Für immer tot
Fußballer, Max, kein Totengräber.
– Du bist Pensionist, Baroni, und ich brauche deine Hilfe. Jetzt komm schon.
– Ich kann nicht, Max.
– Wir müssen das Grab fertig machen.
– Sicher nicht, Max, ich kann la Ortega in dem großen Bett hier nicht alleinlassen.
– Tilda. Du wolltest mir helfen.
– Ach du Scheiße.
– Genau.
– Gibt es was Neues?
– Nein.
– Ich komme.
– Die Suchmannschaften gehen bald los.
– Sie haben sie gepeilt?
– Sie sind dabei, Paul sagt, es ist schwierig. Sobald sie fertig sind, starten sie mit der Suche.
– Hat Paul noch einmal mit ihr telefoniert?
– Während ich geschlafen habe.
– Und?
– Nichts und. Sie kauert irgendwo im Dunklen und wartet, bis wir sie da rausholen. Also beeil dich.
– Ich bin quasi schon bei dir.
– Sie wird das nicht lange durchhalten.
– Doch, wird sie.
– Sie hat das zu Paul gesagt.
– Sie schafft das.
– Ich will dabei sein, wenn sie sie finden.
– Das wirst du. In zwei Minuten bin ich unten.
Schaufel für Schaufel fällt die Erde nach oben. Baroni folgt den Anweisungen, klemmt Schalbretter zwischen die Gräber, schützt die anliegenden Grabsteine, schraubt Zwingen auf und zu und steigt hinunter zu Max. Gemeinsam graben sie, gemeinsam sorgen sie dafür, dass keine Erde einbricht, dass die alte Frau kurz nach Mittag tief unten ankommen kann.
Bis vor einem halben Jahr hatte Max einen Gehilfen, ein Gemeindearbeiter, der mit ihm gemeinsam für den Friedhof zuständig war. Jetzt ist er allein für den Friedhof verantwortlich, er versicherte dem Bürgermeister, die Arbeit auch ohne Helfer zu schaffen. Er will seine Ruhe, niemanden um sich haben, keinen, der zu viele Fragen stellt, zu viel redet. Dass das Gesetz etwas anderes sagt, ist ihm egal.
Beim Graben muss man zu zweit sein, sagt es.
Darauf geschissen, sagt Max.
Sein Vater hat dreißig Jahre lang alleine gegraben, das reicht als Argument. Trotzdem ist er jetzt froh, dass Baroni da ist, dass er ihm hilft, dass er das Grab in zwei Stunden fertig hat statt in vier. Er darf keine Zeit mehr verlieren. Max sticht zu. Er hebt die Erde nach oben. Bei 1,40 Meter läutet das Telefon. Es ist Paul.
Wir wissen, wo wir suchen müssen, sagt er. Ungefähr.
Bei 1,45 Meter wirft Max die Schaufel in die Ecke, sie decken das Grab mit Schalbrettern zu und rasen los.
Max und Baroni über die Landstraße.
Angst fährt mit.
Vier
– Was soll das, Paul?
– Wir tun alles Menschenmögliche, glaub mir.
– In einem Umkreis von acht Kilometern, das ist Wahnsinn.
– Wir können sie nicht genauer orten, wir wissen, bei welchem Masten sie eingeloggt ist und welchen Durchmesser die Zelle hat, aus der sie sendet. Acht Kilometer, wir sind am Land, Max, das Netz ist nicht so dicht, der Empfang ist schlecht, wir können nicht mehr tun, wir müssen sie suchen, Menschenketten, wir haben alles mobilisiert, was Beine hat.
– Das darf nicht wahr sein, was ist das für eine Scheiße, Paul, es ist 2011, bald frühstücken wir am Mond, und ihr seid nicht in der Lage, dieses Scheißhandy zu orten.
– Mir wäre auch lieber, es wäre anders.
– Scheißdreck.
– Schau dich um. Wir haben fünfhundert Mann hier, und zusätzliche fünfhundert für die Nacht, Polizisten, Rettung, Militär, Hubschrauber, Hunde, wir suchen, bis wir sie finden.
– Es muss doch eine Möglichkeit geben, das Handy genauer zu orten.
– Leider, Max. Der Netzbetreiber sagt uns nicht mehr.
– Das kann doch nicht sein.
– Ein Spezialteam aus Wien kommt.
– Und?
– Die versuchen das Signal einzugrenzen.
– Wie lange dauert das?
– Es ist unter diesen Bedingungen unwahrscheinlich, dass sie es schaffen.
– Wie lange, Paul?
– Einen Tag, vielleicht auch drei, aber wie gesagt unwahrscheinlich, dass sie es unter diesen Bedingungen überhaupt schaffen. Es spricht hier alles gegen uns, die Schluchten, die schlechte Sendeleistung.
– Und jetzt?
– Stell dich in die Reihe und hilf uns suchen.
Unzählige Menschen gehen über eine Wiese. Vor ihnen ein Wald. Schritt für Schritt, eine Kette aus Menschen, Baroni und Max mitten unter ihnen. In der Luft kreisen zwei Hubschrauber. Vielleicht zwanzig Kilometer vom Dorf entfernt betreten sie den Wald, in einer Reihe die Beine, jedes Stück Boden wird mit aufmerksamen Augen abgesucht, jede Tannennadel wird umgedreht, sie suchen nach frischer Erde, nach einem Loch, das zugemacht wurde, abgedeckt, mit Ästen vielleicht, mit Steinen. Sie suchen nach dem Rohr, durch
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