Für immer und eh nicht (German Edition)
dieser Aussicht beschleunigte ich meine Schritte, so dass Hanna kaum nachkam.
»He! Warum hast du es so eilig?«, brüllte sie gegen die Wellen an.
Sollte ich sie einweihen? Dann hatten wir im Garten am Abend garantiert keine ruhige Minute. »Ich trainiere!«
»Seit wann?«
»Seit jetzt!«
»Ist ja interessant. Und warum?«
»Damit ich Platz fürs Abendessen habe.« Das war nicht einmal gelogen, denn momentan fühlte ich mich ziemlich satt und vollgestopft.
»Gute Idee!« Hanna schloss zu mir auf. »Ich kenne nämlich eine nette Pizzeria in Somerset West. Die ist ideal fürs Abendessen.«
Gegen zweiundzwanzig Uhr lief ich erwartungsvoll durch den Garten zurück zu den Gästehäusern. Mein schlechtes Gewissen Hanna gegenüber hielt sich in Grenzen. Sie hatte nichts dagegen gehabt, den Abend nach dem Pizzaessen zu beenden, denn sie war müde und hatte einiges an Schlaf nachzuholen. Eigentlich galt das auch für mich, doch die Aussicht auf ein Treffen mit Raphael hatte mich munter gehalten.
Aufgeregt sah ich mich um. Ob Raphael sein Versprechen einlöste und auf mich wartete?
Der Garten lag im Dunkeln. Kein Kerzenschein, kein Raphael. Ich warf einen Blick auf die Fenster seines Hauses. Auch hier brannte kein Licht. Enttäuscht kramte ich meinen Zimmerschlüssel aus der Hosentasche und steckte ihn ins Schloss.
»Theresa?«, ertönte seine sanfte Stimme auf einmal hinter mir. »Wo willst du hin?«
Erschreckt fuhr ich herum und brauchte eine Weile, bis ich mich an die Dunkelheit gewöhnt hatte. Dann entdeckte ich ihn. Er lag ausgestreckt auf der Wiese und blickte in den Himmel. Zögernd ging ich auf ihn zu.
»Komm!« Er klopfte mit der Hand auf den Platz zu seiner Rechten. »Leg dich neben mich.«
»Warum?« Was sollte das werden? Er gehörte doch hoffentlich nicht zu diesen Freiluft-Fanatikern, die auf Wiesen übernachteten, um mit der Natur eins zu werden? Es war verdammt kalt hier draußen.
»Nun komm schon!« Er ergriff meine Hand und zog mich herunter. Ächzend landete ich auf dem Bauch.
»So kannst du nichts sehen«, kritisierte er.
»Was soll ich denn sehen?«, erkundigte ich mich misstrauisch. Der Anfang dieses Dates gefiel mir ganz und gar nicht.
»Ich möchte dir den Sternenhimmel zeigen.« Mit diesen Worten drehte er mich an den Schultern herum, so dass ich nun neben ihm auf dem Rücken lag.
»He!«, protestierte ich. Doch dann fiel mein Blick auf den Himmel über uns, und schon war alles andere vergessen.
»Wahnsinn«, war alles, was ich noch herausbrachte. Ich schaute in die Weiten des Universums. Noch nie hatte ich so viele Sterne auf einmal gesehen. Sie strahlten hell auf die Erde nieder und funkelten so dicht nebeneinander, dass es aussah, als hätte jemand eine weiße Flüssigkeit verschüttet.
»Das ist die Milchstraße«, erklärte Raphael, der meinem Blick gefolgt war.
»Nein.« Ich schüttelte langsam den Kopf. »Das ist ein Wunder. So viele Himmelslichter!«
»Die Sterne sind nicht wirklich am Himmel.«
»Aber nahe dran«, flüsterte ich andächtig.
»So nahe auch wieder nicht.«
»Trotzdem ist es unglaublich schön. Warum kann man das bei uns zu Hause nicht so gut sehen?«
»Weil es hier viel weniger Fremdlicht gibt«, erklärte Raphael und deutete mit der Hand hinaus in die Nacht. »Schau mal, dort oben ist das Kreuz des Südens. Siehst du die Achse?«
Ich sah keine Achse, sondern nur Millionen von Sternen. »Wunderschön!«
»Und dort, erkennst du das Sternbild des Einhorns? Man kann es auf der Süd- und auf der Nordhalbkugel sehen.«
»Interessant.«
»Andere Sternbilder gibt es nur hier unten im Süden, zum Beispiel den großen Hund.«
»Aha.« Ich nickte und tat interessiert. Je schneller wir den astronomischen Teil hinter uns brachten, umso eher konnten wir vielleicht zu den privaten Themen übergehen.
»Columba ist auch zu sehen.«
»Hm.«
»Da drüben ist das Sternbild der Libra, und hier das Telescopium …«
Er wurde durch »Mission Impossible« unterbrochen, und in diesem Moment war ich fast dankbar für die Störung. Wer weiß, wie viele Sternbilder er mir sonst noch erklärt hätte?
Raphael richtete sich auf und las die SMS . Seine Augen weiteten sich.
»Schlechte Nachrichten?«
»Eigentlich nicht.«
»Warum schaust du dann so ungläubig?«
»Eva hat mir einen Rat gegeben.« Er kratzte sich verlegen am Kinn.
»Schon wieder Eva«, bemerkte ich amüsiert. »Dann ist sie wohl auf ›Mission Impossible‹? Interessante Musikwahl.«
»Wie bitte?«
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