Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
mit glücklichem Lächeln und förderte eine Flasche Gin zutage, die sie in Heathrow gekauft hatte. Gläser gab es nicht. Sie tranken aus der Flasche. »Irgendwelche brillanten Vorschläge bezüglich des Abendessens, Jane?«
Jane hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Sie brachen zu einem Restaurant auf, das zwei Querstraßen vom Hotel entfernt lag. Die Straßen waren ruhig und sauber. Nirgends lag Müll herum, und es gab keine Bettler. Erstaunlicherweise waren die Passanten, die ihnen begegneten – und besonders die jungen Mädchen – zwar einfach und billig, aber stilvoll gekleidet. In der Menge wirkten die Menschen allerdings seltsam distanziert und würdigten die kleine Touristengruppe keines Blickes.
Das gemütliche, im Landesstil ausgestattete Restaurant entpuppte sich als ebenso angenehm wie das Hotel. Das einzige Problem war die Verständigung. Und obwohl Mary einen Sprachführer zur Hand hatte, waren sie mittlerweile viel zu albern gestimmt, um die Lautschrift richtig auszusprechen, und begnügten sich schließlich damit, auf die Speisekarte zu deuten und das Beste zu hoffen. Es dauerte lange, bis das Essen serviert wurde. Allerdings war ihre Laune so gut, dass dies keine Rolle spielte. Sie vertrieben sich die Zeit damit, einige der recht und schlecht ins Englisch übersetzten Sätze im Sprachführer zum Besten zu geben: »Haben Sie eineinhalb Dioptrien Gläser für Kurzsichtige/Weitsichtige?« oder »Haben Sie einen unbesetzten Tisch?« Sie konnten sich nicht vorstellen, Übersetzungen wie diese je zu benötigen.
Das Essen war ausgezeichnet, wesentlich besser als in einem englischen Restaurant dieser Preisklasse. Wie sich herausstellte, hatten sie Hackfleischwürstchen mit gebratenen Pilzen bestellt. Die Salate als Beilage waren knackig, frisch und ebenso schmackhaft wie das Weißbrot. Eine Weinkarte schien es nicht zu geben, aber nach heftiger Diskussion in Zeichensprache servierte der Ober kleine Gläser mit einer farblosen Flüssigkeit, die wie Feuer in ihren Kehlen brannte.
Als sie die geringe Rechnung sahen, sprach Jane allen aus dem Herzen: »Also wenn das der Kommunismus ist …«
Nichts war so, wie sie es (nach der gängigen Meinung in der Heimat) erwartet hatten. Tatsächlich waren sie auf der Fahrt mit dem Taxi vom Flughafen in die Stadt an endlosen Blocks hässlicher Plattenbauten vorbeigekommen, die man wie riesige Streichholzschachteln wahllos und ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Bewohner in die Landschaft gestellt hatte. Die Innenstadt allerdings bot ein anderes Bild. Statt Ruinen und Verfall, Chaos auf den Straßen und Knödel zu den Mahlzeiten, hatten sie schöne alte Fassaden und einen angenehmen, wenn auch nicht luxuriösen Lebensstil vorgefunden. Alles war gut organisiert. Von politischen Unruhen keine Spur. Und wie Mary bemerkte, war es sicherer als London, denn, laut ihres Reiseführers, war die Verbrechensrate verschwindend niedrig. Die Zimmer waren wanzenfrei, wie Sandy nach gründlicher Untersuchung verkündete, und sie wurden auch nicht auf Schritt und Tritt von finsteren Gestalten in langen Regenmänteln verfolgt.
Celia fand ihre Kolleginnen auf ihre unterschiedliche Art interessant. Sie begegneten der Arbeit der jeweils anderen mit Respekt und betrieben ihre Profession mit großem Ernst, denn, wie Sandy es ausdrückte: »Wir haben eine Menge Fans da draußen.« Sie fragte sich, was Mary wohl letztendlich für ein Buch schreiben würde. In Wirklichkeit konnte sie sich dieses Land nicht als Schauplatz einer Liebesgeschichte vorstellen. Dazu erschien es allen – auf positive Art – viel zu langweilig.
Jane hatte sich für das Bett am Fenster entschieden. Sie war auch die Erste im Badezimmer und hatte den Toilettentisch schnell mit zahllosen Fläschchen und Töpfchen belegt. Im Gegensatz zu Sandy und Mary (und zu Celia) trug sie viel Make-up. Nach den Mahlzeiten puderte sie sich regelmäßig die Nase und zog die Lippen nach.
Celia kramte lächelnd in ihrem Toilettenbeutel nach ihrer Cold Cream. »Das macht wirklich Spaß.«
»Ah, die haben immer Spaß!«, sagte Jane bedeutungsvoll und flüsterte: »Die beiden sind seit Jahren zusammen.«
Es dauerte einen Moment, bis Celia verstand.
»Ich finde es nett. Sandy ist schon immer so gewesen …« Jane zögerte, war zu verlegen, es offen auszusprechen. »Aber Mary ist erst dazu geworden – nachdem sie Sandy kennengelernt hatte. Es hat sie angeblich getroffen wie der Blitz. Sie hat wegen Sandy ihren Mann verlassen. Hat
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