Für immer und eh nicht (German Edition)
Hielten sich Raphaels Verwandte für Heiler?
Ich erinnerte mich an den Morgen in Somerset West, als er mir die Hand auf die schmerzende Stirn gelegt hatte. Danach war mein Kater tatsächlich auf wundersame Weise verschwunden. Ein schneller Blick auf das Datum der SMS bestätigte meine Vermutung. Die Nachricht war genau zu dem Zeitpunkt verschickt worden, als Raphael an meiner Tür gestanden hatte. Bedeutete das, dass er tatsächlich Heilkräfte besaß? Und wieso durfte er nicht darüber sprechen? Das wurde ja immer mysteriöser!
Die folgende Nachricht schien die letzte zu sein, die in seinem Posteingang gespeichert war. Sie stammte von dem Tag, als wir uns kennengelernt hatten.
Nachricht von Eva
07. Mai 16:39 Uhr:
Bitte erwähne auf keinen
Fall deine wahre Mission!
Ich erinnerte mich. Zur betreffenden Uhrzeit hatten wir in Hannas Garten gesessen und über Superman diskutiert. Ich sah Raphaels nachdenkliches Gesicht noch vor mir, als ich ihm eröffnet hatte, wie wichtig für mich Ehrlichkeit in einer Beziehung war.
Ehrlichkeit.
Ich lachte bitter auf.
Er war alles andere als ehrlich.
Er war … ja, was genau war er eigentlich?
Ein Typ, der sich von zwei unsichtbaren Leuten, die immer genau zu wissen schienen, was er gerade tat, per Telefon manipulieren ließ.
Aber warum?
War er ein Spion, der mich zur Tarnung benutzte? Ein Spinner aus einer Gruppe von Verrückten, die sich für überirdische Wesen mit Superkräften hielten? Oder vielleicht ein entsprungener Massenmörder, der sich mit Hilfe von anderen Psychopathen an unschuldige Frauen heranmachte?
»Der Tee ist fertig.« Raphael erschien mit zwei Tassen in der Tür und betrachtete stirnrunzelnd das Handy in meiner Hand. »Was tust du da?«
Mit einem Aufschrei fuhr ich zusammen und warf das Telefon zwischen die Kissen. »Gar nichts!«
Vom Sofa her ertönte »Mission Impossible«. Täuschte ich mich, oder klang der Ton heute besonders dringend?
Verdammt, diesen unsichtbaren Überwachern entging aber auch nichts. Welchen Befehl würden sie Raphael dieses Mal erteilen? Mich aufzuklären? Wohl kaum! Wahrscheinlicher war es, dass sie mich aus dem Weg haben wollten. Bei diesem Gedanken wurde mir vor Angst ganz schlecht. Ich musste von hier verschwinden.
Raphael schien nichts von meiner Furcht zu bemerken. Er seufzte und bückte sich zum Tisch, wohl um die Tassen abzustellen. Diesen Moment nutzte ich zur Flucht. Ich nahm Anlauf und schubste ihn aufs Sofa. Überrumpelt ließ er die Teetassen fallen, die mit einem lauten Klirren zersprangen. Aber das kümmerte mich nicht, denn ich war schon auf dem halben Weg in mein Schlafzimmer. Dort schlug ich die Tür zu und versuchte hektisch, den Schlüssel im Schloss umzudrehen, was mir nach einigen endlos erscheinenden Sekunden auch gelang.
Erst jetzt schoss mir durch den Kopf, dass das Schlafzimmer keine gute Wahl gewesen war. Allein würde ich hier nicht rauskommen, denn schließlich wohnte ich im dritten Stock.
Es blieb mir also nichts anderes übrig, als per Telefon um Hilfe zu rufen. Am ganzen Körper zitternd machte ich mich auf die Suche nach meinem Handy. Dabei warf ich immer wieder einen nervösen Blick auf die Schlafzimmertür. Bislang war die Klinke noch nicht heruntergedrückt worden. Raphael war anscheinend ziemlich langsam. Oder er war sich seiner Sache sehr sicher … Dieser Gedanke jagte mir einen neuen Schauer über den Rücken. Verflixt, wo war das Handy? Hektisch durchsuchte ich meine Jackentaschen. Wenn ich aus dieser Situation lebend herauskam, würde ich diszipliniert und ordentlich werden, das schwor ich mir!
Endlich fand ich das Telefon auf dem Schaukelstuhl unter einem Pulli und hielt kurz inne. Wen sollte ich jetzt anrufen? Flüchtig dachte ich an Hanna, verwarf den Gedanken jedoch gleich wieder. Sie würde zwar am ehesten verstehen, worum es hier ging. Aber sie war Tausende von Kilometern weit entfernt und hatte keine Chance, mich zu retten.
Es gab eigentlich nur einen Menschen, der mir schnell und effektiv helfen konnte. Allerdings hatte ich nicht die geringste Ahnung, wie ich ihm die Situation erklären sollte.
»Hallo?«, klang es mir nach dem vierten Klingelton zaghaft entgegen.
»Steffi?«, fragte ich verdutzt. »Warum gehst du an Sebastians Handy?«
»Wir sind zusammen unterwegs und stehen gerade im Stau auf der A3.«
»Das ist schlecht.«
»Warum?«
»Ich brauche dringend Sebastians Hilfe!«
»Warte, ich gebe ihn dir.« Ein kurzes Rascheln, dann erklang die Stimme meines
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