Fuer immer nicht hier
haben. Auch war es nicht möglich, dass irgendein Mensch nachts in ihr Zimmer gekommen war, denn sie hatte die Tür von innen verschlossen und den Schlüssel stecken lassen. Das Fenster war auch fest verriegelt. Außerdem wusste ja niemand etwas von dem Mal auf ihrer Brust. Sie spürte, dass jemand oder etwas Körperloses ihr die Kette vom Hals genommen und sie in dieser speziellen Form auf ihren Nachttisch gelegt haben musste.
Der Tag war vorüber ehe sie sich versah. Nachdem sie zu Bett gegangen war, erwartete sie eine weitere Erfahrung:
In ihrem Traum befand sie sich in einem quadratischen Raum, der einen religiösen Zauber versprühte. An der linken Wand stand ein Altar, auf welchem ein großes Jesusbild platziert war. Vor diesem kniete sie nieder, blickte dem Sohn Gottes tief in die Augen und gab ihm einen einzigen Kuss.
In der Tür, welche von außen in den Raum führte, stand Romeo. Er hatte keine Erlaubnis, den Raum zu betreten, durfte Nadia allerdings auch nicht hinausgehen lassen.
Nachdem sie das Jesusbild geküsst hatte, kam Marina, welche sie zuvor dazu gezwungen hatte, mit dem Polizisten zu reden, aus einer anderen Tür, welche in einen weiteren, größeren Raum führte. Aus jenem drang eine dunkle, mystische Atmosphäre sowie beschwörendes Gemurmel von Dr. Antonio höchstpersönlich.
Marina wandte sich an Nadia: „Komm‘ jetzt Nadia, es ist Zeit“, tönte es nicht weniger beschwörend aus Marinas Mund, als sie Nadia mit einer Handbewegung den Weg in den anderen Raum wies. An diesem Punkt endete der Traum.
Nadia wachte sofort mit einer Gänsehaut am ganzen Körper auf. Sie fragte sich, was dies nun wieder zu bedeuten hatte. Zwei Gedanken gingen ihr durch den Kopf: Der Traum konnte eine Art Zeremonie gewesen sein, um sie in die Zusammenarbeit mit Dr. Antonio einzuweisen. Das war die erste Möglichkeit, die ihr in den Sinn kam. Die andere jedoch war sehr furchteinflößend: Es konnte sich auch um ein sogenanntes Nah-Tod-Erlebnis gehandelt haben, welches sie auf ihren bevorstehenden Tod vorbereiten sollte. Dieser Gedanke wurde umso stärker, als sie sich daran erinnerte, Jesus in jenem Traum einen einzigen Kuss gegeben zu haben. Sie hatte vor einer halben Ewigkeit einmal gehört, dass ein solcher Traum den Tod des Träumers verheißen soll. Außerdem war die Atmosphäre des anderen Raumes in jenem Traum enorm dunkel und schwer gewesen.
Auch Romeos Worte kamen ihr wieder in den Sinn. Einst hatte er ihr Schauergeschichten über Dr. Antonio erzählt. Dieser würde Opferrituale der schwarzen Magie abhalten und hierfür meist Hühnern die Kehle durch schlitzen, um sie dem Teufel zu opfern. Jene Geschichten waren so schrecklich gewesen, dass sie sie nicht hatte vergessen können, auch wenn sie sich über deren Wahrheitsgehalt nie sicher gewesen war.
„Was, wenn Dr. Antonio mich dem Teufel zum Fraße vorwerfen will ?“, überlegte sie.
Angst überkam sie. Angst davor, ausgeliefert zu sein. Angst davor, den falschen Menschen zu vertrauen.
Sie erinnerte sich ebenso an ihre Bitte, die sie einst Gott gegenüber geäußert hatte:
„Bitte, lieber Gott, lass mich sterben. Oder gib mir ein Zeichen, wenn es noch irgendetwas Wichtiges für mich zu erledigen gibt." Sie verstand auf einmal, dass sie den Allmächtigen damals womöglich um einen fatalen Gefallen gebeten hatte. Womöglich war er gerade dabei, ihr diesen zu erfüllen.
„Was, wenn die Zeichen, die mich hierher, nach Brasilien, geleitetet haben, mich direkt in mein Ende führen sollten?“
Auf dem spirituellen Weg muss man eben auch lernen, aus dem Weg zu gehen, sich von Gott führen zu lassen und seiner inneren Stimme zu folgen. Anfangs kann dies schwierig sein und manch einer findet sich in einer Art Zerreißprobe wieder. Es braucht etwas Zeit und Übung, die Botschaften klar deuten zu können, die einem von der Quelle aller Existenz offenbart werden.
18 Ich bin dir gefolgt
Nadia war nach Guarinhia zurückgekehrt. Sie hatte Romeo verlassen, doch jeden Tag vermisste sie ihn mehr. Es war nicht ihr Herz, das sich nach ihm sehnte. Es war der süchtige Teil ihrer Persönlichkeit, der die Droge Romeo wieder konsumieren wollte. Sie vermisste ihn auf dieselbe Art, wie ein Raucher zunächst die Zigaretten vermissen wird, wenn er dem Tabakkonsum abschwört.
Manchmal war es unerträglich, besonders dann, wenn diese intensive Sehnsucht von einem Liebeslied im Radio begleitet wurde. Hätte sie sich nicht zusammengerissen, hätte sie in diesen
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