Für einen Kuss von Frisco
späteren Zeitpunkt. „Ich weiß – was zwischen uns geschieht, sieht verdammt nach ‚Die Schöne und das Biest‘ aus. Aber ein hübsches Mädchen allein macht aus mir noch lange keinen Prinzen – oder einen ganzen Mann. Dazu gehört sehr viel mehr. Und ich muss ehrlich zu dir sein, ich …“
Es gelang ihm nicht. Die Worte blieben ihm im Hals stecken. Dabei war es so wichtig, dass sie ihn verstand.
„Ich fürchte, dass die Ärzte recht haben könnten mit ihrer Prognose. Ich fürchte, dass mein Knie so bleibt, wie es ist“, gestand er schließlich.
Mias schöne Augen schwammen vor Mitgefühl. „Vielleicht wäre es besser für dich, wenn du dich damit abfinden würdest. Ich meine … wenn du deine Behinderung akzeptieren könntest.“
„Besser …?“ Er schüttelte den Kopf. „Wenn ich jetzt aufgebe, bin ich auf ewig verdammt, in dieser Vorhölle zu leben. Nicht tot, aber auch nicht wirklich lebendig.“
Mia wandte sich ab. Er ahnte, was in ihr vorging. Vor wenigen Augenblicken noch, als sie einander liebten, da war er sehr lebendig gewesen. Aber es ging nicht nur um Sex, und es ging hier auch nicht um sie. „Ich muss erst wieder zu mir selbst finden. Ich weiß nicht mehr, wer ich bin“, versuchte er zu erklären.
Sie hob den Kopf, und ihr Blick schien zu brennen vor Intensität. „Du bist Lieutenant Alan Francisco aus San Felipe, Kalifornien. Du bist ein Mann, der beim Gehen große Schmerzen hat und deshalb einen Stock braucht, weil du Lieutenant Alan Francisco bist. Du bist ein Navy SEAL! Du wirst immer ein SEAL sein. Du warst schon mit elf Jahren einer, und du wirst noch ein SEAL sein, wenn du stirbst.“
Mit beiden Händen umfasste sie sein Gesicht und küsste ihn so zärtlich, dass er ihr beinahe geglaubt hätte.
„Wir kennen uns noch nicht besonders lange und nicht besonders gut“, fuhr sie fort, „aber ich bin sicher, du wirst es schaffen. Ich weiß, dass du alles dafür tun wirst, um dich wieder als ganzer Mann zu fühlen. Ich weiß, dass du die richtige Wahl treffen wirst. Und für dich wird es wie im Märchen sein – du wirst glücklich und zufrieden sein. Gib nicht auf!“ Wieder küsste sie ihn und stand dann auf. „Bis später, okay?“
„Mia …“
Doch sie war schon aus der Tür.
Frisco legte sich auf den Rücken und sah zur Decke hinauf. Mia glaubte an ihn. Gib nicht auf ! Sie schien davon überzeugt zu sein, dass er es schaffen würde, wieder in den aktiven Dienst aufgenommen zu werden.
Auch er war davon überzeugt gewesen. Aber die Zuversicht, die ihn anfänglich erfüllt hatte, war inzwischen dünn und fadenscheinig geworden, die Zweifel übermächtig. Er hatte es einfach nicht in der Hand. Da konnte er sich noch so sehr mit härtestem Training quälen – solange sein Knie sein Gewicht nicht tragen konnte, solange seine Beweglichkeit stark eingeschränkt war, blieb das alles ein Versuch, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen.
Aber jetzt glaubte Mia an ihn. Glaubte, dass er seine Verletzung überwinden konnte, gewinnen konnte, in den aktiven Dienst zurückkehren konnte.
Sie mochte ihn sehr viel mehr, als sie zeigte. Frisco wusste ohne jeden Zweifel, dass sie niemals mit ihm geschlafen hätte, wenn sie nichts für ihn empfinden würde. Hatte sie sich vielleicht in ihn verliebt? Möglich war das. Sie hatte nun mal ein weiches Herz. Er war wahrscheinlich nicht der erste glücklose Streuner, dessen sie sich annahm.
Irgendwie hatte er sie davon überzeugt, dass er es wert war, Zeit und Gefühl an ihn zu verschwenden. Irgendwie hatte er es geschafft, dass auch sie an seinen Seifenblasentraum und an ein Happy End glaubte.
Er schloss die Augen. Wie sehr wünschte er sich, mit Mia glücklich und zufrieden zu leben bis an ihr Lebensende. Aufstehen, duschen, Laufschuhe anziehen und vor dem Frühstück sieben Kilometer joggen. Zur Navy-Basis fahren, am Training teilnehmen, wieder im Spiel sein. Bereit, jederzeit zu einem Einsatz aufzubrechen, wenn die Alpha Squad irgendwo gebraucht wurde.
Und dann nach einem harten Einsatz in Mias Arme zurückzukehren, ihre himmlischen Küsse zu erwidern und die Liebe in ihren Augen zu sehen.
Gott, nichts auf der Welt wünschte er sich mehr!
Aber würde Mia ihn noch wollen, wenn er versagte? Würde sie bereit sein, geduldig auf ihn zu warten, sich seinem Schneckentempo anzupassen? Wollte sie mit einem Mann leben, der gefangen war zwischen dem, was er einmal gewesen war, und dem, was er niemals wieder sein wollte?
Du wirst es schaffen,
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