Für einen Kuss von Frisco
„Mein altes Sofa ist eh hinüber, und Natasha wünscht sie sich so sehr. Wenn sie zurück zu Sharon geht, kann sie sie mitnehmen.“
Wenn sie geht. Kein angenehmer Gedanke. Im Gegenteil, die Vorstellung deprimierte ihn. Seltsam eigentlich, denn als Tasha vor ein paar Tagen zu ihm gekommen war, hatte er gehofft, die Zeit mit ihr möge so schnell wie möglich vergehen. Das hatte sich erstaunlich schnell geändert. Auch wenn ihre Anwesenheit das Leben komplizierter machte – wie gerade jetzt – ‚so war er doch durch sie gezwungen, nicht ständig über seine Verletzung nachzugrübeln und auf bessere Zeiten zu warten, sondern wieder aktiv am täglichen Leben teilzunehmen.
Im Grunde hatte er die Kleine seit dem Tag ihrer Geburt angebetet.
„Hab ich dir erzählt, dass ich geholfen habe, sie auf die Welt zu bringen?“
„Natasha? Nein.“
„Lucky und ich hatten Urlaub und besuchten Sharon. Sie war hochschwanger, und wir standen unmittelbar vor einem Einsatz im Nahen Osten, von dem wir nicht wussten, wie lange er dauern würde. Sie lebte damals auf einem Campingplatz, ungefähr sechzig Kilometer vom nächsten Krankenhaus in Tucson entfernt. Zwanzig Minuten nach unserer Ankunft setzten bei ihr die Wehen ein. Also nahmen wir meinen Truck und fuhren wie die Henker in Richtung Tucson.“
Die Erinnerung ließ ihn lächeln. „Aber Sharon muss immer alles kompliziert machen. Wir schafften es nicht bis Tucson und mussten am Straßenrand anhalten, weil Tasha nicht länger warten wollte. Es war einfach unglaublich“, sagte er gedankenversunken. „Als dieses Baby zur Welt kam, das war … einer der Höhepunkte meines Lebens.“
Er schüttelte den Kopf. „Dieses rote verschrumpelte winzige Etwas, das Lucky mir in die Arme legte … es kam mir vor wie ein Wunder. Sie war so unglaublich lebendig. Erst wenige Sekunden auf der Welt, und schon so voller Leben.“ Verlegen schaute er zu Mia. „Klingt ziemlich bescheuert, oder?“
Mia schüttelte wortlos den Kopf. Sie fand es überhaupt nicht bescheuert, sondern einfach nur unglaublich süß und bewegend.
„Sharon war nach der Geburt völlig weggetreten, und deshalb wickelte ich die Kleine in mein T-Shirt und hielt sie auf der ganzen Fahrt ins Krankenhaus im Arm. Diese Fahrt kam mir wie eine kleine Ewigkeit vor: Die Kleine schrie, Sharon heulte, und sogar ich hatte mit den Tränen zu kämpfen.“ Er schwieg einen Moment. „Aber dann ist es mir gelungen, Tasha zu beruhigen. Ich sang ihr was vor, redete mit ihr, versprach ihr, das Schlimmste sei vorbei. Jetzt sei sie auf der Welt. Geboren zu werden sei immer hart, und alles, was jetzt noch kommen würde, sei dagegen ein Kinderspiel. Ich habe ihr versprochen, mich um sie zu kümmern. Und auch um ihre Mutter. Als wir das Krankenhaus erreichten und die Schwestern sie mir abnehmen wollten, hätte ich sie am liebsten nicht hergegeben. Aber mir blieb ja nichts anderes übrig.“
Er sah gedankenverloren und mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen auf sein verletztes Knie hinunter. „Drei Stunden später wurde das gesamte SEAL-Team Ten abkommandiert und die Alpha Squad zu einer Rettungsmission verschifft.“
„Damals wurdest du verletzt“, stellte Mia fest.
Frisco nickte. „Ja. Damals wurde ich verletzt.“ Er biss die Zähne aufeinander. „Ich habe nicht eines der Versprechen gehalten, die ich Tasha damals gegeben hatte. Ich habe mich nie um sie gekümmert. Klar, Sharon hat immer wieder Geld von mir bekommen, aber …“ Er lächelte gezwungen. „Also kaufe ich ihr jetzt ihre rosa Couch und hoffe, damit einiges wiedergutmachen zu können.“ Er schwieg einen Moment.
„Lucky hat mir versprochen, mit ein paar von den Jungs klar Schiff in meiner Wohnung zu machen. Er wird das Sofa entgegennehmen, wenn es angeliefert wird. Ich hab ihm erzählt, wie es aussieht, aber ich bin nicht sicher, ob er mir das geglaubt hat.“ Er lachte. „Aber wenn er es sieht, wird er es wohl glauben müssen, oder?“
Mia wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Sie hatte atemlos zugehört. Jedes Wort, das er sagte, jedes Gefühl, das sich in seinem Gesicht zeigte, verstärkte in ihr die Sehnsucht nach ihm.
Sie liebte ihn.
Er verkörperte so ziemlich alles, was sie nicht brauchen konnte. Seine seelischen Wunden waren tief, seine psychische Verfassung katastrophal. Mit seiner körperlichen Behinderung konnte sie leben. Ihr war es egal, ob er einen Stock oder Krücken oder gar einen Rollstuhl brauchte. Schlimmer war seine seelische
Weitere Kostenlose Bücher