Fuer immer nur du
viel bessere Mutter sein als ihre eigene. Das musste eben reichen.
Kira selbst war von Fremden erzogen worden, die nach bestem Wissen und Gewissen versucht hatten, sie mit Lob und Tadel erfolgreich durchs Leben zu führen. Man konnte ihren Kindermädchen nicht nachsagen, sie hätten nicht versucht, ihr Herzlichkeit entgegenzubringen. Trotzdem war das kein echter Ersatz für eine eigene Familie gewesen. Nie hatte Kira einen richtigen Geburtstag gefeiert oder ein traditionelles Weihnachtsfest erlebt. Kein Mensch hatte sich ernsthaft um sie gesorgt.
„Was geht da nur in deinem hübschen Köpfchen vor sich?“, erkundigte sich André.
Ihm die Wahrheit zu sagen, hätte den wunderbaren Augenblick verdorben, also entschied Kira sich für ein Ausweichmanöver.
„Ich denke darüber nach, wie schön sich das hier anfühlt“, erwiderte sie wahrheitsgemäß.
„Das stimmt.“ Er hatte einen Arm um sie gelegt, und seine Hand ruhte auf ihrer nackten Brust.
„Küss mich noch einmal!“, bat sie und schob ihre Finger in seine Haare, um ihn an sich zu ziehen. Natürlich würde sie ihm nicht anvertrauen, dass sie sich keinem anderen Menschen auf dieser Welt jemals innerlich so verbunden fühlte wie ihm.
„Mit Vergnügen.“
Ihre kleine Affäre war eine Flucht vor der Wirklichkeit, das durfte Kira nicht vergessen.
Er flüsterte etwas auf Französisch und zupfte leicht mit den Lippen an ihrem Ohrläppchen.
Ich liebe ihn, dachte sie überwältigt. Es fühlte sich an wie ein Neuanfang, obwohl es natürlich keiner war. Trotzdem wollte Kira diese Hoffnung nicht loslassen. Sie brauchte André und wusste selbst nicht genau warum. Nur eines war ihr vollkommen klar: Sie gehörten zusammen, ganz gleich, ob sie es schafften, dieses Schicksal jemals auszuleben.
Sie wünschte sich die Ewigkeit.
Aber dieser Wunsch konnte nicht in Erfüllung gehen. Sie spürte, wie sich André gegen das wehrte, was sich allmählich zwischen ihnen entwickelte. Man erkannte es deutlich in seinem Blick, der sich immer genau dann verschloss, wenn die Situation eigentlich besonders innig oder sensibel war. An diesen Punkten erhoffte sich Kira insgeheim, er würde etwas tun oder sagen, dass ihre Beziehung zueinander festigte.
Manchmal hatte sie den Eindruck, aus dem Verhältnis Gefangene und Entführer – gespickt mit Misstrauen, Vorwürfen und Vergeltungsfantasien – entstand beinahe etwas wie Freundschaft. In vielen Punkten waren sie sich ähnlich, interessierten sich für die gleichen Dinge oder hatten sogar denselben Humor.
Aber dann zerstörte André diesen Anflug von Frieden mit einer einzigen Geste oder einem einzigen Wort. Es war zum Verzweifeln! Immer wenn man ein kleines Stück vom Glück zu fassen bekam, entglitt es sogleich wieder und zerrann zwischen den Fingern.
Vielleicht sollte Kira einfach Nägel mit Köpfen machen und dem Schicksal etwas auf die Sprünge helfen? Offene Worte konnten so manches Mal auch unerkannte Missverständnisse bereinigen oder berechtigte Zweifel ausräumen.
Im Grunde waren sie schon viel zu lange umeinander herumgeschlichen und hatten sich ständig wieder in denselben Anschuldigungen verloren. Das brachte weder sie noch ihn weiter, und ganz sicher führte es zu keinem guten Ende.
Eine neue Strategie muss her, beschloss Kira. Am besten war, wenn sie sich innerlich darauf vorbereitete, Andrés Abwehrreaktionen auszuhalten und auszubremsen, während sie dabei konstant weiter auf ihn eindrang. Irgendwann würde er schon einsehen, wie sinnlos es war, an alten Gedankenmustern festzuhalten. Und dann konnte sie seinen Verstand darauf vorbereiten, mit neuen, positiven Erfahrungen in Bezug auf ihre Person erfüllt zu werden.
Sie musste sich nur ein Herz fassen und den Anfang machen, bevor es für sie beide zu spät war.
„Ich …“ Bevor sie etwas sagen konnte, warf André sich über sie.
„ Sacrebleu! Paparazzi!“
Mit einem weiteren Fluch auf den Lippen streckte er den Arm aus, riss an einem dünnen Seil, und sofort rauschte eine Bambusblende nach unten, die neben der Sitzgruppe befestigt war, in der auch ihre Hängematte schaukelte.
Aus dem Augenwinkel sah Kira für den Bruchteil einer Sekunde den goldenen Lack eines Schnellboots in der Sonne aufblitzen. Wie lange waren diese Presseleute schon dort draußen?
Hastig warf André ihr sein T-Shirt zu. „Zieh das an!“
Schnell schlüpfte sie hinein, während er in seine abgeschnittenen Jeans sprang. Dann zog er Kira an der Hand hinter sich her in Richtung
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