Für immer untot
sind wir«, korrigierte ich ihn. Es schneite, und kleine Flocken fielen mir auf die verklebten Lider. Mit Mircea vor mir konnte ich kaum was sehen, aber die Nacht war kalt und feucht, nicht heiß und trocken, und ich hatte keinen Asphalt unter mir, sondern ein Kopfsteinpflaster. Das Ausmaß meiner Benommenheit deutete darauf hin, dass wir mindestens zweihundert Jahre weit in die Vergangenheit gesprungen waren. »Und du weißt, wer ich bin.«
»Du bist nicht meine Cassandra.« Mirceas Stimme war hart. So hatte ich ihn nie zuvor sprechen gehört, jedenfalls nicht zu mir.
»Wer bin ich dann?« Ich wäre sehr dankbar gewesen, wenn die Straße beschlossen hätte, nicht so zu schwanken. Damit ich wieder zu Atem kommen und nachdenken konnte.
»Du bist ein Magier, von einem Zauber getarnt. Und wenn du deine Tarnung nicht freiwillig aufgibst. .« Mircea drückte noch fester. »Dann zwinge ich dich dazu.«
Ich schluckte und fühlte dabei seine Hand. Wie lange würde es dauern, bis der Druck so stark wurde, dass ich nicht mehr schlucken und auch nicht mehr atmen konnte? Nicht mehr lange… Und mir fiel kein Wort ein, das geeignet gewesen wäre, diesen Wahnsinn zu beenden. Ich hatte nicht an die Möglichkeit gedacht, dass Mircea mich für eine der Personen hielt, gegen die wir gekämpft hatten. Weil ich ihn so gut kannte, auf einem instinktiven Niveau, war ich davon ausgegangen, dass es ihm mir gegenüber ebenso erging.
Da hatte ich mich ganz offensichtlich geirrt.
Viel zu deutlich spürte ich seine Finger am Hals und wusste, dass ich etwas sagen oder tun musste, jetzt sofort. Springen konnte ich nicht. Die letzten Sprünge hatten mich erschöpft, und Panik kratzte an meiner Konzentration. Ich fürchtete, das Bewusstsein zu verlieren, bevor ich ihm etwas sagen konnte, das ihn veranlasste, mich nicht zu töten.
Plötzlich löste sich die Hand von meinem Hals, und ich schnappte nach Luft.
Schwarze Flecken tanzten mir vor den Augen, als ich versuchte, durch den wunden Hals zu atmen und dringend benötigten Sauerstoff in meine Lungen strömen zu lassen. Ich fühlte, wie Mirceas Hand mein Kinn ergriff, wie sie mir das Haar aus dem Gesicht strich – ich fand es ausgesprochen harmlos im Vergleich dazu, mir die Luft abzudrücken. Finger strichen über zwei kleine Höcker an meinem Hals und verharrten auf heller, empfindlicher Haut.
»Woher hast du das?«, fragte er so leise, dass ich nicht ganz sicher war, ob ich ihn richtig verstanden hatte. In meinen Ohren rauschte es noch immer, was vielleicht an den Sprüngen lag, oder daran, dass mich Mircea halb erwürgt hatte. Ich brauchte einige Sekunden, um zu verstehen, was er gesagt hatte. Und dann wurde mir plötzlich klar, warum er mich losgelassen hatte und warum ich an diesem Abend nicht sterben würde, jedenfalls nicht durch seine Hand. Ich sank an die kalte Backsteinmauer und war so erleichtert, dass ich am liebsten gelacht hätte, aber das ließ mein wunder Hals nicht zu.
»Woher?«, fragte er mit etwas mehr Nachdruck – vielleicht hatte er bereits begonnen, sich von der Überraschung zu erholen. Ich sah ihn an, die eine Hand am schmerzenden Hals. Auch ich brauchte Gelegenheit, mich zu erholen, von allem.
»Woher wohl?«, erwiderte ich scharf.
Bissspuren waren so individuell wie Fingerabdrücke. Seit Tagen trug ich seine am Hals wie ein Brandzeichen. Es mochte der Hauptgrund dafür sein, warum Alphonse, Sal und sogar die Konsulin, auf ihre eigene Art und Weise, so kooperativ gewesen waren. Und wenn sie den Biss erkannt hatten, dann sollte es Mircea nicht schwerfallen, ihn ebenfalls zu erkennen.
»Es ist mein Zeichen, aber ich habe es dir nicht gegeben.«
»Du hast es mir noch nicht gegeben«, berichtigte ich ihn. Ich konnte nicht verbergen, aus der Zukunft zu kommen. Seine Cassie war noch nicht imstande, Leute durch den Raum zu transportieren, geschweige denn durch die Zeit. So viel hatte ich bereits preisgegeben. Der Trick bestand darin, nicht auch alles andere zu verraten.
»Warum hast du mir das nicht gesagt? Ich hätte dich verletzen können!«
»Nur können?«
Sofort berührte er mich wieder. Starke Finger strichen mir durchs Haar, rieben den Nacken und tasteten vorsichtig über die heilende Wunde, bis ich sie nicht mehr spürte. Zumindest nicht den Schmerz. Doch die beiden kleinen Höcker blieben. Sie waren nicht hart, aber unübersehbar, zumindest für mich. Und auch für Mircea: Er beugte sich vor und hauchte einen Kuss auf sie, die Lippen warm und weich.
Es
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