Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
zum Abschied gesagt. »Irgendwann musst du mir dein Geheimnis verraten.«
Celia war sich natürlich wohl bewusst, wie ungern Frederick sie auf diese Reise hatte gehen lassen. Dennoch hatte sie nicht erwartet, dass er sie vom Flughafen abholen und der Neugier von Sandy, Mary und Jane trotzen würde. Er hatte sich bei ihnen bedankt, dass sie sich so rührend um Celia gekümmert hatten. Auf Sandys verschlagene Antwort: »Kümmern? Das mussten wir uns weiß Gott nicht!« (wobei Celias Herz einen Schlag aussetzte), hatte er nur unbeirrt mit ausgesuchter Höflichkeit reagiert. Im Auto jedoch hatte er ihr immer wieder verstohlen einen Blick zugeworfen, so als bemerke er eine Veränderung, die er sich nicht erklären konnte. Auch Bet war der Unterschied aufgefallen, als sie nach Parr’s gekommen waren. Ihr hatte eine Frage auf der Zunge gelegen – Celia hatte es an ihrem wachsamen, ängstlichen Ausdruck in den Augen erkannt –, aber dann war Frederick strahlend vor Glück mit dem Koffer hereingekommen, und Bet hatte sich sichtlich entspannt. Niemand kam auf die Idee, sie könne England als liebende Ehefrau verlassen haben, nur um verliebt in einen anderen Mann zurückzukehren – nicht einmal ihre beste Freundin und einstige Expertin in Liebesangelegenheiten.
»Wie soll ich je wieder über Menschen schreiben, die frei erfunden sind?«, hatte sie Alexej während der langen Straßenbahnfahrt zu seiner Wohnung gefragt (ein Gespräch, das sie später in ihrem Tagebuch unter dem Begriff »Wahrheit« zusammengefasst hatte).
»Musst du das denn?«
»Damit verdiene ich Geld«, hatte sie ihn erinnert. Ihr Einkommen war über die Jahre deutlich angewachsen.
Doch er hatte ernst geantwortet: »Wenn du die Wahrheit schreibst, Celia, dann wollen es die Menschen auch lesen.«
Als sie den Strumpf ihres Mannes wegsteckte, war ihr klar, dass die Zeit gekommen war, ihm von Alexej zu erzählen. Sie hatte das nicht geplant, doch mit jedem Tag litt sie mehr. Entweder sie würde eine zweite Reise unternehmen, oder Alexej, dessen Land sich politisch rapide veränderte, konnte sie in England besuchen. Was auch geschah, er war mittlerweile zu einem Teil ihres Lebens geworden. Ein wenig traurig überlegte sie, dass gerade Frederick das verstehen müsste.
»Mein Mann hat immer eine andere geliebt«, hatte sie Alexej bei jener ersten Begegnung im Café erzählt. »Eine wunderbare Frau. Aber sie ist tot.« Erst später war sie ausführlicher darauf eingegangen.
Zuerst hatte er erstaunlicherweise Verständnis für Frederick gezeigt. Die Toten zu akzeptieren, sie zu verehren, das war, wie er sagte, Teil seiner Kultur. In seinem Land bahrte man den Leichnam eines geliebten Menschen in einem offenen Sarg auf; befestigte Fotos an den Türen der Häuser, in die der Verstorbene nicht zurückkehren würde; stellte später Mahlzeiten auf das Grab. Vierzig Tage lang, so hatte er erzählt, dürfe der Geist des Toten frei umherschweifen, um den Lieben ein letztes Lebewohl zu sagen. Doch sobald diese Trauerzeit beendet sei, entlasse man sie endgültig und um ihrer selbst willen in das Schattenreich, wo sie vor den ewigen Qualen alles Irdischen sicher seien. Warum, so hatte er besorgt gefragt, hatte man der armen Katharine nicht dieselbe Gnade erwiesen?
Frederick beobachtete sie erneut. Vielleicht versuchte er eine neue Frage über ihre Arbeit zu formulieren, erneut einen Vorstoß in ihre seltsame Welt des schönen Scheins zu unternehmen.
»Frederick, ich muss mit dir reden«, begann sie.
Er wechselte augenblicklich das Thema. »Habe ich dir eigentlich erzählt, dass Robert ausgesprochen deprimiert ist?«, fragte er. »Bet glaubt, dass dieses Mädchen – Vanessa heißt sie, glaube ich – ihm den Laufpass gegeben hat. Armer Junge. Er scheint bei Frauen nicht viel Glück zu haben.«
Celia versuchte es erneut. »Ich bin froh, dass es dir und Margaret bei Bet so gut ging.«
»Hervorragend sogar. Gute, alte Bet!« Sein Redefluss war nicht mehr zu bremsen. »Jack ist einmal über Nacht hiergeblieben. Offenbar hat er es eine Woche ohne seine Frau nicht ausgehalten. Ich habe ihm gesagt, dass ich das sehr gut verstehe – obwohl er so nett war, mir seine Frau auszuleihen. Wir haben uns prächtig verstanden – Jack und ich.«
Celia nickte, denn er hatte ihr das alles längst berichtet. Sie wusste, dass beim Dorffest den ganzen Tag die Sonne geschienen hatte. Sie wusste, dass der Fuchs eine der Hennen gerissen und Margaret angesichts der überall
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