Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
lassen. Sein rüdes, lautes Auftreten bei der Beerdigung hatte ihm große Befriedigung verschafft. Auch wenn er damit bei Guy nur Missbilligung geerntet hatte.
Bud wurde unfreiwillig Zeuge der Unterhaltung, die über ihrem Kopf auf dem Dachboden stattfand. Ihre Mutter und die Tante sprachen über Liebe. Sie hatte geglaubt, nichts könne peinlicher sein, als sich die emotionalen Probleme der eigenen Mutter anhören zu müssen – besonders, da es dabei auch um ihren Vater ging. Doch jetzt drängte ihre Tante ausgerechnet den biederen, etwas wirren Charles in die Rolle des romantischen Helden. Und, was am schlimmsten war, das Gespräch entwickelte sich wie immer nervtötend langsam.
»Und?«, drängte Sarah wiederholt. »Und?« Zwischendurch hörte Bud, wie Kartons und Schrankkoffer über den Boden geschleift wurden. Sie waren nicht einmal richtig bei der Sache.
Bud war in einer glücklichen Ehe aufgewachsen, wusste, wie sich das anfühlte, und hatte schon als Kind die Kälte zwischen Margaret und Charles gespürt. Jetzt allerdings stellte sich heraus, dass diese beiden Menschen, die sich jahrelang gegenseitig unglücklich gemacht hatten, ein Rendezvous verabredet hatten. Und was noch ungewöhnlicher war, Margaret hatte es arrangiert. Allerdings weinte sie so heftig, dass Bud kaum verstehen konnte, was dabei geschehen war.
Bud deprimierte es besonders, mitanhören zu müssen, wie sich die beiden Frauen fortgeschrittenen Alters wie Teenager gebärdeten. »Was hast du getragen?«, hatte die Mutter gerade gefragt. Und: »Was hat er für ein Gesicht gemacht, als er dich gesehen hat?« Margaret hatte geantwortet: »Das blaue Kleid, das er immer so gemocht hat.« Und: »Er hat mich gar nicht angeschaut. Er hat durch mich hindurchgesehen, Sarah! Kannst du dir vorstellen, wie mir zumute gewesen ist?«
Margaret durchlebte noch einmal jenen grotesken Augenblick, als ihr entsetzt klar geworden war, dass der gut gekleidete, ansehnliche Mann, der still in einem Sessel saß und Zeitung las, der Ehemann war, den sie zwanzig Jahre lang verachtet hatte. Die Erkenntnis hatte sie hart getroffen – ebenso hart wie seine höfliche, aber kühle Begrüßung. Plötzlich wollte sie ihren Ehemann unbedingt zurückhaben.
Charles hatte sich entspannt, als sie über Theo sprachen, der die Trennung nicht gut verkraftete und – ein schlechtes Zeichen – miserable schulische Leistungen ablieferte. Offenbar war Charles der Meinung, der Anlass für das Treffen seien Sorgen wegen der Kinder.
Margaret hatte zu viel getrunken, um sich Mut zu machen. Mit gesenktem Blick gestand sie ihm schließlich, sie habe einen Fehler begangen. Auf Sarahs Rat hin erzählte sie ihm alles über ihren verheirateten Geliebten Patrick, und was sie durchgemacht hatte. Dann bat sie ihn, ihr zu verzeihen, und versprach, sich von Grund auf zu ändern.
»Und dann …« Margaret musste sich überwinden, diesen Teil ihrer Schwester zu erzählen. Diese strahlte bereits und gratulierte sich insgeheim zu ihrem Erfolg als Friedensstifterin.
Als Margaret es schließlich gewagt hatte, Charles anzusehen, konnte dieser seine Freude kaum verhehlen. Dabei kam ihr der Verdacht, dass sich seine Gefühle für sie nie geändert hatten, die Trennung nur ein letzter und für ihn untypisch riskanter Versuch gewesen war, sie endgültig für sich zu gewinnen. Und in diesem Augenblick war ihr schonungslos bewusst geworden, dass sie keinerlei Gefühle für ihn hegte. Warum nur machte er all sein Glück ausgerechnet allein von ihr abhängig? Seine unerschütterliche Liebe war von jeher bedrückend für sie gewesen. Sosehr sie sich nach Sicherheit und Geborgenheit sehnte, daran vermochte sie nichts zu ändern.
Es war das Ende. Kein Mann der Welt, der so behandelt wurde, würde sein Herz noch einmal in den Ring werfen. Obwohl sie selbst vor ihrer Grausamkeit erschrak, hoffte ein Teil von ihr, dass sie ihn damit endlich befreit hatte.
»Warum bin ich nur so?«, fragte sie Sarah schluchzend. Doch dann begann sie mit starrer, wütender Miene, Papier in Plastiksäcke zu stopfen, als kenne sie die Antwort, könne jedoch nichts dagegen tun. Wer sich selbst im Weg stand, konnte nicht glauben, von anderen geliebt zu werden. Außerdem begann sie zu begreifen, dass sie tief in ihrem Innern geahnt haben musste, dass die Ehe ihrer Eltern, die stets als beispielhaft gelobt worden war, vielleicht wie ihre eigene nur Fiktion gewesen war.
Bud war entsetzt über das, was ihre Tante soeben erzählt hatte.
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