Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
Überlebenschance von einem halben Jahr gegeben hatten. Das sei Zeugnis für die Macht der Liebe, sagten die Leute.
»Ich lasse euch jetzt allein, damit ihr euch unterhalten könnt«, sagte Steve und begann, das Geschirr auf ein Tablett zu stellen. Er griff nach dem letzten Kuchenstück und steckte es in den Mund. »Ungesund, aber gut! Soll ich den Fernseher ausschalten?«
»Nein, lassen Sie nur«, antwortete Celia höflich, aber kühl. »Gleich müssen die Nachrichten kommen.«
»Ja, ohne die Nachrichten tut sie’s nicht!« Er überstrapazierte den familiären Ton, strafte sie dafür, dass sie weiterhin als »Lady Bayley« angesprochen werden wollte, obwohl der General (der nicht protestieren konnte) zu »Fred« geworden war. »Ich dreh den Ton leiser, ja?« Trotzdem zögerte er, das Zimmer zu verlassen. »Zeit zum Wechseln?«, fragte er laut, hob die Decke hoch und legte damit einen Plastiksack mit sirupfarbener Flüssigkeit frei, der auf dem Fußtritt des Rollstuhls ruhte. In diesem Haus passiert rein gar nichts, erinnerte sich Margaret und wahrte Fassung. Aber Steve fürchtete, etwas zu verpassen.
Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, fragte die Mutter besorgt: »Ist alles in Ordnung, Liebes?«
»Mir geht’s prächtig«, versicherte Margaret ihr. Was außer Gesundheit sollte an diesem Ort der Krankheit das höchste Gut sein?
»Dem Himmel sei Dank.«
Sie sah, wie sich der Gesichtsausdruck der Mutter änderte, zuerst Neugier widerspiegelte, dann seltsam wissend wurde. Angst machte sich breit. Margaret umklammerte die Armlehnen ihres Stuhles. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, hier zu ihren Eltern zu kommen, die keine Ahnung von ihrem Privatleben hatten? Sie wollte sie um einen lebenswichtigen Rat bitten, ohne ihnen die Hintergrundgeschichten anzuvertrauen?
Und plötzlich hörte sie sich sagen: »Ich spiele mit dem Gedanken, zu heiraten.«
Sie brachte es nicht fertig, ihre Mutter anzusehen, konzentrierte sich stattdessen auf ihren Vater und dachte traurig daran, wie ausdrucksvoll und attraktiv seine Züge einst gewesen waren.
»Er heißt Charles Lisle. Er ist Anwalt – ein Queen’s Counsel, Anwalt der Krone.«
»Wir kennen ihn«, sagte die Mutter zu ihrer Überraschung.
»Dachte nicht, dass du dich an ihn erinnerst.« Sie hatte Charles einmal zu einer großen Familienfeier mitgebracht, aus dem Bedürfnis nach einer männlichen Stütze, und hatte geglaubt, er würde in der Menge unbemerkt bleiben.
Sie glaubte, eine Reaktion bei ihrem Vater, wie ein Zucken der Lider, zu bemerken. Vielleicht gratulierte er sich nach dem Motto: Wenigstens eine meiner Töchter macht eine gute Partie .
»Er besitzt ein Haus in Chelsea und ist zwei Jahre älter als ich.«
»War er schon mal verheiratet?«, fragte Celia.
Ein komischer Laut entrang sich der Kehle ihres Vaters – der wie ein unterdrücktes Stöhnen klang. Aber ihre Mutter achtete nicht darauf.
»Nein, nie.«
Ihre Mutter runzelte die Stirn, und ihr Blick wanderte zum Fernsehapparat in der Ecke. Das Bild einer riesigen Menschenmenge flackerte über den Schirm, ein Meer blauer Fahnen, und ein aufgeregter Kommentator. Sie sagte: »Ich frage mich, warum nicht?« Aber das klang so, als habe sie ihre Aufmerksamkeit bereits anderen Dingen zugewandt.
Dann nieste Frederick mehrmals kurz hintereinander, und sie hatte umgehend ein sauberes Taschentuch zur Hand und putzte ihm behutsam die Nase. Margaret erinnerte sich, wie sie sich stets in der Gegenwart der beiden gefühlt hatte. Als Kind einer glücklichen Ehe war man verloren: Man bekam die perfekte Rollenverteilung vor Augen geführt, ohne je hoffen zu können, etwas Ähnliches zustande zu bringen.
Gereizt und ohne die Folgen zu bedenken, sagte sie: »Er hat auf mich gewartet.«
Damit war ihr die Aufmerksamkeit ihrer Mutter wieder sicher. »Gewartet?« Celia stand auf und schaltete trotz der Nachrichten den Fernsehapparat aus. Dann stellte sie sich vor das Gerät, während Margaret mit gesenktem Blick und hängenden Schultern in ihrem Stuhl kauerte und die Macht dieses prüfenden Blicks auf sich spürte.
»Liebst du ihn?«
»Er war sehr gut zu mir«, erwiderte Margaret.
»Liebes, bitte!«
Sie hörte die Sorge in der Stimme ihrer Mutter, hielt den Blick jedoch energisch auf ihren Vater gerichtet. Sie redete sich ein, hinter den krampfhaft zuckenden, wütend verzerrten Zügen seine Persönlichkeit zu spüren. »Er ist ausgesprochen großzügig«, versicherte sie ihm. »Und lieb.«
Sie hörte
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