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Für immer tot

Für immer tot

Titel: Für immer tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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hecheln, sie sind wie Geier, die kreisen, die zuschlagen, sobald sie den Tod nur riechen.
    Der Täter muss sein Opfer gekannt haben, sagen sie, es muss sich um Rache handeln, dass sie zufällig ausgewählt worden war, daran glaubt niemand. Sie reden über sie. Journalisten, die mit tragischen Mienen in die Kameras schauen, Journalisten, die andeuten, was passieren kann, die die Fernsehzuschauer und Leser mit schlimmen Aussichten bei der Stange halten, eine tote Kommissarin verkauft sich noch besser als eine gerettete. Sie benutzen sie, sie stopfen ihr Sommerloch, sie werfen alles, was sie haben, in die Schlacht, Sondersendungen, Reportagen, Interviews, Tilda steigert die Einschaltquoten, Tilda bringt Leser, Seher, Tilda Broll ist der neue Star, über den jeder spricht.
    Niemand im Land kann es sich erklären, kann diese Grausamkeit nachvollziehen. Kopfschüttelnde Menschen vor den Fernsehern, auf den Straßen, in den Gasthäusern, sie geben Tipps ab, manche wetten. Sie wird überleben. Sie wird sterben. Tildas Leben ist plötzlich öffentlich geworden, alles von ihr. Tilda in ihrer Kiste irgendwo am Land.
    Max schaltet das Radio aus.
    Er erträgt es nicht mehr, wie sie über sie reden, er will nichts mehr hören, er will, dass sein Telefon aufhört zu läuten, dass ihn die Reporter in Ruhe lassen, dass sie ihre Fragen für sich behalten, ihre Neugier. Er wird mit niemandem reden. Auch mit seinen ehemaligen Arbeitskollegen aus Wien nicht. Auch sie haben ihn angerufen, ihn um ein Interview gebeten, um Details, um Informationen, die ihnen einen Vorsprung verschaffen, aber Max hat nein gesagt. Kurz und knapp hat er den Chefredakteur der Zeitung enttäuscht, bei der er Karriere hätte machen können.
    Max hatte sich damals für das Dorf entschieden, für einen vernünftigen Beruf, für etwas Handfestes. Er wollte keine Fragen mehr stellen, keine Fragen zu Entführungen, Vergewaltigungen, Überfällen und Skandalen. Er wollte bei seinem Vater sein, er hatte begriffen, wie dreckig die Welt war, wie sehr sie auf dem Leid anderer aufgebaut war.
    Ich kann nicht, hat er gesagt. Damals und heute.
    Max schaut aus dem Fenster.
    Die Welt schaut aus wie immer, nichts wirkt bedrohlich, die Wiesen wissen nichts von dem, was passiert, die Bäume und Sträucher, sie haben keine Ahnung, was mit Tilda ist, dass sie Angst hat, Hunger, dass sie ihre Beine nicht bewegen kann. Nichts davon. Nicht, ob sie überleben wird. Es sind nur Bäume, die an ihm vorüberziehen, einfach nur Landschaft.
    Max will ankommen. Er will aussteigen und mit Wagner reden, er will wissen, was dahintersteckt. Paul hat ihnen gesagt, wohin sie müssen, er wollte Max davon abhalten, er hat auf ihn eingeredet, ihm gesagt, dass es Unsinn ist, er hat ihn gebeten zu bleiben, ihn gebeten, weiter mit den Suchmannschaften nach Tilda zu suchen. Doch Max ließ sich nicht abhalten. Egal wie oft Paul seinen Kopf schüttelte, wie oft er versuchte, ihn zur Vernunft zu bringen, dazu, die Realität zu akzeptieren. Max wollte nichts davon wissen.
    Es ist still im Auto. Seit mehr als drei Stunden schon. Zuerst die Nachrichten, auf jedem Kanal alles über Tilda, dann Stille, nur die Straße unter ihnen.
    Baroni parkt vor einem Gefängnis in der Nähe von Wien, hier sitzen die großen Fische, Gewaltverbrecher, Mörder, Lebenslange. Leopold Wagner.
    Scheibenbesuch.
    Sie kommen noch rechtzeitig, die Besuchszeit dauert noch eine Stunde. Ein Beamter beim Empfang telefoniert, er fragt nach, ob Wagner Besuch empfangen will. Sie warten. Vor ihnen ein Glaskubus, dahinter fünf Beamte, zwei Frauen, drei Männer in Uniformen, gleichgültige Gesichter. Max setzt sich. Er weiß noch nicht, was er ihn fragen wird, er ist nervös, er fühlt sich unwohl, er versucht sich vorzustellen, was in wenigen Minuten passieren wird.
    Es dauert. Max und Baroni im Eingangsbereich des Gefängnisses. Max zweifelt, er ist sich plötzlich nicht mehr sicher, ob es richtig war, hierher zu fahren, ob es nicht besser gewesen wäre zu bleiben, weiter nach ihr zu suchen. Was, wenn Paul recht hatte, wenn dieser Wagner wirklich nichts damit zu tun hat? Was, wenn er unschuldig ist, wenn Tilda sich getäuscht hat, wenn sie umsonst quer durch das Land gefahren sind?
    Max kaut an seinen Nägeln. Sie warten in dem kleinen Empfangsraum, niemand sagt etwas. Was, wenn sie ihn nicht besuchen können, wenn er sich weigert, mit ihnen zu sprechen? Was, wenn Max dabei ist, sich lächerlich zu machen, unsinnigerweise einen völlig Fremden

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