Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
hinterließen, oder der Gestank der Latrine im Hof. Es war Ironie des Schicksals, sich im Zeitalter der Hochtechnologie an diese schmutzigen Dinge zu erinnern, während sie von einer Minute zur anderen vergaß, wo sie ihre Brille abgelegt hatte. Die unwillkommenen Gerüche, die ihre ganze Kindheit durchzogen, hatten im 21. Jahrhundert fast aufgehört zu existieren. Aber obwohl das Leben mit Aerosolen und Deodorants, Plastiktüten für die Abfalleimer sowie Sauglüftern so viel angenehmer geworden war, war es doch eintöniger. Und es war sicherer. Zu ihrer Zeit hatte es keine Antibabypille gegeben. Und junge Leute waren tragischerweise an Kinderlähmung und Tuberkulose gestorben. »So ist das Leben«, würde Celia dann seufzend sagen, wenn sie auf das Jahrhundert zurückblickte, das immer schneller vergangen war.
Far Point, ungefähr hundert Meilen von London entfernt, hatte weder Geschichte noch Stil. Allein seine Lage machte es zu etwas Besonderem. Die große, zweistöckige, weiß getünchte Villa mit grünen Läden lag direkt am Meer, hoch oben in einem Kiefernwald, die Fassade von einer riesigen Linde beschattet, die den kiesbedeckten Hof beherrschte. Die Rückseite mit Balkonen und Veranda war der See und der länglichen, flachen Silhouette der Isle of Wight in der Ferne zugewandt.
»Könnte auch in Frankreich sein«, hörte Celia ihre Mutter gereizt murmeln, als sie das Haus zum ersten Mal sahen. Als Antwort hüpfte Celia begeistert auf und ab. Allein die Zugfahrt war ein Abenteuer gewesen: Ein Wunder, wie sich Häuserzeilen in Feldern und Wäldern verloren und Kühe und Schafe die Menschen ersetzten. Sie war im Abteil herumgerannt, hatte einen Sitz nach dem anderen ausprobiert, während ihre Mutter seufzend und stirnrunzelnd in einer Ecke gesessen hatte. Und das Wunder hatte nicht geendet!
»Dummchen, natürlich sind wir nicht in Frankreich!« Was Helen, ihre Mutter, gemeint hatte, war, dass das Haus noch abgelegener war, als sie befürchtet hatte, und dazu noch sehr fremdländisch aussah. Sie war erschöpft nach den Jahren, die sie einen geisteskranken Mann versorgt hatte; erdrückt von wachsenden Schulden und schließlich dem Verlust ihres Zuhauses. Sie konnte das kaum als einen vielversprechenden Neuanfang sehen und nur daran denken, dass sie in wenigen Minuten die erniedrigendste Veränderung in ihrem Leben bewältigen musste.
Eine alte Freundin hatte von einer freien Stellung in einem Haus gehört, das sie kannte, und angeboten, ein gutes Wort bei den Besitzern, Sir John und Lady Falconbridge, für sie einzulegen.
Helen war noch nie in ihrem Leben so schockiert gewesen. »Aber ich bin doch keine Haushälterin.«
»Hör zu. Das ist eine echte Chance!« Danach hatte die Freundin die schreckliche Geschichte einer ehemaligen Botschaftergattin erzählt, die Fußböden schrubben musste. In Wirklichkeit waren viele Frauen, die niemals erwartet hatten, je für ihren Lebensunterhalt arbeiten zu müssen, gezwungen, sich als Dienstboten zu verdingen, nachdem Krieg und Depression ihre heile Welt zerstört hatten. Schließlich war Helen natürlich einverstanden gewesen, denn sie hatte keine andere Wahl.
Alles an ihrem neuen Zuhause schien sie zu beleidigen; selbst das Meer am Ende des Gartens, das Geräusche machte, als würde jemand ununterbrochen hinter Packpapier atmen. »Es ist feucht hier«, bemerkte sie fröstelnd.
»Das wird auch noch ein Problem werden«, schimpfte sie, da das Holzgatter, das sie aufstießen, schief in den Angeln hing und über die Kiesdecke der Auffahrt schleifte.
»Macht doch nichts.« Schon mit sieben Jahren war Celia Expertin darin, auf andere beruhigend einzuwirken.
»Der Busch hier hat dringend einen guten Schnitt nötig.« Das war alles, was Helen über einen Kalifornischen Flieder mit zauberhaften blauen Blüten zu sagen wusste. »Eine Schande, dass sie das ganze Licht schluckt«, lautete ihr Urteil über die herrliche Linde im Hof.
Das Haus hatte zwei Eingänge. Erst Jahre später erinnerte sich Celia, dass ihre Mutter zwischen einer einfachen, schwarz gestrichenen Tür zu ihrer Rechten und einem eleganteren gläsernen Portal zur Linken, das beidseitig von Lorbeerbäumen in Töpfen geschmückt wurde, gezögert hatte. Dann tauchte in der Tür zur Rechten ein molliges Mädchen in weißer Schürze auf und bat sie herein.
Celia bemerkte, dass die Mutter ihre säuerliche Miene ablegte, sobald sie zu Lady Falconbridge geführt wurden. Sie hasste es, wie kühl und distanziert mit
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