Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
Erfolglosigkeit und voll panischer Angst vor der Zukunft. Sie träumte von einem Mann, der sie retten würde, ohne je Charles in dieser Rolle zu sehen.
An jenem Abend allerdings war er irgendwie anders. Sie spürte Ungeduld und sogar so etwas wie Leichtsinn. »Besser wird’s nicht.« Doch was genau hatte er damit gemeint? Dass sie ein Alter erreicht hatte, in dem sie es sich nicht mehr leisten konnte, wählerisch zu sein? Wenn dem so war, dann war das der erste unfreundliche Zug, den sie an ihm entdeckte. Lieber nahm sie die Bemerkung als einen sehr persönlichen Klaps auf den Rücken. Gleichzeitig jedoch hatte sie begriffen, dass er ihr durch die Blume sagte, dass er nicht gewillt war, länger zu warten. Und plötzlich war die Aussicht, er könne aus ihrem Leben verschwinden, vernichtend und trostlos.
»Ja«, stimmte sie zu, legte Messer und Gabel ab und hatte nur noch Angst.
Er hatte sie vor ihrem Leben gerettet. So viel war sicher. Aber er war der falsche Mann, und kein noch so starker Wille oder die Vorspiegelung falscher Tatsachen konnte aus ihm den Richtigen zaubern. Was sie nicht vorhergesehen hatte, war der Schaden, den sie sich damit selbst zufügte.
Wie dumm sie gewesen war! Von der gegenwärtigen Warte aus schien man mit siebenunddreißig Jahren noch jung zu sein. Zweifellos gehörte Theo und Evie ihre ganze Liebe. Aber Frauen konnten auch noch mit über vierzig Kinder bekommen und sie allein erziehen, wie ihre Nichte Miranda das nun in der nächsten Generation demonstrierte. Sie verfluchte ihre Angst und ihre Bequemlichkeit. Aber der schwerste Vorwurf traf Charles, weil er damals ihre Verwundbarkeit ausgenutzt hatte. Sie hatte kein Mitleid mit ihm. Er hatte schließlich bekommen, was er wollte, oder?
»Gibst du mir ein oder zwei Tage Zeit, darüber nachzudenken?«, hatte sie geantwortet.
»Ich bitte dich! Ein Tag?«
»Zwei.«
Charles hatte auf seine goldene Rolex geblickt. »Das heißt also – Freitag.« Dann, zum ersten Mal, seit sie sich kannten, hatte er seine Hand auf ihre Hand gelegt, und sie hatte es ihm gestattet, bestürzt darüber, wie sehr sie zitterte.
Am nächsten Tag hatte sie überraschend ihre Eltern besucht, in der Hoffnung, die Atmosphäre einer Ehe, die ein halbes Jahrhundert überdauert hatte, würde sie die richtige Entscheidung treffen lassen. Ihre Freundinnen waren keine Hilfe gewesen. »Du kannst nicht so tun als ob«, hatte eine geraten, doch eine andere hatte schockierenderweise vorgeschlagen: »Wenn’s nicht funktioniert, kannst du dich immer noch scheiden lassen.«
Sie fand ihre Eltern beim Tee im Wohnzimmer in Gesellschaft des im Haus lebenden Krankenpflegers – einem Mann von ungefähr fünfzig Jahren namens Steve. In einer Ecke lief der Fernseher. Bilder flackerten über den Schirm wie zur Erinnerung daran, dass parallel zu Krankheit und Stagnation eine aufregende Welt da draußen existierte. Das Haus, in dem sie aufgewachsen war, war jetzt mit Rampen und Fahrstühlen ausgestattet und wurde von Fremden bewohnt. Ihr ehemals vitaler Vater war gefangen in seinem Rollstuhl, und alles an ihm deutete darauf hin, dass er keine Hoffnung mehr hatte, sein Gefängnis je wieder verlassen zu können. Dennoch behandelte die Mutter ihn mit derselben zärtlichen Fürsorge wie seit eh und je. Sie mahnte Besucher, kein Mitleid zu zeigen, betonte, sein Geist sei noch aktiv und wach wie immer, auch wenn er nicht mehr sprechen konnte – und dasselbe gelte für seinen Humor, wie sie hinzufügte, obwohl er nie mehr lächelte. Sie wachte über seine glorreiche Vergangenheit und sorgte dafür, dass Helfer und Pfleger begriffen, dass dieser stumme Kranke einst ganze Bataillone befehligt hatte.
Auch ihr Leben verlief in sehr engen Grenzen, doch sie schien das nie zu bedauern. Margaret war angesichts des strahlenden und attraktiven Aussehens ihrer Mutter verwundert. Sie trug einen hellblauen Pullover, der das Blau ihrer Augen betonte, die sich sehr klar und deutlich gegen die schöne, blasse Haut und das üppige weiße Haar abhoben. Obwohl Margaret stets ihrem Vater nähergestanden hatte, konnte sie die wunderbare Haltung der Mutter nur bewundern, mit der diese eine deprimierende Situation meisterte. Dabei hatte Margaret anfänglich Celia dafür verantwortlich gemacht, denn sie brauchte in ihrem Schockzustand und ihrer Verzweiflung einen Sündenbock. Jetzt fühlte sie sich deswegen mies. Ihr Vater war mittlerweile zwanzig Jahre ein Pflegefall, obwohl die Ärzte ihm anfänglich eine
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