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Für immer tot

Für immer tot

Titel: Für immer tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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willst, betäub alles, was weh tut. Du hast viel mehr getan als jeder andere.
    – Vielleicht war es zu wenig.
    – Wir haben beinahe jemanden umgebracht, Max, wir wurden verprügelt, wir haben eine Frau und ihr Kind entführt. Das reicht, Max.
    – Sie könnte noch am Leben sein.
    – Nein, Max. Das war Schicksal.
    – Blödsinn. Es war unsere Schuld.
    – Wenn schon, dann war es Wagners Schuld. Wenn er Tilda das nicht angetan hätte, hätten wir keine Frischhaltefolie gekauft.
    – Wenn wir keine Frischhaltefolie gekauft hätten, hätte Wagner auch keine gekauft.
    – Wagner hat sie getötet, Max, nicht wir. Wir würden immer noch auf deiner Terrasse sitzen und Wein trinken, wenn er nicht aufgetaucht wäre, wenn das vor zwanzig Jahren nicht passiert wäre.
    – Sie kommt nicht wieder, Baroni.
    – Doch, sie kommt wieder.
    – Hanni. Sie wird nie wieder neben mir liegen.
    – Nein, das wird sie nicht.
    – Scheißdreck, Baroni.
    – Scheißdreck, Max.
    Abend im Dorf. Abend in der Sauna.
    Baronis Körper ist übersät mit roten Flecken. Er trinkt und kratzt sich abwechselnd, er legt Max den Arm um die Schultern, er will ihn aufmuntern, er will bei ihm sein, für ihn da sein. Egal was kommt. Baroni weiß, dass Max’ Welt kaputt ist, dass nichts mehr an seinem Platz steht, dass alles zerfetzt herumliegt. Baroni hält ihn fest. Nackt zwei Männer in der Sauna. Ihre Oberkörper ineinander, Schnaps in ihren Mündern. Versteckt in der kleinen Blocksauna im Friedhofsgarten.
    Baroni und Max, allein. Bis Paul die Tür aufreißt und sie wieder zurück in die Welt holt.
    Ein Mann, atemlos, vollgepackt mit Neuigkeiten. Er berichtet ihnen, dass Blum gefunden wurde, dass er bereits verhört wurde, dass er gestanden hat, alles. Max und Baroni hören, was Paul ihnen erzählt, dass Blum Wagner immer in seinem Auto aus dem Gefängnis gebracht hat, im Kofferraum, dass eine Türe in der Schlosserei direkt auf den Hof führt, dass ihm ein Aufseher namens Vinzenz Stuck geholfen hat, dass er geschwiegen hat für ihn, Wagner immer wieder die Gelegenheit gegeben hat, allein zu sein, ohne Mithäftlinge, um ungesehen mit Blum verschwinden zu können.
    Paul erzählt. Er steht in der Tür, schaut die nackten Männer an, schaut zu, wie sie trinken, er redet pausenlos, fasst zusammen, was er von Blums Frau gehört hat, von den Kollegen, die Blum verhörten, er wiederholt sich, so, als könnte er nicht glauben, was er sagt. Wagner hat das Gefängnis regelmäßig verlassen. Immer wieder ist er gegangen und wieder zurückgekommen, ungesehen. Er hat Blums Auto verwendet, um ins Dorf zu kommen. Wagner hatte Blum in der Hand. Ein Gefängnisdirektor hat seinen Häftling um Geburtshilfe gebeten, ihn mit zu sich nach Hause genommen, um seine Frau künstlich befruchten zu lassen. Paul schüttelt den Kopf.
    Unglaublich, sagt er.
    Was ist mit Wagner, fragt Max.
    Paul nimmt sich die Flasche und macht die Tür zu. Während er trinkt, zieht er seine Hose nach unten und knöpft sein Hemd auf. Nackt setzt er sich neben Max und Baroni, nackt trinkt er in langen Schlucken, bevor er antwortet.
    Er ist nicht mehr da, sagt er.
    Wagner ist nicht mehr an seinem Platz, nicht mehr in seiner Zelle. Nicht im Gefängnis. Blum hat ihn mit nach draußen genommen, bevor er verhaftet wurde. Ohne Blum und ohne Vinzenz konnte Wagner nicht mehr zurück.
    Sie schweigen.
    Er konnte nicht mehr zurück. Weil Blum gestanden hatte. Weil endlich die Wahrheit ans Licht gekommen ist. Weil Blum in einem Verhörraum sitzt statt am Steuer seines Wagens. Wagner ist weg. Keine Spur von ihm. Sie bekamen keine Antworten, kein Wort, kein Verhör, nichts von ihm. Nur die Wahrheit. Dass er es war. Dass er sie eingegraben hat, dass Blum davon wusste, dass Wagner ihn zum Mitwisser gemacht hatte.
    Kein Wagner. Nur Ratlosigkeit und Verzweiflung in Pauls Gesicht, weil sie keine Spur haben, nichts wissen, nicht mehr als vorher. Nichts über Tilda. Wo sie ist, diese Kiste, ihr Grab. Nichts. Nur der Mund von Max, der schreien will und nicht kann. Neben ihm Baronis Fragen und die traurigen Antworten von Paul.
    Wie er sich entschuldigt. Dass er Tilda nicht geglaubt hat, dass er daran gezweifelt hat, dass er nicht persönlich mit Wagner gesprochen hat, der Spur nicht nachgegangen ist.
    Das war Schicksal, sagt Baroni.
    Wir finden sie nicht, sagt Paul und trinkt.
    Seit fünfzig Stunden sind hunderte Menschen ununterbrochen auf der Suche nach ihr, doch nichts, keine Spur von ihr. Das Gebiet, in dem man ihr Handy

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