Für eine Nacht
kreuzten sich. »Vor ein paar Wochen bin ich nach Washington gefahren und hab mit dem Senator gesprochen. Er hat mir genau dasselbe gesagt.«
Diese Neuigkeit traf Sloane bis ins Mark. »Was genau hat er gesagt?«
»Dass er dir die Wahrheit über mich sagen würde. Dass du alt genug wärst, um damit umgehen zu können. Und ich verdammter Trottel hab ihm das tatsächlich geglaubt.«
Sloanes Augen wurden schmal. »Michael lügt nicht«, versicherte sie Samson. Und inzwischen war sie selbst felsenfest davon überzeugt, dass der Senator sie wirklich über ihre Herkunft aufgeklärt hätte. Madeline war derselben Meinung gewesen.
»Warum haben seine Handlanger mir dann gedroht, ich würde es bereuen, wenn ich nicht verschwinde? Und warum ist kurz danach mein Haus in die Luft geflogen?«
Sloane blinzelte, als sich weitere Teile des Puzzles in ihrem Kopf zusammenfügten. »Das ist ohne Michaels Wissen geschehen.«
»Sprich Klartext, Mädchen. Wer wusste was nicht?« Samson scharrte mit einem abgetretenen Turnschuh auf dem Boden herum.
Er hatte den Blick wieder gesenkt, sich jedoch nicht von ihr abgewandt, was sie als klaren Fortschritt wertete. »Michaels Leute haben auf eigene Faust gehandelt, ohne ihn über ihre Pläne zu informieren. Er hatte keine Ahnung, dass sie dir gedroht oder gar zu kriminellen Maßnahmen gegriffen haben, da bin ich mir ganz sicher.«
»Und warum? Weil dieser Ausbund von Tugend von Anfang an mit offenen Karten mit dir gespielt hat?«
Sloane zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen. Er
hatte Recht, trotzdem fühlte sie sich verpflichtet, den Mann zu verteidigen, der sie großgezogen hatte. »Michael hat immer nur mein Bestes gewollt«, erklärte sie bestimmt. »Er mag mir die Wahrheit vorenthalten haben, aber er ist ein Mann, der zu seinem Wort steht. Wenn er gesagt hat, er würde mir alles erzählen, dann hätte er das auch getan. Seine Männer haben eigenmächtig gehandelt, darauf würde ich mein Leben wetten.«
»Und war es denn ein gutes Leben?«, fragte Samson so unvermittelt, dass Sloane erschrocken den Atem anhielt. In diesem Moment existierte der mürrische alte Mann nicht mehr, und ein besorgter, fürsorglicher Mann war an seine Stelle getreten.
Zu Sloanes Erstaunen traten ihr Tränen in die Augen. »Ja. Ein sehr gutes Leben.«
Seine Züge hellten sich auf. »Das habe ich mir gedacht. Hab’s ja mit eigenen Augen gesehen, als ich zurückgekommen bin, um zu sehen, wie es deiner Mutter geht. Sie hatte einen anderen geheiratet.« Völlig unerwartet ließ er sich im Gras nieder, als fürchte er, unter der Last der Geschichte zusammenzubrechen.
Sloane kniete sich neben ihn, dann nahm sie ebenfalls im Schneidersitz auf dem Boden Platz. »Du bist wegen Jacqueline zurückgekommen?« Sie pflückte einen Grashalm und drehte ihn zwischen den Fingern. Es fiel ihr leichter, sich auf diese monotone Tätigkeit zu konzentrieren als auf die traurige Geschichte ihrer Eltern.
»Gewissermaßen.« Samson blinzelte in die Sonne. »Ich hätte ihr nicht viel bieten können. Und ihr Vater sagte, wenn ich seine Tochter nicht in Ruhe ließe, würde er dafür sorgen, dass die Kredithaie, bei denen mein alter Herr in der Kreide stand, ihm die Hölle auf Erden bereiten würden, und drohte
mir noch andere Vergeltungsmaßnahmen an. Außerdem betonte er immer wieder, dass Jacqueline erst achtzehn war und ich nicht uns beide und meine Familie ernähren konnte. Er sagte, wenn ich mich auf seine Bedingungen einließe, würde er die Schulden meines Vaters begleichen.«
»Also bist du auf sein Angebot eingegangen.«
Er nickte. »Ich habe es für meine Familie getan. Meine Wünsche zählten nicht. Mir blieb keine andere Wahl.«
Er ist genau wie Chase , dachte Sloane. Diese beiden so verschiedenen Männer hatten also eine wichtige Eigenschaft gemeinsam. Beide waren sie bereit, sie, Sloane, zum Wohle ihrer Familie zu opfern. Doch dann schalt sie sich eine Närrin – Samson hatte nicht gewusst, dass Jacqueline ein Kind von ihm erwartete, und Chase hatte sich nicht von ihr abgewandt. Noch nicht.
»Du wusstest damals nicht, dass Jacqueline schwanger war, nicht wahr?«, vergewisserte sie sich.
»Nein. Aber sie war mit einem reichen Mann verheiratet, der ihr ein besseres Leben geboten hat, als ich es jemals gekonnt hätte.«
Sloane versuchte erfolglos, die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. »Wie hast du von mir erfahren?« Es kostete sie all ihre Willenskraft, die Fassung zu bewahren.
»Durch Bilder. Als
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