Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
ihrer Mutter gesprochen wurde und wie verschüchtert und still diese wurde, ahnte jedoch nicht, wie unwohl es der anderen Frau in ihrer Rolle zumute war. Denn trotz des augenscheinlichen Reichtums fühlte sich auch Lady Falconbridge deklassiert. Ihr Mann hatte unglückliche Investitionen getätigt, sodass das vom Vater geerbte, weitaus größere und prachtvollere Anwesen hatte verkauft werden müssen. Trotz seiner herrlichen Lage bedeutete Far Point mit seiner kleinen Dienstbotenschar einen gesellschaftlichen Abstieg, und Lady Falconbridge bereute bereits den Entschluss, Helen einzustellen. Die neue Haushälterin mit ihrer gebildeten Sprechweise erschien ihr ein böses Omen.
Nach dem kurzen Einstellungsgespräch führte sie das Dienstmädchen, das sich als Ella vorgestellt hatte, durch eine mit grünem Filz bezogene Schwingtür in einen abseits gelegenen Trakt des Hauses. Während das wesentlich größere Wohngebäude der Falconbridges kalt und förmlich war und es dort nach Bohnerwachs und getrockneten Blumen gerochen hatte, empfing sie in dem Trakt, den sie nun betraten, eine warme, geschäftige Atmosphäre. Es roch nach gekochtem Kohl und Schweiß, außerdem herrschte eine andere Geräuschkulisse, da die Teppichbeläge hier vor nacktem Linoleum endeten.
Celia suchte in der Miene der Mutter nach bestimmten Anzeichen, als sie einer Person vorgestellt wurden, die sie einfach ›Cook‹ nannten. Die Köchin schien eine Frau zu sein, denn sie trug einen geblümten Kittel über dem untersetzten, taillenlosen Körper, und ihre formlosen Beine steckten, in dicken Baumwollstrümpfen Schweinsfüßen gleich, in Schnürstiefeln mit hohen Absätzen. Ihr feistes, blasses Gesicht jedoch zeigte die bläulichen Schatten eines Bartwuchses auf Oberlippe und Backen, und sie sprach mit heiserer, tiefer Stimme. Im Hintergrund saß eine andere Person, zweifelsfrei männlichen Geschlechts, in schmutziger Hose und schlürfte an einem gescheuerten Holztisch Tee aus einem Becher. Er wurde ihnen als Mr Peters vorgestellt, hob jedoch kaum den Blick.
»Nur das eine?« Die missbilligende Miene der Köchin sagte deutlich, dass für sie dieses eine Kind schon eines zu viel war. Sie führte sie in ein kleines Zimmer neben der Küche. Dort gab es einen runden Tisch mit fleckigem, goldfarbenem Wachstischtuch unter einer Hängelampe mit einem Schirm aus dunkelroten Perlschnüren und ein altes Radio im Regal neben einer Ausgabe von Mrs Beetons »Hauswirtschaftslehre«. Dies war das Büro, von wo aus Helen den Haushalt dirigieren sollte. Und es war Ausdruck ihrer Überlegenheit, das äußere Zeichen, dass sie dem übrigen Dienstpersonal vorstand, und Celia spürte, wie sich die Mutter leicht entspannte.
Weniger Zufriedenheit weckte ihr Schlafzimmer. »Wie eine Abstellkammer. Wofür halten die uns?«
Tatsächlich war der Raum eng und äußerst sparsam möbliert. Und statt nach der Sonne und dem Meer ausgerichtet zu sein, wie die gesamte Rückseite des Hauses, bot es den Blick auf einen Kiefernwald mit einem Dickicht aus hohem Adlerfarn. Celia stellte sich vor, dass alles unsichtbare Böse durch diesen Urwald gekrochen kommen musste und nur darauf wartete, sie zu überwältigen. Auch im Schlafzimmer bedeckte kaltes Linoleum den Fußboden. Die knapp bemessenen Vorhänge waren ungefüttert, der Raum war eiskalt und der kleine Kamin rußgeschwärzt. Dankbar, nicht allein schlafen zu müssen, schlang Celia die Arme um die Taille ihrer Mutter, und Helen, so als erinnere sie sich plötzlich ihrer Tochter, küsste sie auf den Kopf.
»Wir kommen zurecht!«, erklärte Helen munter, so als sei es an der Zeit, die schlechte Laune abzulegen. »Welches Bett möchtest du?« Damit begann sie, die Koffer auszupacken.
Helen war eine gewissenhafte Mutter. Sie verabreichte Celia einmal pro Woche Feigensirup, um für einen regelmäßigen Stuhlgang zu sorgen, suchte ihr blondes Haar nach Läusen ab, indem sie es über einem Stück Packpapier kämmte, und steckte gelegentlich und beschämenderweise eine Haarnadel in ihren Popo, um mögliche Fadenwürmer zu entfernen (wobei sie danach so tat, als sei nichts geschehen). Meistens jedoch behandelte sie Celia wie eine jüngere Schwester, vertraute ihr Gedanken und Verhaltensweisen an, wenn sie sich nachts in einem der beiden harten Betten aneinanderschmiegten, um sich zu wärmen. Die Köchin – die keinen Eigennamen zu haben schien – konnte unter Druck ziemlich bissig werden; und Ella, das Dienstmädchen, war ein
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