Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
in ihre sorgenvollen Augen zu schauen.
»Natürlich nicht.« Er konnte fast hören, wie sehr sie sich anstrengte, und hätte sie beinahe dafür geküsst. »Wir sind glücklich und haben alles, was zählt.«
»Meinst du?«, brummelte er dumpf.
»Aber natürlich! Ein tolles Familienleben und Gesundheit und … und …« Sie würde doch jetzt nicht etwa mit Mirandas Baby ankommen, oder?
» ÜBERRASCHUNG !«, brüllte er plötzlich los, sodass sie zusammenzuckte wie schon bei der Beerdigung. Er holte eine Flasche Champagner hinter dem Rücken hervor. Dann packte er sie und schwenkte sie im Walzertakt durchs Zimmer. »Hurrah!«, jubelte er und ließ den Korken knallen. Und dann zwang er sie, ein ganzes Glas zu trinken, bevor er sie aufklärte.
Mel begriff zuerst gar nichts. Er musste die Fakten mehrfach wiederholen.
»Nicht die Bohne an Schulden! Au contraire!«
»Das ist nicht dein Ernst!«
»Fast zwei Millionen Piepen im Plus. Glaub’s endlich, Herzchen!«
»Ist da schon der Verkaufspreis vom Haus inbegriffen?«
»Nee! Mummy hat richtig Geld gemacht seit Daddys Tod. Sie hat die Pflegekosten für ihn mit links zahlen können. Und damit ist noch lange nicht Schluss, weil sich die Bücher jetzt noch besser verkaufen. Natürlich müssen wir Erbschaftssteuer zahlen – aber wenn schon! Jedenfalls hat Sarah ausgesorgt, wofür sich der Blödmann Whoopee auch immer entscheiden mag. Und Margaret hat jetzt eigenes Geld, was ihre Laune bessern sollte. Wir sind reich, Mel! Gute alte Mummy! Gott hab sie selig!«
»Das ist ja schrecklich!«
Er sah sie verdattert an. »Wie bitte?«
Auch sie genoss den Augenblick. Dann klärte sie ihn auf: »Ich habe uns einen schrecklichen Fraß zum Abendessen gekocht. Einen Lauch-Kartoffel-Auflauf. Ich wollte mit dem Sparen anfangen.«
»Bring ihn her!«, forderte Robert ernst.
»Was?«
Er schnippte mit den Fingern. »Tu, was ich dir sage, Weib!«
Sie gehorchte kichernd, und er warf den Auflauf in den Mülleimer.
»Wir beide gehen heute Abend zum Essen, meine Liebe, egal, was es kostet!« Er drehte sich zu Oscar um. »Und du, mein Alterchen, kriegst morgen das beste Filetsteak deines Lebens!«
»Wir müssen die Kinder anrufen.«
Sein joviales Grinsen verdüsterte sich kurz, und sie dachte traurig, dass noch bis vor Kurzem Miranda die zweite Person gewesen wäre, mit der er diesen glücklichen Moment hätte teilen wollen. Dann verkündete er: »Morgen! Dieser Abend gehört allein uns, meine Liebste.«
»Wie schlau sie doch war!«, sagte Mel, als sie Hand in Hand das Haus verließen.
»Eine beispiellose Frau«, erklärte Robert mit einer Miene, als spräche er von einer ganz seltenen Rasse.
»Und wir haben uns nie für ihre Bücher interessiert. Ich komme mir mies vor.«
»Pass auf!«, mahnte er und zog sie beiseite, damit sie nicht in Erbrochenes auf dem Bürgersteig trat. »Sie hat ja auch nie darüber gesprochen«, erinnerte er sie vernünftigerweise. Seine Gleichgültigkeit war aus der Überzeugung entstanden, dass über erfundene Charaktere zu schreiben kein ernst zu nehmender Beruf sei. In diesem Punkt allerdings musste er ganz offenbar umdenken. Fiktion konnte extrem einträglich sein. Statt wie geplant mit seinen Memoiren anzufangen, beschloss er, sich an einem Roman zu versuchen. Wie wär’s mit einem Thriller, der in den höchsten Rängen des Militärs spielte? Heiß und erotisch, aber bedeutend … Könnte ein Bestseller werden.
»Deine Mutter war eine sehr verschlossene Person, nicht?«, bemerkte Mel nachdenklich, als sie das Restaurant erreicht hatten.
»Halleluja! Gott sei Dank!«
11
So fängt es an. Ich denke »Und wenn?«
Man gewinnt auf diese Weise eine Art Kontrolle.
Aber kommt die Sache in Fahrt, entwickeln meine
Figuren ein Eigenleben – und dann, erst dann ist es
nach meinem Geschmack. Graham Greenes Technik
der geradezu analytischen Beobachtung ist nichts für mich.
Mit denen zu sprechen, die dieses seltsame Phänomen
verstehen, bedeutet, endlich in Fluss zu kommen.
AUS EINEM NOTIZBUCH OHNE DATUM.
Am Tag nach dem Termin beim Anwalt, als sie allein war, setzte sich Margaret auf ihr elegantes Sofa im Wohnzimmer und begann, endlich einen Roman ihrer Mutter zu lesen. Sie hatte das Gefühl, ihr das schuldig zu sein, auch wenn sie das Geld nicht so nötig hatte wie Robert und Sarah.
Vielleicht war es der Titel A Good Man , der sie veranlasst hatte, sich dieses spezielle Buch vorzunehmen. Sie begann es ohne große Erwartungen. Es war immerhin
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