Für einen Kuss von Frisco
die gleiche sein, aber sie erzählt nie dieselbe Geschichte.“
Wieder fuhr ein Windstoß durch die Blätter der Bäume. In der Ferne bellte der Hund. Beeindruckend.
„Und das ist nur das, was sich draußen vor der Hütte abspielt“, fuhr Frisco fort. „Hier drinnen ist auch eine ganze Menge zu hören. Hier drinnen werden wir ein Teil der Geschichte, die die Nacht erzählt.“
„Ich kann dich atmen hören“, flüsterte Tasha schlaftrunken.
„Richtig. Und ich höre dich atmen. Und auch Mia. Sie hält immer wieder den Atem an, weil sie denkt, dass sie dann leiser ist. Aber das stimmt nicht. Wenn man nicht gehört werden will, muss man langsam und flach atmen. Man muss eins werden mit der Nacht, sich in ihren Rhythmus einfügen.“
Mia wusste, dass er jetzt lächelte. Sie brauchte sein Gesicht nicht zu sehen, um das zu wissen.
„Ab und zu grummelt es in Mias Bauch. Ich weiß nicht, Tasha, vielleicht hat sie nicht genug zum Abendessen bekommen“, fuhr Frisco fort. „Und ich kann ihre Armbanduhr hören. Die macht wirklich eine Menge Lärm.“
„Vielleicht ist es deine Uhr, die du da hörst“, widersprach Mia. Sie war also laut: ihr Atem, ihr Bauch, ihre Uhr. Als Nächstes würde er womöglich behaupten, er könne ihr Herz schlagen hören … Obwohl, ihr Herz schlug tatsächlich wie wild, weil er sie so fest an sich gedrückt hielt.
„Meine Uhr hat eine LED-Anzeige“, flüsterte er ihr ins Ohr, „keine Zeiger. Sie läuft lautlos.“
Sie musste ihn das einfach fragen: „Wo hast du gelernt, so hinzuhören?“
Einen Moment blieb er still. „Ich weiß nicht. Die vielen Nachteinsätze vielleicht. Wenn man allein mit der Nacht ist, lernt man sie verdammt gut kennen.“
Mia senkte ihre Stimme. „Ich habe noch nie jemanden wie dich kennengelernt.“
Er drückte sie noch fester an sich. „Das geht mir mit dir ganz genauso.“
„Wollt ihr euch wieder küssen?“ Tashas Stimme klang jetzt sehr schläfrig.
„Nicht vor dir, Mäuschen“, erwiderte Frisco leise lachend.
„Thomas hat gesagt, wenn ihr ein Baby habt, dann ist es mein Cousin.“
„Thomas scheint wirklich eine Menge zu wissen. Aber jetzt schlaf, Tasha. Denk dran, die Nacht leistet dir Gesellschaft. In Ordnung?“
Er lockerte seinen Griff um Mias Taille und schubste sie sanft vom Bett. Dann hob er die Krücken vom Boden auf und erhob sich.
„In Ordnung. Ich hab dich lieb, Frisco.“
„Ich dich auch, Tash.“
Mia wandte sich ab, als Frisco sich über die Kleine beugte und ihr einen Kuss auf die Stirn gab.
„Setzt du dich noch eine Minute zu mir?“
Frisco seufzte. „Okay, aber wirklich nur eine Minute.“
Mia ging ins Wohnzimmer hinüber, stellte sich in die offene Tür und schaute durch das Fliegengitter in die Nacht hinaus. Sie lauschte dem Wind in den Bäumen, ihrem eigenen Atem, dem Ticken ihrer Uhr. Hinter ihr flackerten die Kerzen in der leichten Brise.
Als Frisco endlich nachkam, drehte sie sich nicht zu ihm um. Sie spürte seinen Blick in ihrem Rücken. Er war stehen geblieben, kam nicht näher, setzte sich aber auch nicht hin.
Das Schweigen zerrte an ihren Nerven. Sie hätte sich selbst dafür ohrfeigen können, dass sie so offen ausgesprochen hatte, was sie empfand. Sie hatte nicht nachgedacht. Hätte sie nämlich nachgedacht, wäre ihr mit Sicherheit eingefallen, dass Liebe nicht auf seiner Agenda stand.
Trotzdem … so wie er sie in den Armen gehalten hatte, eben in Tashas Zimmer …
Sie atmete tief ein, um sich Mut zu machen, und drehte sich zu ihm um. „Ich wollte dich nicht erschrecken … vorhin.“
„Das hast du nicht.“ Er schüttelte den Kopf, als wäre ihm bewusst geworden, dass das nicht stimmte. „Oder doch, das hast du. Ich bin nur … Ich weiß nicht …“ Jetzt war es an ihm, tief Luft zu holen. „Ich verstehe das nicht, Mia.“
„Welcher Teil bereitet dir Probleme?“, flüchtete sie sich in ihre übliche forsche Art. „Der Teil, in dem ich dir sage, dass ich dich liebe? Oder … Nun, nein, mehr habe ich gar nicht gesagt, nicht wahr?“
„Vor ein paar Tagen konntest du mich nicht einmal leiden.“
„Falsch. Vor ein paar Tagen kannte ich dich noch nicht“, erklärte sie. „Ich konnte den Typen nicht leiden, für den ich dich hielt. Aber jetzt weiß ich, wie du wirklich bist. Du bist einfach unglaublich. Ich habe das ernst gemeint vorhin, als ich sagte, ich wäre noch nie jemandem wie dir begegnet. Du bist lustig und nett und klug und …“
„Verdammt, hör auf damit!“ Er stieß
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