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Für ein Lied und hundert Lieder

Für ein Lied und hundert Lieder

Titel: Für ein Lied und hundert Lieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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paar Schafsköpfe, die über die senkrechte Linie hinausragten, wurden zurückgeklopft, im Knastjargon hieß das »einen Pflock einschlagen«.
    »Und, wie ist es?«, sagte Doppelkreuzung drohend, »du willst doch nicht bei denen da unten schwitzen?«
    Wohl oder übel entledigte ich mich meiner Kleider.
    »Und unten?«
    »Ich trage keine Unterhose.«
    Doppelkreuzung wollte nachsehen. Ich hielt das Hosengummi mit beiden Händen fest und rutschte an den Fuß der Wand. Der Alte neben mir hatte längst die Decke über den Kopf gezogen und lag da, starr und steif wie eine Leiche. Doppelkreuzung fühlte sich blamiert und ging an die Decke. Wie einen Fehdehandschuh warf er mir erneut die Speisekarte zu. Ich hob sie auf, überflog sie und murmelte in meiner Einfalt: »Wo bekommt ihr denn hier im Knast diese Leckerbissen her? Da ist wohl eher der Wunsch der Vater des Gedankens!«
    Das Diebesgesindel lachte hinter vorgehaltener Hand, Doppelkreuzung wollte gerade explodieren, als gegen die Gitterstäbe geschlagen wurde und jemand rief: »Liao Yiwu.«
     
    Die Speisekarte (auch bezeichnet als die »108 Ingredienzien vom Kiefernberg«) war eine Weltrarität, die ich ein Jahr lang wie einen Schatz gehütet habe, dann ist sie mir bei einer großangelegten Filzung beschlagnahmt worden. Heute kann ich nur ungefähr aus dem Gedächtnis und nach dem, was ich später an Strafaktionen mit eigenen Augen gesehen habe, beschreiben, was Inhalt dieser Speisekarte war. Aber wenn man eines Tages die Spuren der Geschichte ordnen will (unter der gemeinsamen Brandmarkung der internationalen Öffentlichkeit musste die chinesische Regierung im Januar 1997 das System ihrer Untersuchungsgefängnisse aufgeben), kann man das Folgende als entsprechende Ergänzung durch einen Zeugen betrachten.
    Die Tageskarte:
    1. Muschel-Ellbogen: Mit dem Ellbogen wird dem zu Bestrafenden heftig nach unten auf den Rücken geschlagen, das ist das erste Gericht für einen Neuankömmling, es gehört zu den »Aufnahmeformalitäten« im Knast.
    2. Bärentatzen-Tofu: Mit der flachen Hand wird dem zu Bestrafenden fortgesetzt heftig gegen die Brust geschlagen.
    3. Beidseitig in Öl bräunen: Zwei Killer schlagen dem zu Bestrafenden gleichzeitig mit der flachen Hand gegen Brust und Rücken (Strafe Nr. 2 und 3 haben oft zum Tod geführt).
    4. Rachengeschnetzeltes, weich: Schräg mit der Hand wird dem zu Bestrafenden der Adamsapfel eingeschlagen, heißt auch »künstliche Herstellung von Stummen«; bei schweren Folgeerscheinungen kommt es zu Schwierigkeiten beim Schlucken, man hat zehn Tage bis einen halben Monat eine heisere Stimme und Schmerzen beim Sprechen.
    5. Gewölbtes Schweinemaul: Bambusstäbchen werden quer in die Ober- und Unterlippe gepresst, was zu Schwellungen und schwarzblauen Verfärbungen führt, die dann an einen Schweinerüssel erinnern.
    6. Schweineunterkiefer: Der zu Bestrafende muss die Mundhöhle weit aufmachen, dann wird ihm mit der Faust gegen den offenen Mund geschlagen, wobei ein rhythmisches, knackendes Geräusch entsteht.
    7. Rotgebratene Rindernase: Dem zu Bestrafenden werden von hinten zwei Finger in die Nasenlöcher gesteckt, dann wird heftig nach hinten gezogen, bis das Blut in Strömen fließt.
    8. Mühlentofu (unterschieden in »kleine Portion« und »große Portion«): Bei der sogenannten großen Portion wird dem zu Bestrafenden ununterbrochen mit einem Stäbchen heftig gegen die Schädeldecke geklopft; dabei kommt es zu einem mit einer blutfarbenen Granulation verbundenen Perlkopfband, das dann mit Seife eingerieben wird. Kochsalz stoppt die Blutung. Wenn nach ein paar Tagen das Band zu einem kreisrunden Geschwür verfault, wird das faulige Fleisch herausgeschnitten, und Blut und Eiter werden herausgedrückt, so bildet sich der »Fluch des goldenen Bandes«, hält ewig. Bei der sogenannten kleinen Portion werden die Enden der Bambusstäbchen langsam gegen Schneidezähne, Eckzähne und Backenzähne geschlagen, von innen, von außen, das kann schon gut zwei Stunden gehen. Das Blut aus dem Zahnfleisch ist erst blass, dann wird es dunkel, dann geht von ihm ein beißender Gestank aus. Nach so einer Bestrafung dauert es keine zwei Tage und die Schneidezähne werden locker, wenn man einmal an ihnen wackelt, fallen sie aus, Eck- und Backenzähne folgen. Bis alle Zähne ausgefallen sind, ist es ein langwieriger Prozess, der begleitet wird von latenten Schmerzen und Blutungen.
    9. Rotgebratenes Filet: Ein in Öl getränkter Baumwollstreifen wird dem zu

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