Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
zu löschen.«
Es gab also noch viel mehr Wörter in diesem Raum, die ebenfalls einer Entscheidung harrten.
Offenbar sah man Sarah die Sorge an, denn Jenny sagte: »Es ist eine große Verantwortung, die Sie alle jetzt haben.« Nach einer Pause: »Wo ist übrigens Ihre Schwester?«
»Sie kann nur schwer freinehmen.«
»Schwerer als Sie?«, fragte Jenny sanft aber mit deutlicher Spitze.
Sarah schwieg. Aber es war richtig. Margaret war egoistisch.
»Es wäre eine große Ehre, wenn Sie mir erlauben würden, Ihnen zu helfen!«, gestand Jenny beinahe sehnsüchtig, als spräche sie von einem unerfüllbaren Traum. Und dann sagte sie etwas ausgesprochen Seltsames: »In Situationen wie dieser lernt man gelegentlich den Verstorbenen besser kennen, als dies zu Lebzeiten möglich war. Das kann eine sehr tröstliche Erfahrung sein, glauben Sie mir.«
8
Liebe Celia, tausend Dank für den gelungenen und
unterhaltsamen Abend, an dem ich teilnehmen durfte.
Ich weiß von meiner Schwester, die Krankenwagen beim
Roten Kreuz gefahren hat (und daher einen platten
Autoreifen im Stockdunkeln in zwei Minuten
wechseln kann), dass nichts schwieriger ist, als eine
Dinnerparty zu organisieren. Darf ich sagen, dass Sie
eine äußerst bezaubernde Gastgeberin waren?
Ihr Ehemann ist ein Glückspilz. Mit den besten
Grüßen, Martin Spencer
BRIEF VOM 28. AUGUST 1946, MIT DEM POSTSTEMPEL
VON HANNOVER. GEFUNDEN UNTER BERGEN VON KRIMSKRAMS.
Am 15. August 1946 ging Celia in Tilbury an Bord der Empire Trooper , die im Rahmen der Operate Union , einem Familienzusammenführungsprogramm, Ehefrauen und Kinder der Britischen Besatzungssoldaten nach Deutschland bringen sollte. Frederick war unmittelbar nach Kriegsende nach Deutschland abkommandiert worden. Seit dieser Zeit hatten sie sich mit kurzen Treffen während seines Heimaturlaubs begnügen müssen. Zum letzten Mal hatten sie sich vor zweieinhalb Monaten gesehen.
Ein richtiges Zuhause hatten sie bisher noch nicht. Auf lange Sicht jedoch war geplant, eine permanente Residenz in England zu finden. Bis dahin hätte Celia es vorgezogen, bei ihrer Mutter in Far Point zu bleiben, doch Frederick hatte klar und deutlich gemacht, dass er wünschte, dass sie solange bei seinen Eltern in Wiltshire einzog. Natürlich verstand sie, weshalb. Auf der anderen Seite der grünen Filztür aufgewachsen, war ihr in all ihrer Bescheidenheit klar, dass sie noch eine Menge lernen musste.
Auf der langen Seereise leistete ihr Aphrodite Barclay Gesellschaft, deren Ehemann Simon, ein Jugendfreund von Frederick, ebenfalls bei Hannover stationiert war. Beide empfanden es als glückliche Fügung. Sie trafen sich bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal und waren sich trotz eines Altersunterschieds von zehn Jahren spontan sympathisch. »Wir haben uns schrecklich für Frederick gefreut, als wir von der Heirat erfahren haben«, erklärte Aphrodite. Sie kam aus einer Offiziersfamilie, und ihr angenehmes, ungeschminktes Gesicht zeigte jenen Ausdruck sonnigen Gleichmutes, der sich wohl über Generationen von Soldatenfrauen weitervererbt hatte. Es sei die Idee ihrer Mutter gewesen, sie nach der griechischen Liebesgöttin zu nennen, erklärte Aphrodite gut gelaunt wie immer.
Nach der Anlandung in Cuxhaven an der Nordwestküste Deutschlands bekamen die beiden gelbe Fähnchen und wurden zu einem gelb markierten Zug mit Ziel Hannover geleitet, wo sie in ihrem Abteil Zigaretten, Süßigkeiten und Illustrierte vorfanden. Sie wechselten erfreute Blicke, als sie sich auf den bequemen Ecksitzen niederließen. Nach den harten Entbehrungen des täglichen Lebens in Großbritannien war es ein wunderbares Gefühl, verwöhnt zu werden.
Sie genossen das Mittagessen im Speisewagen und näherten sich der ersten großen Stadt, als sie die Kinder an den Gleisen entdeckten. Bemitleidenswert ausgemergelt, in Lumpen gekleidet, machten sie die Frauen nach, stopften sich angesichts des vorbeifahrenden Zuges immer schneller imaginäres Essen in den Mund. Celia legte augenblicklich Messer und Gabel ab, doch Aphrodite zuckte nur mit den Schultern und aß mit großem Appetit ihre Würstchen mit Kartoffelbrei.
Als sie Hannover erreichten, erkannten sie entsetzt das ganze Ausmaß der Zerstörung, das die heftigen Angriffe britischer Bombergeschwader hinterlassen hatten. Von der einst schönen Residenzstadt und ihren eleganten Fassaden war nur noch ein Meer von Schutt übrig, und in den einst grünen Parks waren sogar die übrig gebliebenen Stümpfe der Bäume als
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