Für immer und eh nicht (German Edition)
aufzuschütteln. Aus der Küche waren das Klappern von Schranktüren, das Klirren von Gläsern und das Öffnen eines Drehverschlusses zu hören. Geistesabwesend griff ich zum nächsten Kissen und stieß dabei Raphaels Handy vom Sofa, das mit einem lauten Plumps auf den Boden fiel.
»Ist etwas passiert?«, kam seine Stimme aus der Küche.
»Nein«, rief ich und hob das Telefon vom Boden auf. Vorsichtshalber drückte ich eine Taste, um zu prüfen, ob es noch funktionierte.
»Willst du Eiswürfel?«, wollte Raphael wissen.
»Ja, bitte!«, antwortete ich und blickte flüchtig auf das Display des Handys, das nach meinem Tastendruck hell leuchtete.
Nachricht von Eva
26. Mai 19:12 Uhr:
Kein Wort über unsere Wette!
Bleib ruhig und denke nach!
Vielleicht kannst du sie noch umstimmen!
Die Nachricht war keine fünf Minuten alt. Das musste die SMS sein, die er gerade empfangen hatte. Was für ein merkwürdiger Text! Ob Eva wohl immer so seltsam formulierte? Hatte Raphael eine Wette abgeschlossen? Das passte irgendwie gar nicht zu ihm.
Eigentlich hätte ich das Handy nun zu dem Kästchen mit dem Verlobungsring auf den Tisch legen sollen. Doch meine Neugier war stärker. Deshalb wählte ich die vorige SMS aus dem Posteingang an.
Nachricht von Eva
23. Mai 04 16:45 Uhr:
Sex ist hiermit ausdrücklich erlaubt!
Ich stutzte und schaute zur Sicherheit noch einmal hin. Aber am Text änderte sich nichts. Es blieb bei dieser mehr als verstörenden Botschaft.
Raphael erhielt Textnachrichten von einer Frau, die ihm Sex ausdrücklich erlaubte. Mein Blick fiel auf das Datum, und ich erschrak. Die SMS stammte vom letzten Sonntag und war genau zu dem Zeitpunkt verschickt worden, als Raphael und ich uns auf dem Sofa vergnügt hatten. War das Zufall? Oder wusste Eva, was wir gerade taten? Hatte sie heimlich mitgehört?
Misstrauisch drehte ich das Handy in meiner Hand hin und her, aber ich fand keinen Hinweis auf ein verstecktes Mikrofon oder eine Kamera. Was hatte das alles zu bedeuten?
»Möchtest du auch einen Tee?«, fragte Raphael plötzlich.
Vor Schreck ließ ich fast das Telefon fallen und blickte nervös zur Tür. Doch anscheinend war er in der Küche geblieben und wartete dort auf meine Antwort.
»Äh … ja. Einen Schwarztee, bitte. Du musst ihn aber mindestens fünf Minuten ziehen lassen!« Das würde ihn hoffentlich noch eine Zeitlang beschäftigen und mir die Gelegenheit geben, weiterzuforschen.
Zitternd wählte ich die nächsten SMS auf dem Display aus:
Nachricht von Gabriel
23. Mai 04 16:44 Uhr:
Stopp! Sex ist hiermit ausdrücklich verboten!
Nachricht von Gabriel
23. Mai 16:42 Uhr:
Stopp! Kein Sex vor der Ehe!
Gabriel war anscheinend ganz anderer Meinung als Eva. Darum war es also in dem Streit der beiden gegangen! Fast hätte ich lachen müssen, wenn mir nicht genau in diesem Moment durch den Kopf geschossen wäre, dass es sich nicht um irgendwelchen Sex, sondern höchstwahrscheinlich um den Sex zwischen Raphael und mir gehandelt hatte.
Was ging das die beiden an? Und was wussten sie noch von uns? Welche Rolle spielte Raphael bei dieser Geschichte? Es gab wohl nur einen Weg, das herauszufinden. Ich musste versuchen, alle SMS der vergangenen Tage lesen.
Leider stieß ich als Nächstes auf eine Nachricht, die ich nicht verstand, die aber genauso verstörend klang wie die vorherigen SMS .
Nachricht von Eva
23. Mai 16:16 Uhr:
Wir mussten uns einmischen.
Sonst wäre deine Mission in Gefahr.
Aber keine Angst, Theresa hat nichts bemerkt.
Mission? In welcher Mission war Raphael unterwegs? Und was hatte ich nicht bemerkt? Wie hatten »sie« sich eingemischt? Wer waren überhaupt »sie«?
Da mir auf all diese Fragen keine Antworten einfielen, begnügte ich mich damit, den Zeitpunkt der Nachricht zu überprüfen. Sie stammte ebenfalls vom letzten Sonntag, kurz nachdem Raphael bei mir eingetroffen war. Worüber hatten wir uns unterhalten? Vermutlich hatte ich ihm gerade von dem seltsamen Traum meiner Mutter erzählt. Ich erinnerte mich an sein erschrockenes Gesicht und die Bitte, kurz seine SMS lesen zu dürfen. Aber was hatte der Traum meiner Mutter mit Gabriel und Eva zu tun?
Ich schüttelte den Kopf. Fragen brachten mich jetzt nicht weiter. Also arbeitete ich mich zur nächsten Nachricht vor. Sie stammte von Samstagnacht und war genau zu der Uhrzeit versendet worden, als ich mit Harald vor meiner Haustür gestanden hatte.
Nachricht von Eva
22. Mai 23:59 Uhr:
Theresa!
Setzen Sie nicht alles aufs
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