Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)
nur »dann bis bald« gesagt. Aber das ist doch fast dasselbe, oder?
»Komm schon, mir kannst du nichts vormachen.«
Ich schaue mich auf dem Schulhof um, weil ich nicht will, dass jemand mitbekommt, worüber wir sprechen. Es ist Mittagspause und wir sitzen wie gewohnt auf unserer Bank. Sie steht weit genug weg von den Tischen und wenn man nicht zu laut spricht, kann einen dort niemand hören. »Aber ich kenne ihn doch kaum«, wende ich ein, »und außerdem ist gar nichts passiert.«
»Gar nichts?«, fragt Rayne und grinst verschwörerisch. »Keine zufällige Berührung, als ihr beide gleichzeitig nach dem Salzstreuer greift? Keine sehnsuchtsvollen Blicke?«
»Du guckst zu viele Filme. Wir haben Pasta gegessen und dann hat er mich zum Bus gebracht.« Allerdings kann ich mich an den Geschmack der Pasta nicht im Geringsten erinnern, genauso gut hätte ich Pappe essen können. Mein Blick schweift über den Schulhof. »Griffon ist irgendwie anders«, sage ich. »Nicht wie die Jungs hier.«
»Hat er wenigstens nach deiner Nummer gefragt?«
»Ja«, antworte ich nur und behalte für mich, dass ich seit gestern Abend mindestens eine Million Mal mein Handy gecheckt habe.
»Dann ist ja alles gut«, sagt Rayne, stochert in ihrem Bohnensalat herum und schielt auf mein Lunchpaket. »Isst du den noch?«
Ich gebe ihr meinen Schokokeks.
»Hi Mädels.« Gabi ist herübergekommen und lässt sich neben Rayne auf die Bank fallen. Seit meiner Rückkehr habe ich sie kaum gesehen. »Na, redet ihr gerade über Jungs?«
»Über einen ganz bestimmten, und zwar einen besonders gut aussehenden«, klärt Rayne sie auf. »Cole hat ihn in den Ferien kennengelernt.«
»Uuuh … die gut aussehenden sind natürlich die besten.«
»Könnt ihr mal damit aufhören?«, unterbreche ich die beiden. Je mehr wir darüber sprechen, desto nervöser werde ich. Ich packe mein Sandwich aus und versuche es mit einem Themenwechsel.
»Wie waren deine Ferien?«
Gabi wühlt in ihrem Rucksack nach ihrer Lunchbox. »Ach, langweilig. Meine Cousinen aus Mumbai sind zu Besuch und wir haben die Touri-Attraktionen abgeklappert: Alcatraz, Fisherman’s Wharf, Union Square. Ein Foto nach dem anderen von Leuten vor Sehenswürdigkeiten, bis zum Erbrechen.«
»Immer noch besser als bei mir«, sagt Rayne. »Wir haben an der Küste gecampt, es war dreckig und kalt.« Sie schüttelt sich bei der Erinnerung daran. »Was ist auf deinem Sandwich, Cole?«, fragt sie, immer auf der Jagd nach einer Alternative zu den Weizenkeim- und Tofu-Kreationen, die ihre Mom sich ausdenkt.
»Thunfisch. Willst du eine Hälfte?«
»Hm, ich glaube nicht. Habe neulich erst gelesen, dass die Thunfischbestände völlig überfischt sind«, sagt sie enttäuscht.
Ich kaue bedächtig und bereite mich innerlich darauf vor, mich von der Hälfte meines Lieblingssandwiches zu verabschieden. Rayne gelingt es immer wieder, mir ein schlechtes Gewissen wegen meiner köstlichen Lunchpakete zu machen. »Schleppnetzfrei gefischt«, sage ich aufmunternd.
»Hilft auch nichts mehr«, antwortet sie. »Mittlerweile gibt es nur noch so wenige Thunfische, dass sie in fünf Jahren ganz verschwunden sein werden, wenn man nichts unternimmt. Für immer – so wie die Einhörner.«
Gabi und ich wechseln einen Blick. »Einhörner?«, fragt Gabi.
»Ja«, gibt Rayne zurück, »du weißt schon. Die Höhlenmenschen haben die Einhörner so lange gejagt, bis sie irgendwann ausgestorben sind.«
Ich mag Rayne sehr, doch manchmal kann sie beängstigend naiv sein. Ihre künstlerische Begabung ist wirklich beeindruckend, aber von der Realität hat sie keinen blassen Schimmer.
»Rayne«, beginne ich vorsichtig, »du weißt schon, dass es niemals Einhörner gab? Außer im Märchen natürlich.«
Rayne schaut mich verwirrt an. »Natürlich gab es Einhörner. Sie sind nur vor Tausenden von Jahren ausgestorben.«
Gabi klopft ihr auf die Schulter. »Wie gut, dass du im Grunde ein kluges Mädchen bist.«
»Wieso denn? Gram hätte mir das nicht erzählt, wenn es nicht wahr wäre«, sagt Rayne mit solcher Überzeugung, dass Gabi und ich trotz größter Bemühungen nicht länger an uns halten können und losprusten.
»Tut mir leid«, sage ich und nehme einen letzten Bissen. »Nie wieder Thunfisch, versprochen.«
Gabi öffnet den Deckel ihrer kleinen Thermobox und uns weht ein starker, würziger Duft an.
»Was ist das?«, fragt Rayne und beugt sich zu ihr herüber, um einen Blick zu erhaschen. »Riecht fantastisch.«
»Das ist
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