Fuer immer 2 - die Liebe
»Der König machte mir einen Antrag, aber ich habe ihn zurückgewiesen. Ich vermute, das ist der Grund, warum ich hingerichtet wurde.«
Drews Handy vibriert, und das Display zeigt an, dass unsere Stunde vorüber ist – viel zu schnell, wie ich plötzlich finde. »Wir können gerne noch bleiben«, sage ich, ohne nachzudenken. Es tut mir gut, über all das sprechen zu können und vielleicht endlich ein paar der in meinen Erinnerungen fehlenden Puzzlestücke zu finden.
»Nein. Du hast gesagt, eine Stunde, und dabei bleibt es.« Mit einer übertriebenen Geste greift er nach seinem Handy, versenkt es in der Tasche und schlüpft in seine Jacke. Doch ehe er aufsteht, legt er die Hände auf den Tisch und schaut mir noch einmal in die Augen. Ich sehe, dass er leicht zittert, und in seinem Blick liegt ein Anflug von Traurigkeit. »Ich bin froh, zu hören, dass du dich wenigstens daran erinnerst«, flüstert er leise. »Es hat dich dein Leben gekostet, dass du den König zurückgewiesen hast … aus Liebe zu mir.«
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13
An nichts zu denken ist viel schwieriger, als man glaubt. Ich habe immer am besten gespielt, wenn ich mich nicht auf Noten oder Fingersätze konzentriert, sondern einfach meinen Gefühlen freien Lauf gelassen habe. Doch bei allem, was in letzter Zeit passiert ist, fällt es mir schwer, den Kopf frei zu bekommen. Während meine linke Hand den Bogen über die Saiten gleiten lässt, spüre ich, dass die Finger meiner rechten Hand kräftiger geworden sind und schon viel häufiger die richtige Stelle auf dem Griffbrett erwischen. Als das Stück vorüber ist, bin ich sogar einigermaßen mit mir zufrieden. Noch nicht bühnenreif, aber auch nicht so grässlich, dass man es niemandem zumuten kann.
Mom taucht im Türrahmen auf. »Das war hübsch«, sagt sie, »wirklich gut.«
Wenn auch leider kein Vergleich zu früher,
beende ich ihren Satz in Gedanken.
»Geht es dir ein bisschen besser?«, fragt sie und kommt unsicher ein paar Schritte näher.
»Glaub schon.« Bisher haben wir über das, was zwischen Griffon und mir passiert ist, nicht gesprochen. Wie auch, da gibt es einfach zu viele Dinge, die ich ihr niemals erzählen kann. »Warum fragst du?«
Sie kommt herüber, setzt sich auf die Bettkante und schaut sich in meinem Zimmer um, als wäre sie noch nie hier drin gewesen. »Ich habe doch Augen im Kopf. Es hat mit Griffon zu tun, stimmt’s?«
Ich nicke nur. Allein seinen Namen zu hören, treibt mir sofort die Tränen in die Augen.
»Wenn du darüber reden möchtest, kannst du jederzeit zu mir kommen. Ich habe ja selbst so meine Erfahrungen gemacht, und wer weiß, vielleicht kann ich dir sogar helfen.«
»Danke«, sage ich leise und schlucke. »Griffon und ich … wir haben uns getrennt.«
Mom beugt sich zu mir und legt ihre Arme um mich. Zuerst zucke ich automatisch zurück – Mom und ich waren in letzter Zeit nicht gerade auf Kuschelkurs –, aber dann lasse ich mich in ihre Umarmung sinken und merke, wie gut mir das tut.
»Möchtest du mir mehr erzählen?«, fragt sie.
»Nein. Es ist vorbei. Ich muss jetzt versuchen, nach vorne zu schauen.«
Mom legt eine Hand auf meine Wange und sieht mich an. »Ach, Liebes, nichts ist jemals wirklich vorbei.«
»Woher willst du das wissen?«, schniefe ich und wische mir mit dem Handrücken die Tränen weg.
»Ich weiß es eben.« Ausnahmsweise habe ich nicht den Drang, ihr zu widersprechen, sondern lasse ihr gerne das letzte Wort.
Wir sitzen eine Weile schweigend da, bis Mom sich schließlich aufrichtet und tief durchatmet. »Warst du schon fertig mit Üben? Dad kommt zum Brunch.«
»Dad?«, frage ich verdutzt. Obwohl er direkt über uns wohnt, war er seit der Scheidung fast nie zum Essen hier unten.
Mom sieht mich herausfordernd an. »Was ist daran so seltsam? Schließlich ist er immer noch dein Vater.«
»Nichts, gar nichts. Ich packe nur noch schnell zusammen, bin gleich bei euch.«
Ich greife nach dem Cello, um es zurück in den Koffer zu legen. Wie immer, wenn ich es berühre, muss ich an Griffon denken, und sofort wird mir wieder schwer ums Herz. Seit ich das letzte Mal bei ihm war, habe ich nichts mehr von ihm gehört. Und seitdem habe ich auch das Cello nicht mehr poliert, bloß weil ich weiß, dass er es auch angefasst hat. Es ist natürlich total bescheuert, sich an ein paar unsichtbare Fingerabdrücke zu klammern, aber ich bringe es einfach nicht über mich, sie wegzuwischen.
Der Tisch ist für drei gedeckt, so wie immer, nur dass
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