Fuer immer und einen Tag
schloss er.
»Siehst du, du liest meine Gedanken, und das wird uns noch zugutekommen«, sagte Emma gepresst, weil sie das Weinen unterdrücken musste. Es galt nicht ihr selbst, sondern Ben und dem, worum sie ihn nun bitten würde. Sie nahm seine Hand und drückte sie. »Du musst unsere Geschichte zu Ende schreiben, Ben. Ich werde nicht in der Lage sein, das selbst zu tun.«
»Beinahe wünschte ich, ich würde dich nicht so gut kennen.«
»Aber nur beinahe.«
»Aber nur beinahe«, stimmte er ihr mit einem Seufzer zu, der durchblicken lieÃ, welche Last ihm gerade aufgebürdet worden war. »Ich weià übrigens, was du da tust. Mit all diesen Geschenken von deinem Ladenbesitzer.«
»Ich bin nun mal, wie ich bin«, sagte sie. »Wenn es ein Problem gibt, will ich es lösen. Der Mensch, nach dem du dich in deiner Trauer am meisten sehnen wirst, bin ich. Ich werde nicht da sein können, aber meine Segenswünsche schon.«
»Mut, Liebe und Hoffnung?«, sagte Ben.
»Und Frieden«, ergänzte Emma.
»Das ist viel verlangt«, bemerkte er. Seine Augen schimmerten vor goldenen Reflexen, aber es standen keine Tränen darin. Er hielt sein Versprechen.
»Ich weiÃ.« Sie zog einen Handschuh aus und schob ihre Hand unter Bens Jacke. Sein Herz hämmerte, das spürte sie, doch sie tastete nach seiner Brusttasche und fühlte bald die glatte Oberfläche des Fotos, das er immer bei sich trug. »Das wird dir helfen.«
Es war das Bild, das er in dem Moment gemacht hatte, als sie das Nordlicht am Himmel erblickte. Er rang nach Luft, und sie tat so, als hörte sie das leise Schluchzen nicht, das aus ihm hervorbrach, bevor er sich fest auf die Lippen biss.
»Mut, Liebe, Hoffnung und Frieden«, wiederholte sie. »Das alles kannst du hier in meinem Gesicht sehen, damit du es nicht vergisst.«
Als sie ihm das Foto hinhielt, platschte ein dicker Regentropfen darauf, und Ben steckte es schnell wieder ein. Emma zog auch den anderen Handschuh aus und dann ihre Mütze, so dass ein dünner Haarflaum und die silbrig roten Narben an ihrem Kopf zum Vorschein kamen, doch selbst in ihrer entblöÃten Schwäche fühlte sie sich unbezwingbar. Sie hob den Kopf zum Himmel, streckte die Arme aus und umarmte das Leben, an dem sie immer noch festhielt. Schwere Tropfen trafen ihre Handflächen und erinnerten sie kurz an vergossene Tränen, aber als der Regen auf ihr lächelndes Gesicht fiel, wusch er alle schmerzlichen Gedanken weg. Sie genoss den Augenblick in vollen Zügen, trotz Bens flehentlicher Appelle, sofort zum Wagen zu laufen. Die Sonne hatte den Kampf noch nicht ganz aufgegeben, und Emma hoffte auf einen Regenbogen.
»Ich weià nicht, warum wir das nicht schon früher gemacht haben«, sagte ich, als ich meine Sandalen abstreifte und meine FüÃe in den warmen, goldgelben Sand grub. »Ich dachte immer, Kreuzfahrten seien was für alte Leute.«
»Wir sind alte Leute«, holte Ben mich auf den Boden der Tatsachen zurück. »Aber das ist schlieÃlich keine gewöhnliche Kreuzfahrt. Nicht viele ergattern eine Mitfahrgelegenheit auf so etwas.« Er blickte auf die Bucht hinaus, wo unsere Jacht vor Anker lag. Sie erinnerte mich an die Boote, die ich im bewegten Wasser des Mersey hatte kreuzen sehen, als sie sich herdengleich bei der Windjammerparade sammelten, wenngleich dieses edle Ungetüm hier in der türkisblauen karibischen See auch sehr viel stattlicher, wenn nicht gar ein wenig selbstgefällig wirkte.
»Stimmt«, sagte ich mit einem zufriedenen Lächeln.
Die Jacht gehörte uns nicht, sondern war uns von einem sehr dankbaren und extrem reichen Kunden von Charlie zur Verfügung gestellt worden. Mein Sohn war mittlerweile ein bekannter Fotograf mit einem sehr ausgesuchten Kundenkreis. Während Ben, um mit den Worten des Ladenbesitzers zu sprechen, eine Schachtel ungeöffnet, eine Möglichkeit ungenutzt gelassen hatte, hatte Charlie sein wunderbares Talent mit der Welt geteilt, und Ben und ich durften nun die Früchte seiner Arbeit ernten. Offenbar war Charlies Porträtaufnahme des alten Herren sehr schmeichelhaft ausgefallen und hatte seinen runzeligen Zügen das eine oder andere Jahrzehnt genommen. Wir hatten wohl alle unsere eigenen Strategien, unsere Jugend wiederzuerlangen, vermutete ich.
»Jetzt zieh deine Sandalen wieder an, wenn du den Dschungel erforschen
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