Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
ohne seine heimliche Besessenheit von Katharine sie dem freundlichen Fremden, der ihr zu Hilfe gekommen war, höflich gedankt und ihrer Wege gegangen wäre? »Als die Kinder kamen«, erklärte sie, »wurde mir klar, was für ein Familienmensch du bist. Ich dachte, du hättest Katharine vergessen oder die Erinnerungen an sie zumindest verdrängt. Aber dann habe ich die Fotos gefunden. Oh, Frederick! Das ist ein Schock gewesen!«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.« Er wirkte aufrichtig verwirrt.
»Die Fotos, die du in der Akte in deinem Schreibtisch aufbewahrst!« Selten hatte sie so energisch und gereizt mit ihm gesprochen. »Ich wollte Priscilla bei ihrer Scheidung helfen – erinnerst du dich? Du bist in Aden gewesen, hast mir gesagt, wo ich den Schlüssel und die Adresse deines Anwalts finden kann. Und dann … Ich weiß, ich hätte deine Sachen nicht durchwühlen dürfen. Aber ich konnte es einfach nicht lassen, Frederick.«
»Fotos von wem?«
Seine gespielte Unschuld machte sie wütend. »Na, von wem wohl? Viele sind auf dem Besitz deiner Eltern aufgenommen worden. Deshalb weiß ich, dass Katharine groß und dunkelhaarig war. Sonst hätte ich wohl nie etwas über sie erfahren. Das eine Mal, als wir über sie gesprochen haben, durfte ich ja keine Fragen stellen. Vergessen?«
»Ah!« Seine Stimme klang entspannter.
»Was meinst du?«
»Das ist nicht Katharine.«
»Nicht?«, wiederholte sie stirnrunzelnd.
»Nur zu deiner Information: Katharine war klein und blond.« Er brauchte einen Moment, um wieder sachlich zu werden. »Das ist meine Schwester Frances, die du auf den Fotos gesehen hast.«
Sie starrte ihn verblüfft an. Bisher hatte er sie in dem Glauben gelassen, er sei ein Einzelkind. Jetzt, da sie darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass das junge Mädchen vor dem Haus seiner Eltern ihm tatsächlich ähnlich sah. Das gleiche dichte, schwer zu bändigende, schwarze Haar, die gleichen schönen Züge, das bezaubernde Lächeln. Damals jedoch hatte sie unweigerlich angenommen, es handle sich um Katharine. Sie erinnerte sich an das schreckliche Gefühl, gegenüber Priscilla so tun zu müssen, als sei alles in bester Ordnung.
»Sie ist an Gehirnhautentzündung gestorben. Ich war damals vierzehn Jahre alt, sie war vier Jahre älter. Es war schrecklich. Meine Eltern haben das nie überwunden.«
»Warum hast du mir das nie erzählt?«
Er zuckte die Schultern, wirkte resigniert, als wolle er sagen: Kennst du mich noch immer nicht ?
Celia begann zu verstehen. Frederick kam aus einer Gesellschaftsschicht, die jedes Zeichen von Schwäche verabscheute. Nach dem Tod der Schwester hatte er erlebt, wie seine traumatisierten Eltern weiterlebten, als habe die Schwester nie existiert. Als er über zehn Jahre später einen ebenso schweren Verlust erlitt, verhielt er sich nach ihrem Vorbild. Nach dem Vorbild, das dem Mann, der er geworden war, dem Soldaten mit seiner Verachtung für Selbstmitleid, durchaus entsprochen hatte und noch immer entsprach.
»Und als Katharine im fernen Indien an Cholera gestorben ist, wurde sie ebenfalls totgeschwiegen!«
Er warf ihr einen scharfen, leicht erstaunten Blick zu, schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich jedoch anders.
»Oh, Frederick!« Celia seufzte und dachte an all die Gedanken und Gefühle, die sie mit Alexej in nur wenigen Tagen geteilt hatte. Die Tatsache, dass sie die Identität des jungen Mädchens auf den Fotos falsch interpretiert hatte, spielte fast keine Rolle mehr. Katharine war in ihrer Ehe allgegenwärtig gewesen. Konnte sich Frederick überhaupt vorstellen, was das für sie bedeutet hatte? Jemanden zu lieben, doch immer auf Distanz gehalten zu werden …. Zu wissen, damals in Afrika, dass er jeden Tag wünschte, Katharine hätte an seiner Seite sein können, statt ….
Sie sah, wie er erneut den Kopf in beide Hände stützte, als wolle er bestätigen, was sie dachte. Katharine, die gesellschaftlich versierte junge Frau, hätte gewusst, wie man mit Dienstboten umging. Sie hätte niemals den Fehler begangen, sie wie gleichwertige Menschen zu behandeln. Hätte die schöne Katharine gelebt, schien er zu denken, hätte er sich nie auf diese verrückte, zerstörerische Affäre mit Milly Noonan eingelassen, der Frau eines Untergebenen.
»Ich weiß, dass ich dir nicht genügt habe, Frederick!«, erklärte sie. Die Erleichterung, es endlich aussprechen zu können, trieb ihr fast die Tränen in die Augen.
Aber dann nahm das Gespräch eine ganz andere
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