Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
aus. Männer!« Bet gab einen seltsam bellenden Laut von sich. »Ich weiß, als was ich das nächste Mal auf die Welt kommen möchte!«
»Ich habe Fotos gesehen. Er war ein unglaublich attraktiver Mann.«
»Sehr richtig!« Bet seufzte. »Der bestaussehende Mann weit und breit – und wir konnten uns schließlich bei der halben Marine bedienen!« Sie kicherte. »Ein schlaues, kleines Mädchen, hat Priscilla sie damals genannt. Aber Celia war nicht so. Sie war genauso überrascht wie alle anderen.« Ihr zauberhaftes junges Lachen blitzte wieder auf. Die übellaunige alte Frau, die die Tür geöffnet hatte, war kaum wiederzuerkennen.
»Kein Wunder, dass sie mit Liebesromanen angefangen hat«, sagte Jenny. Eine hübsche Dienstbotentochter, kaum dem Kindesalter entwachsen, hatte die Aufmerksamkeit eines gut aussehenden, adeligen Armeeoffiziers erregt. Wie Sarah bei ihrer ersten Begegnung unbewusst so treffend bemerkt hatte, war es der reinste »Kitschroman« gewesen.
»Hm.« Bets Blick richtete sich in die Ferne, während sie ihre Katze streichelte.
»Und wie sie ihn dann all die Jahre bis zum Ende gepflegt hat«, fuhr Jenny ermunternd fort. »Eine echte Liebesgeschichte …« Jenny beobachtete ihr Gegenüber aufmerksam und wünschte sehnlichst, Bet würde die Erinnerungen mit ihr teilen, die ihr durch den Kopf gingen: Die Momentaufnahmen aus dem Leben eines scheuen jungen Mädchens, das sich zu einer berühmten Schriftstellerin entwickelt hatte. Sie ergriff die Gelegenheit, die ihr dieser entspannte, nostalgische Augenblick zu bieten schien. »Interessant, dass in den Artikeln nach ihrem Tod seine erste Frau Katharine nie erwähnt wurde. Was für eine Tragödie! Die beiden waren ja nur ganz kurz verheiratet!« Sie starrte dabei auf ihr Notizbuch und versuchte, sich an die Details zu erinnern. Katharine Elizabeth Bayley, geborene Cooper-Seymour, geboren 1915, hat 1935 geheiratet und ist im Januar 1937 gestorben . Erneut war es Sarah gewesen, die ihre Aufmerksamkeit in die richtige Richtung gelenkt hatte, mit der beiläufigen Information, dass ihre Eltern in Caxton Hall geheiratet hatten. Nachdem eine Routineüberprüfung der behördlichen Unterlagen überraschenderweise eine erste Ehefrau zutage gefördert hatte, war die Quelle noch weiter gesprudelt: Frederick hatte es unterlassen, Katharine in seinem Eintrag im »Who’s Who« zu erwähnen. Dennoch konnte kein Zweifel bestehen, dass Celia von ihr gewusst haben musste, denn in der Heiratsurkunde war Frederick Bayley unter der Rubrik »Familienstand« mit »Witwer« verzeichnet. Die Frage war, weshalb sie ihren Kindern auch diese Tatsache verschwiegen hatte. Wenn das jemand erklären konnte, dann allein Bet.
Das Nächste, das Jenny hörte, war ein Poltern. Bet musste sehr abrupt aufgestanden sein und dabei einen kleinen Beistelltisch umgestoßen haben. Die Katze war verschwunden. »Raus hier!«, brüllte sie.
»Wie bitte?«
»Sofort!« Sie bebte vor Wut. Mit einem Lächeln war nicht mehr zu rechnen. Sie sah so uralt aus, wie eine sechsundachtzigjährige Frau nur aussehen konnte.
»Entschuldigung, was ist los?«, stammelte Jenny ehrlich verblüfft.
»Schämen Sie sich! Abschaum!«
»Ich muss doch bitten!«, rief Jenny. »Sicher können wir …«
Aber Bet fiel ihr ins Wort: »Verpissen Sie sich!«, röhrte sie und griff nach ihrem Stock. Fassungslos beobachtete Jenny, wie sie ihr damit drohte.
»Keine Sorge, ich gehe schon.«
»Abhauen, habe ich gesagt.« Bet schwang den Stock erneut, verlor das Gleichgewicht und plumpste in den Sessel zurück.
»Ich bin schon weg«, versprach Jenny und packte Notizbuch und Handtasche.
Eine Minute später stand sie draußen auf der Straße. Seit Jahren war ihr so etwas nicht mehr passiert, und sie merkte erstaunt, wie sehr der Vorfall sie erschütterte. Doch lange hielt sie sich damit nicht auf. Ihr Jagdfieber war erneut erwacht. Ihr Instinkt hatte sie nicht getäuscht. Unter der anscheinend so glatten Fassade brodelte eine gute, skandalträchtige Story. Warum sonst sollte Bet plötzlich derartig aus der Haut fahren? Die erste Ehefrau war demnach ein Tabu … Roch das nach Skandal oder eher nach Tragödie? Dabei fiel ihr etwas ein! Hatte Celia Bayley in ihrem ersten Roman nicht über eine ehebrecherische, herzlose Exehefrau geschrieben?
Nur eine halbe Stunde zuvor hatte Jenny die Information bestätigt gefunden, dass Celia Kindheit und Jugend keineswegs als privilegiertes Mitglied der Gesellschaft verbracht hatte. Das
Weitere Kostenlose Bücher