Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
hatten, wobei die Zuneigung der beiden füreinander so offensichtlich gewesen war wie der Nebel, der vom Meer herwehte. Erst viele Jahre später begriff sie, dass eine solche Freundschaft nur in Kriegszeiten möglich gewesen war, auch wenn sie, zumindest in einer Hinsicht, heute mehr gemeinsam hatten. Priscilla, die Bets Versessenheit auf Sex einst verurteilt hatte, war seiner Macht jetzt selbst erlegen.
Falls sie jedoch gehofft hatte, Bet zu beeindrucken, hatte sie sich getäuscht. Bet interessierten ihre Geschichten über Giles Frenchs Talente als Liebhaber nicht im Geringsten. »Aber du hast ein Kind!«, lautete ihre spontane Reaktion. »Wie konntes t du nur deinen Sohn verlassen?«
»Ist doch nur vorübergehend«, protestierte Priscilla. »Außerdem hat er eine Kinderfrau. Und ich hole ihn zu mir, sobald die Dinge geklärt sind.«
»Könnte schwierig werden«, hatte Bet grimmig geunkt. »Du hast ihn verlassen. Schon vergessen? Und du hast ihn betrogen.«
Priscilla zögerte, versuchte, sich zu beherrschen. Es gelang ihr nicht. »Sag mal, wie redest du? Ausgerechnet du?« Aus Enttäuschung wurde sie gemein, denn sie hatte längst erraten, was Bet so unzufrieden machte. »Und was weißt du schon darüber, was es heißt, Mutter zu sein?«
An diesem Punkt war Celia eingeschritten. »Ich fürchte, Bet hat recht. Wenn dein Mann so wütend ist, wie du sagst, gibt er deinen Sohn nicht so einfach frei.«
»Archie«, verbesserte Priscilla mit stockender Stimme. »So lautet sein Name – Archibald Arthur Edward George. Und ich liebe ihn mehr, als du das vermutlich verstehen kannst, Bet. Aber ich sterbe lieber, als in dieses Ehegefängnis zurückzukehren.« Dann hatte sie mit einem bedeutungsvollen Blick auf Celia und Bet tonlos hinzugefügt: »Ihr könnt euch glücklich schätzen, nicht zu wissen, was das heißt.«
17
Mein Liebling! Es war wunderbar, dass Du mich
gerade jetzt telefonisch erreicht hast, und so gut,
Deine geliebte Stimme zu hören. Verzeih mir,
dass ich Dich in diesen schwierigen Zeiten mit
Priscillas Sorgen behelligt habe, und ich danke Dir
für Deinen guten Rat. Du kannst beruhigt sein.
Hier bei uns ist alles in bester Ordnung.
Die Kinder sind Engel. Ich sehne mich nach dem Tag,
an dem Du nach Hause kommst.
BRIEF AN FREDERICK AUF EINFACHEM PAPIER OHNE BRIEFKOPF,
UNDATIERT, DOCH SICHER AUS DER ZEIT, ALS SEIN BATAILLON MIT DEN
FRANZÖSISCH-ENGLISCHEN TRUPPEN IN SUEZ DIENTE.
AUFBEWAHRT, ABER AUS UNERFINDLICHEM GRUND NIE ABGESCHICKT.
»Er ist doch Mitglied des Hochadels, stimmt’s?«, erkundigte sich Frederick. »Das könnte für ihn ein Vorteil sein. Und ein Nachteil für Priscilla. Schließlich … tut mir leid, Liebes, ich habe den Namen des Jungen vergessen …«
»Archie«, half Celia ihm auf die Sprünge. »Er heißt Archie.«
»Danke. Schließlich ist Archie sein Sohn und Erbe. Ich schlage vor, dass sie sich einen guten Anwalt nimmt.«
In der knackenden Telefonleitung klang seine Stimme angestrengt, aber wie immer waren sie unfähig, das zu besprechen, was ihnen beiden am Herzen lag: Die gegenwärtig so leidenschaftlich geführte Debatte über die Intervention am Suezkanal. Celia fand es geschmacklos, dass Zeitungen Schlagzeilen wie »Recht geht vor Krieg« veröffentlichten, während so viele Männer ihr Leben dafür riskierten. Dabei wusste sie, dass Frederick nicht einmal in ihrem warmen Bett über seine Arbeit mit ihr sprechen würde. Er war vor allem Soldat und erst an zweiter Stelle Ehemann, und wie jede andere Offiziersfrau hatte sie gelernt, das zu respektieren.
»Kennst du vielleicht jemanden?«, fragte sie ängstlich bemüht, ihn nicht zu sehr zu drängen.
»Wen?«
»Einen Anwalt. Entschuldige, Liebling. Es geht ihr nicht gut. Ich möchte gern helfen, wenn das möglich ist.«
Am anderen Ende wurde es kurz still. Sie spürte seine Ungeduld und wie unangemessen es war, ihn in anstrengenden Krisenzeiten damit zu behelligen. Aber vielleicht ahnte er, was »es geht ihr nicht gut« wirklich bedeutete. Vielleicht erinnerte er sich auch an sein Versprechen, ihre Freundschaft zu fördern. Vielleicht dachte er auch, je schneller Priscilla ihre Angelegenheiten ordnete, desto eher würde sie wieder ausziehen. »Sieh bitte in meinem Schreibtisch nach«, antwortete er. »Der Schlüssel liegt unter dem Briefbeschwerer. In der ersten Schublade unten findest du zuoberst einen blauen Aktenordner. Darin steht die Telefonnummer unseres Anwalts. Er ist der Einzige, der mir einfällt, der die
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