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Für immer untot

Für immer untot

Titel: Für immer untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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der schmalen Straße, so groß, dass der Rumpf fast an die Häuser zu beiden Seiten stieß.
    Ich starrte wortlos darauf, während sich der vom Schiff verursachte plötzliche Sturm legte und wieder Ruhe einkehrte. Mir blieb noch Zeit genug, Ja, dies dürfte der richtige Ort sein zu denken, bevor Mircea mich in den Schatten einer fast nicht existierenden Gasse zwischen zwei trunkenen Gebäuden zog. In seinem Blick lag zornige Intensität. »Wo sind wir?«
    »Paris im Jahr 1793«, brachte ich hervor und war nicht sicher, ob er mich verstand. Ich musste bei ihm von den Lippen ablesen, wegen der plötzlichen Symphonie aus überwiegend Schlaginstrumenten, die in meinen Ohren hämmerten und dröhnten. »Das hoffe ich jedenfalls.«
    Mircea schwieg einige Sekunden und gab seinem superschnellen Gehirn Gelegenheit, alles zu verarbeiten. »Warum?«, fragte er schließlich.
    »Das habe ich dir eben gesagt. Wir besuchen eine Party.«
    Über seine Schulter hinweg beobachtete ich, wie sich eine Rampe vom Schiff zur eisigen Straße herabsenkte. Sie war rot wie der Rumpf – ein sattes Karmesinrot bildete dort den Hintergrund für große goldene, blaue und grüne Rollen, die meine sich erholenden Augen schließlich als einen langen Drachen identifizierten. Seine Schnauze bildete den Bug des Schiffs, und die vorderen Klauen hielten glühende goldene Kugeln, die wie Scheinwerfer wirkten. Der lange, schlangenartige Leib reichte an der Seite entlang und endete am Heck in einem mit Stacheln besetzten Schwanz. Ruder, Segel oder andere erkennbare Antriebsmittel gab es nicht; sie hätten ohnehin kaum erklären können, wie ein derartiges Schiff mitten auf der Straße stand, wie eingeklemmt zwischen den Häusern und weit und breit ohne Wasser.
    Vier große Männer kamen die Rampe herab. Ihre goldenen Rüstungen bestanden aus sich überlappenden Schuppen, denen des Drachens nachempfunden. Sie bezogen zu beiden Seiten der Rampe Aufstellung, jeweils zu zweit, und hoben wie eine Ehrenwache ihre Speere. Dann schwebte ein kleiner Sessel aus dem Bauch des Drachens, darin eine noch kleinere Frau. Ihre geradezu winzigen Füße steckten in Lotosschuhen aus Satin, und ich musste nicht nach dem Grund für den schwebenden Sessel fragen, denn obwohl die winzige Frau sicher nicht viel wog: Die Schuhe hätten selbst ihr geringes Gewicht nicht ausgehalten.
    Auf den ersten Blick betrachtet wirkte sie hilflos, wie ein übertrieben gekleidetes Püppchen, das von seinen Dienern bewegt werden musste. Dieses Bild stand in einem auffallenden Kontrast zu der Macht, die von ihr ausstrahlte wie eine kleine Supernova und mit unsichtbarer, aber fast erstickender Kraft durch die Straße flutete. Die Wächter waren nur Zierde; diese Schönheit brauchte niemanden, der sie verteidigte.
    »Wer ist das?«, krächzte ich.
    »Ming-de, Kaiserin des chinesischen Hofs – vergleichbar mit unserer Konsulin«, flüsterte Mircea, und sein Atem kondensierte vor meinem Gesicht.
    Ich beobachtete, wie sich die edelsteinbesetzten Drachen auf Ming-des Gewand hin und her wanden, was ich zunächst auf das flackernde Laternenlicht zurückführte. Aber nein: Ein kleiner goldener Drache kroch über den Saum des Gewands, auf der scharlachroten Seide so hell wie Feuer, und ich begriff, dass es keine Darstellungen waren, sondern Geschöpfe mit einem eigenen Willen.
    »Wie ist sie hierhergekommen?«
    »Ley-Linien-Reise«, sagte Mircea, als die Gruppe in einer würdevollen Prozession das Gebäude betrat.
    »Wie bitte?«
    Wieder blitzte es, grün diesmal, und es donnerte so laut, dass wir zusammenzuckten. Ich blinzelte, und als ich erneut hinsah, stand ein großer grauer Elefant mit goldener Sänfte hinter Ming-des Schiff. Der Elefant schien sich ein bisschen beengt zu fühlen und trompetete protestierend. Am Heck des Schiffs kam ein Wächter zum Vorschein und rief etwas, woraufhin das große Schiff einige Meter nach vorn rutschte, bis es an einen Laternenpfahl stieß und anhalten musste. Es sah nach einer Party aus, bei der die Gastgeber die Parkmöglichkeiten außer Acht gelassen hatten.
    Nach einem Moment kniete sich der Elefant, und ein indisches Paar stieg aus.
    Es war prächtig gekleidet, in schimmerndes Blau und Grün, auf dem sich aber nichts zu bewegen schien. Beide zusammen trugen mindestens ebenso viele Kostbarkeiten, wie ich in meiner Handtasche hatte. Allein der Saphir am Turban des Mannes war so groß wie meine Faust. Aber sie liefen nicht Gefahr, sich bei der Auktion entkleiden zu

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