Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
Windböen peitschten immer wieder heftig gegen die Fensterscheiben, und das Feuer knackte und knisterte, als wolle es mitreden über treulose Ehemänner.
Als Sarah gehört hatte, wie ein Wagen draußen knirschend auf den nassen Kies der Einfahrt eingebogen war, hatte sie einen beglückenden Augenblick lang angenommen, es sei Whoopee. Sie hatte die Haustür aufgerissen, ein strahlendes Lächeln auf den Lippen, und sich unvermittelt einer nicht gleich erkennbaren Frau gegenübergesehen, die ihrem Auto entstieg. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, hatte diese sie begrüßt, und der mitfühlende, verständnisvolle Ton in ihrer Stimme brachte Sarah aus der Fassung.
Sie fragte sich flüchtig, weshalb Jenny Granger nicht angerufen hatte. Ebenso gut hätte niemand zu Hause sein können. War sie zuvor mehrmals vorbeigefahren, um zu kontrollieren, ob ein Wagen in der Auffahrt stand oder die Fenster erleuchtet waren? Das allerdings war kein beruhigender Gedanke. Doch Sarah verwarf ihn, denn jede Gesellschaft im Haus ihrer Kindheit war ihr willkommen angesichts der knackenden alten Balken und Fußbodendielen, während sie hätte schwören können, gelegentlich das leise Hüsteln ihrer Mutter zu hören.
Zuerst, während sich langsam die Geschichte entspann, tranken sie Tee. Dann, um Viertel vor fünf Uhr nachmittags, hielt Sarah es nicht mehr aus. Sie gab ihren inneren Kampf auf. »Finden Sie es schlimm, wenn ich jetzt einen Whisky trinke?«, fragte sie.
»Aber überhaupt nicht«, erwiderte Jenny mit ihrem gewinnenden Lächeln. »Ist jetzt genau das Richtige.« Sie selbst lehnte jedoch einen Drink ab.
Jenny Granger wirkte bei diesem Besuch verändert. Sie hatte den Klein-Mädchen-Look abgelegt und trug stattdessen einen wadenlangen Rock mit auf Figur geschneiderter Kostümjacke, das Haar war zu einem Dutt hochgesteckt. Das klassische, elegante Outfit machte sie jünger, nicht älter. Sarah ertappte sich bei der Frage, ob Jenny zum Beispiel beim Begräbnis der Schriftstellerin, der sie nie begegnet war, Schwarz getragen hatte? War sie deshalb in der Trauergemeinde nicht als Fremde aufgefallen?
Wie üblich besserte Alkohol Sarahs Gemütslage und löste ihre Zunge – aber was war schon dabei, wenn sie sich wiederholte? Nach jahrzehntelanger Ehe mit einem Freigeist wie Whoopee hatte sie vergessen, wie verklemmt ihre Geschwister eigentlich waren. Natürlich machte ihnen ihre Situation Sorgen, doch bei Robert äußerte sich das in hilfloser Wut (fast so, als empfinde er ihre Verzweiflung als peinlich), und Margaret verweigerte sich schlicht weiteren Diskussionen des Themas. Sarah wusste, wie unfair es war, Buds Loyalität immer wieder aufs Neue auf die Probe zu stellen, selbst in ihrem Elend sah sie das ganz klar. Jenny hatte der Himmel geschickt. Sie war eine aufmerksame, konzentrierte Zuhörerin, die sich alles merkte, gelegentlich mit sanfter, kindlicher Stimme unverblümte Fragen stellte und Sarah mit ihrem Durchblick erstaunte.
»Was für ein Mensch ist Ihr Ehemann eigentlich wirklich ?«
»Whoopee?«
Jenny lächelte. »Das kann kaum sein richtiger Name sein!«
»Nein«, erwiderte Sarah leise. »Er heißt eigentlich Derek.«
»Aber er möchte lieber wie ein ›Whoopee‹ sein und auf den Putz hauen!« Der Spott klang nur sehr dezent durch. »Wie würden Sie Derek mit einem Wort beschreiben?«
»Anders, er ist anders«, antwortete Sarah ohne Zögern. »Ich komme aus einem sehr konventionellen Elternhaus«, fügte sie erklärend hinzu.
»Sieht so aus. Ihre Mutter allerdings war eine sehr ungewöhnliche Frau. Das muss Ihnen doch klar gewesen sein, oder?«
Jennys Versuche, das Thema immer wieder auf Celia zu lenken, begannen Sarah zu ärgern. Sie ignorierte den jüngsten Vorstoß. »Ich glaube, ehrlich gesagt, dass mein Mann ebenso unglücklich ist wie ich.«
»Unsinn! Ist er blass und fahl im Gesicht? In Tränen aufgelöst?«
»Also … nein«, stimmte Sarah zu und sah wieder Whoopees aalglatte, selbstgefällige Miene vor sich.
»Rein penisgesteuert, die Herren der Schöpfung«, erklärte Jenny, als könne sie Gedanken lesen. Dann beugte sie sich vor, berührte Sarahs Arm und sagte behutsam: »Verzeihung, habe ich Sie jetzt schockiert?«
»Nein, nein«, wehrte Sarah ab. Aber das war gelogen. Jenny wirkte so sittsam, geradezu spröde.
»Ich meine, ist doch ganz schön dreist, Ihnen einen Tag nach der Beerdigung Ihrer Mutter zu eröffnen, dass er eine Geliebte hat!«
»Stimmt. Das war furchtbar«, pflichtete Sarah ihr
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