt gefallen, und so wie du stinkst, auf was willst du dir da noch was einbilden?«
    »Ich bin nicht eingebildet«, sagte ich auf einmal, »ich will essen.«
    Die Meute sperrte Mund und Augen auf, Wang Er reichte mir den Hühnerknochen mit einem halben Lächeln, ich biss in die Luft, als er blitzartig die Hand zurückzog; mir entfuhr ein schmerzlicher Schrei, und ich stieß mit Wucht den Kopf nach ihm, was er mit einer schallenden Ohrfeige quittierte.
    Die Meute murmelte: »Rebellion!«, zog eine schwarze Decke auseinander und wickelte sie mir eng um den Kopf. Gerade wollten sie mit vereinten Kräften auf mich einschlagen, als der Wachsoldat aus dem ersten Stock schrie: »Rebellion!!«
    Wang Er schaute nach oben und sagte: »Heute Nacht ist der alte Säufer Wachhabender, der ist stockbesoffen, dem Meldung zu machen, bringt nichts. Ehrlich, ich sage dir, ich war schon dreimal hier drin, jedes Mal hat er mich begrüßt, er ist dem Volk wirklich ein väterlicher Beamter, besser als Vater, Mutter und Großeltern in einem.«
    »Ich mache morgen direkt beim Direktor Meldung.«
    »So ein blutiger Anfänger wie du bedeutet gar nichts, du hast doch selbst die Hosen voll, und wenn du in noch so hohem Bogen auf uns herunterpisst, ich saufe das Wasser aus dem Teich sowieso nicht!«
    Wang Er lachte kalt.
    »Unser Konterrevolution