Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
ordengeschmückte Mann und der übellaunige, alte Kranke ein und dieselbe Person sein sollten. Sie hatte sich immer gewundert, wie geduldig ihre Großmutter stets geblieben war. Sie hatte nie die Beherrschung verloren, nur Liebe gegeben und nichts zurückbekommen.
»Was kann ich nur machen?«, flüsterte sie, auch wenn die Präsenz der Großmutter nicht mehr spürbar war wie noch Tage und Wochen nach ihrem Tod.
Wenn sie nicht sofort etwas unternahm, war alles verloren – all die Teile des Puzzles, das ein Menschenleben ausmachte. Ein Leben, das acht Jahre nach dem Ersten Weltkrieg begonnen hatte, als das britische Weltreich noch eine Selbstverständlichkeit gewesen war. Geendet hatte es im Jahrzehnt der Eroberung des Weltraums. Es wäre ein spannendes Abenteuer gewesen, all diese Teile zusammenzufügen: der Großmutter als junger Frau zu begegnen; zu erfahren, was für ein Mensch ihr Großvater gewesen war, bevor die Krankheit ihn zerstört hatte. Und sie wollte geradezu verzweifelt jene Lebensbereiche ihrer Großmutter kennenlernen, die erst vor Kurzem entdeckt worden waren: die Kindheit im Dienstbotentrakt; ihre geheimnisvolle Vorgängerin Katharine. Aber vor allem wollte sie begreifen, wie aus ihrer Großmutter die bekannte Schriftstellerin geworden war.
»Ich habe dir gesagt, du sollst mit Charles reden«, erklärte Sarah leicht gereizt. Es bedrückte sie, dass sich Bud so schlecht benahm. Und in Bezug auf die Schwester riss ihr allmählich der Geduldsfaden. Wollte sie ihr Unglück und ihren Kummer auf ewig pflegen, nur weil sie zu stolz war, eine Abfuhr zu riskieren?
Margaret antwortete nicht. Sie ist einfach unmöglich, dachte Sarah. Sie hatte so viel bekommen: die väterliche Liebe, Schönheit und einen guten Ehemann, dessen Vorzüge zu schätzen sie allerdings unfähig war.
»Es gibt keine andere Möglichkeit!«
Margaret griff nach einer Schachtel mit Briefen und kippte sie in einen Plastiksack. Dann hob sie einen Stapel alter Notizbücher auf. Dabei glitt ein Gegenstand heraus und fiel mit leisem Rascheln auf den staubigen Fußboden. Es war eine trockene Blüte, vermutlich eine Rose ohne Stängel.
Sarah hob das auf, was von der Blüte übrig war, und war vorübergehend abgelenkt. Vielleicht hatte der Vater sie vor vielen Jahren der Mutter geschenkt, als er ihr in Far Point den Hof gemacht hatte? Nach Celias Version hatte er im Rosengarten um ihre Hand angehalten. Vielleicht hatte er eine Blüte aus einem Beet gepflückt, bevor er vor ihr auf die Knie gefallen war. Aber dann erinnerte sich Sarah, dass es in Kriegszeiten dort keine Blumen mehr gegeben hatte. Nur Gemüse sei im Garten angebaut worden, hatte die Mutter erzählt. Außerdem konnte sie sich nicht vorstellen, dass der praktische, phantasielose Mann, der Geburtstage regelmäßig vergessen hatte, sich derart sentimental benommen haben sollte. Die Rose musste sie von einer anderen Person bekommen haben. Und in diesem Moment kam auch Sarah der Verdacht, dass die Sache mit einer Affäre nicht ganz abwegig war.
Sie verdrängte hastig den Gedanken. In diesem Punkt war sie wie Robert. Sie erschauderte, warf die Überreste der Rose in den Plastiksack und konzentrierte sich erneut auf die Probleme der Schwester. »Du musst was unternehmen!«
Schließlich antwortete Margaret – ärgerlich, so als sei Sarah aufdringlich. »Natürlich habe ich mit Charles gesprochen.«
»Und?«
Zu Sarahs großem Kummer brach die Schwester in Tränen aus. Ihr bitteres, gequältes Schluchzen war Ausdruck äußerster Verzweiflung.
Sie hatten das Feuer entzündet, doch es qualmte und weigerte sich, mit reiner Flamme zu brennen. Robert war sich bewusst, dass Guy ihn aufmerksam beobachtete, und er wusste, dass er den Benzinkanister gesehen haben musste, den er aus der Garage geholt hatte. Robert hätte es niemandem sonst überlassen, mit dieser gefährlichen Flüssigkeit zu hantieren. Außerdem war er nicht sicher, ob er das Benzin überhaupt benötigen würde. Robert spielte jedoch gern mit dem Feuer, liebte manchmal das Risiko. Auf der Fahrt von London nach Parr’s hatte er mehrmals die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten. Und bezüglich seiner Diät verhielt er sich ebenfalls nicht vernünftig. Er schwelgte in dem Genuss von Sahne und Butter, als wolle er jenen schrecklichen Schicksalsschlag provozieren, der seinen Vater an den Rollstuhl gefesselt hatte. Es war wohl das Verlangen, seine pflichtbewusste, konservative Veranlagung gelegentlich hinter sich zu
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