Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
verlieren. Das sei das Wichtigste. Er sei sicher, dass sie sich wiedersähen. Falls sie je daran zweifle, müsse sie nur das Bild betrachten.
Sie hätte sich in jenem Augenblick nur an Milly Noonan, die schöne, verzweifelte junge Frau in Afrika, und an Katharine erinnern müssen, der Frederick noch immer verfallen war. Diese Art Treulosigkeit wog besonders schwer. Warum hatte sie nicht daran gedacht? Hatte sie nicht auch ein Recht auf ein wenig Glück, wenn es sich ihr bot?
Dabei hatte sie Alexej nicht einmal erlaubt, sie zum Hotel zurückzubegleiten. Sie hatten sich ein letztes Mal an der Tür geküsst, dann war sie die Betontreppen hinuntergerannt und hatte, bevor sie schwach werden konnte, an der Straße zum Flughafen ein Taxi angehalten. Sie hatte fast die ganze Fahrt über geweint. Und jetzt nahmen die drei Frauen sie ins Kreuzverhör. Sie waren überzeugt, ein Mann müsse im Spiel sein. Was sonst hätte ihre Erregung, ihr vom Weinen fleckiges Gesicht, ihr seltsam grundloses Lächeln und ihre Weigerung zu bedeuten, ihre zunehmend unverblümten Fragen zu beantworten? Sie ließen nicht locker, doch Celia konnte nur an Alexej denken. In ihren Gedanken war sie noch immer in seiner Wohnung, atmete den Duft von Rosen und Zigarettenrauch ein und schrieb jene letzte Szene neu.
In dieser neuen Fassung war sie im letzten Moment umgekehrt. Sie hatte das Taxi nicht angehalten, war die Treppen in den obersten Stock wieder hinaufgestiegen, hatte an seine Tür geklopft, und voller Glück beobachtet, wie seine traurige, resignierte Miene sich ebenso schnell wie zuvor im Café in ein strahlendes Lächeln verwandelt hatte. Er hatte die Tür mit dem Fuß zugestoßen und sie in die Arme genommen, als wolle er sie nie wieder loslassen. Und diesmal hatte auch sie keinen Augenblick gezögert, sich keinerlei Schuldgefühle gestattet. Sie hatten sich gegenseitig der Kleidung entledigt und waren eng umschlungen zum Diwan gewankt. Der Rest war nur noch blinde Leidenschaft gewesen – tief und unvergleichlich, ohne jedes Schuldgefühl. »Meine Geliebte«, hätte er geflüstert. Und: »Ich werde dich ewig lieben.«
Aber das alles hatte sich natürlich nur in ihrer Phantasie zugetragen. Bald würde sie wieder zu Hause in Surrey bei Frederick sein. Hätte sie nicht das kleine Ölbild und seine geheime Botschaft besessen, hätte sie vielleicht geglaubt, das alles nur geträumt zu haben.
29
Wahnsinn … Wahrheit …
Schönheit … Hoffnung … Tod …
EINZELNE WÖRTER, AUF DIE RÜCKSEITE EINES
KALENDERS VON 1968 GEKRITZELT.
Ich habe mich von den attraktiven, stupiden
Männern und den langweiligen, tugendhaften
Mädchen verabschiedet – ihnen Adieu gesagt
wie alten Freunden, die ich nie wiedersehen will.
Ich weiß, es ist riskant, aber ich habe keine
andere Wahl mehr, denn ich kann nicht mehr so tun
als ob. Es ist so grausam!
NOTIZBUCH. UNDATIERT.
»Interessant«, bemerkte Frederick. Celia wurde sich plötzlich bewusst, dass sie in ihrem Wohnzimmer in Surrey stand und sich fragte, wie lange er sie schon beobachtete.
Sie hatte sich in jene andere Welt zurückgedacht. Sie war wieder bei Alexej gewesen, hatte sein ausdrucksvolles Gesicht betrachtet, seiner sanften, sonoren Stimme zugehört. Inwiefern hatte sie sich verraten? Hatte ihr Mann gesehen, wie sie die Lippen bewegte und zu einem Lächeln verzog?
»Sehr interessant«, wiederholte Frederick, klopfte auf sein Buch, die x-te Aufarbeitung der Schlacht von Waterloo.
»Freut mich«, sagte sie und griff wahllos eine dunkelblaue Socke aus ihrem Nähkorb. Sich an Gespräche mit Alexej zu erinnern, das war, als blättere sie in einem ihrer Notizbücher. Allerdings wagte sie lediglich, einige Schlagwörter aufzuschreiben, mit denen Außenstehende nichts anzufangen wussten. »Wahnsinn« bezeichnete eine der Szenen, die sie gerade in Gedanken wieder durchlebt hatte. Viele Jahre lang, so hatte Alexej erzählt, sei seine Heimat, das ganze Land, einer Gehirnwäsche unterzogen worden. Aber jetzt waren sie in einem anderen Wahnsinn erwacht, der es ihnen ermöglichte, nach dem Unmöglichen zu greifen. Dieser Wahnsinn habe sich so schnell verbreitet, dass diejenigen, die sich weigerten, an den Wandel zu glauben, die wahren Verrückten zu werden drohten. In so stürmischen, aufregenden Zeiten, hatte er liebevoll hinzugefügt, sei es nur logisch, sich Hals über Kopf zu verlieben.
Frederick schien zu zögern. »Du bist in Gedanken gerade sehr weit weg gewesen«, bemerkte er schließlich.
»Ach,
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