Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
vergessen.
Glaubst du, Tote können so viel Macht haben?
BRIEF VON BET PARKER VOM 26. FEBRUAR 2004.
Bud teilte die schockierende Neuigkeit Guy in einer E-Mail mit. Sie lautete: »Du wirst es nicht glauben, aber mein Dad hat eine Affäre! Seine Geliebte ist sechs Jahre jünger als ich!!!!«
Er antwortete umgehend. Die vielen Ausrufezeichen konnten ihn nicht täuschen. Er versuchte, sachlich zu bleiben. »Wir sollten so bald als möglich reden. Was hast du heute Abend vor?«
Und dann saßen sie sich gegenüber und diskutierten über alles, nur nicht über die empörende Untreue, die ihre Familie auseinanderdividiert hatte.
»Noch etwas Fisch?«, erkundigte sich Bud, obwohl noch reichlich auf seinem Teller lag.
»Köstlich«, murmelte er. »Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich nichts zu Mittag gegessen.«
Sie konnte nicht kochen. Ihr Vater – der so stolz auf seine Offenheit war – hätte gesagt, der Fisch sei verkocht und die Kartoffeln seien noch fast roh. Aber das war nicht Guys Art, ein zusätzlicher Grund, sich ihm so zugetan zu fühlen. Wie üblich hatte er dunkle Schatten unter den Augen. Wäre ihre E-Mail nicht gewesen, läge er vermutlich längst im Bett. Armer Guy, dessen Arbeitstag im Morgengrauen begann. Kein Wunder, dass er praktisch kein Privatleben kannte. Ihre Generation arbeitete zu hart, wie ihre Großmutter häufig erklärt hatte. »Was ist los? Gibt es keine Tanzveranstaltungen oder Nachtklubs mehr?«, hatte sie, aufrichtig verwirrt angesichts des schallenden Gelächters ihrer Enkel, gefragt.
Guy hatte angeboten, mit ihr essen zu gehen – hauptsächlich, wie sie sich eingestehen musste, weil er nur ungern in seinem kostbaren neuen Auto nach Brixton kam. Er verlor nie ein kritisches Wort über ihren Lebensstil, aber seine misstrauische Miene sprach Bände. Brixtons kriminelles Flair, das ständige Heulen von Polizeisirenen, die Tatsache, dass die Haustür aufgebrochen und seit seinem letzten Besuch nur notdürftig repariert worden war, das alles war nicht nach seinem Geschmack. Dennoch benahm er sich ohne Fehl und Tadel, so als käme er nach Belgravia zu Besuch, erwähnte das trockene Laub im Treppenhaus (Ergebnis eines ewigen Streites unter den Mietern, wer für die Sauberkeit zuständig war) mit keinem Wort. Aber Bud hätte nie in einem Restaurant über die Affäre ihres Vaters sprechen können. Dazu tat es zu weh. Sie brauchte die tröstliche Umgebung ihrer sauberen kleinen Wohnung, auf die sie so stolz war. »Warum belastest du dich mit einer Hypothek …«, hatte ihr Vater verwundert gefragt und ihr wie immer das Gefühl gegeben, spießig zu sein. Aber sie brauchte Sicherheit. Guy verstand das. Er liebte seine Familie, wollte jedoch ebenfalls anders sein.
Den Augenblick der Wahrheit hinauszögernd, suchte sie nach harmlosen Gesprächsthemen und sagte: »Also ich finde es gut, dass jemand ein Buch über Gran schreiben möchte.« In Wirklichkeit dachte sie an ihren Vater. War es möglich, dass er nur an den Gitterstäben seiner Ehe rüttelte, um ihre Mutter zu warnen, ihn nicht für selbstverständlich zu nehmen (was sie natürlich nie getan hatte)? Er stellte seine nächste Umgebung gern auf die Probe, wie Bud schon als Kind schmerzlich erfahren hatte. An einem Weihnachtsfest in Parr’s hatte er so getan, als wäre Stripy, ihr geliebtes Kätzchen, nachts vom Hund der Großmutter gefressen worden. Er hatte Stripy in der Garage versteckt und sein Halsband zusammen mit einem Fellbüschel in den Hundekorb gelegt. Und dann hatte er sie in ihrer Verzweiflung beobachtet und allen das Weihnachtsfest verdorben. »War doch nur ein Scherz!«, hatte er protestiert, nachdem er schließlich alles aufgedeckt hatte. Sollte es diesmal auch nur ein Scherz sein?
»Köstlicher Fisch«, sagte Guy und legte Messer und Gabel ab.
»Tut mir leid wegen der Gräten.«
»Hatte keine«, beharrte er, obwohl sie gesehen hatte, wie er zwei aus seinen Zähnen gezogen hatte. Dann bat er: »Erzähl von der Frau, die das Buch schreiben will.«
»Sie hat Mum und Margaret mitgeteilt, dass sie Grans Papiere gern durchsehen würde. Aber Margaret scheint ihr nicht zu trauen.«
»Traut sie überhaupt jemandem?«
Stimmt, dachte Bud. Ihre Tante war eine außerordentlich schwierige Person. Sie schien in ihrer Verbitterung gegen alles und jeden und zu keinem klaren Urteil fähig zu sein. »Sie ist die lebendige Warnung, nie um des Geldes willen zu heiraten«, bemerkte Bud nicht gerade liebevoll.
»Also, wenn ich ehrlich
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