Für immer untot
müssen. Als sie sich der Tür näherten, erschien hinter ihnen ein kleiner fliegender Teppich mit einer Truhe darauf.
Sorge stieg in mir hoch. Wenn ich gegen solche Bieter antreten musste, war ich in Schwierigkeiten.
»Na schön«, sagte ich. »Was geht hier vor?«
»Das ist Maharadscha Parindra vom indischen Durbar, vergleichbar mit unserem Senat«, erklärte Mircea. »Ich glaube, bei der Frau handelt es sich um seine Stellvertreterin Gazala.«
»Aber wie kamen sie hierher?«
»Durch die Ley-Linien.«
»Das hast du schon einmal gesagt, und ich weiß noch immer nicht, was es bedeutet.«
Mircea sah mich an und hob eine Braue. »Du bist nie in den Ley-Linien unterwegs gewesen?«
»Ich weiß noch nicht einmal, was es damit auf sich hat.«
»Wirklich nicht? Ich sollte dich einmal mitnehmen. Du wirst es bestimmt sehr… aufregend finden.«
Ich sah ihn groß an und gab mir richtig Mühe zu verstehen, worüber wir eigentlich sprachen. Mirceas Lippen formten ein sonderbares Fast-Lächeln. Die Intensität von eben schien verschwunden zu sein, oder gut getarnt. »Ich bin gern bereit, es dir später zu zeigen. Doch derzeit wäre ich dankbar, wenn du mir mit verständlichen Worten erklären könntest, warum wir hier sind.«
»Wir bieten bei der Versteigerung eines Zauberbuchs. Du hast gerade unsere Konkurrenten gesehen.«
Mircea bedachte mich mit einem skeptischen Blick. »Ich kenne Ming-de, weil ich Senatsgesandter an ihrem Hof gewesen bin. Parindra bin ich nur einmal begegnet; er steht in dem Ruf, sein Land nur selten zu verlassen. Wenn sie einen solchen Gegenstand möchten, beauftragen sie jemanden mit dem Erwerb.«
»Was diesmal ganz offensichtlich nicht der Fall ist«, sagte ich und suchte in den Taschen von Mirceas verbrannter Jacke, bis ich ein Taschentuch fand. Damit wischte ich möglichst viel von dem grünen Zeug ab, das er nach mir geworfen hatte. Zum Glück war ein großer Teil davon getrocknet und ließ sich leicht abklopfen. »Wenigstens stinkt’s nicht«, sagte ich kummervoll.
Mircea nahm das Taschentuch und bearbeitete damit einen grünen Fleck an meinem Hals. Wenn seine Finger mich überhaupt berührten, dann durch das dünne, satinartige Leinen. Es war ein seltsames Gefühl: ganz nahe, und doch keine direkte Berührung, warm und doch nicht ganz da, während der Ärmel seiner Jacke über meinen bloßen Arm flüsterte. »Warum bist du zu mir zurückgekehrt?«, murmelte er, strich sanft und drückte gerade fest genug zu, damit ich die gestickten Initialen fühlte. »Existiere ich in deiner Zeit nicht?«
Definiere »existieren«, dachte ich, als das Taschentuch nach unten glitt und die gestreiften Enden meine Brüste erreichten. »Die Konsulin wollte mich nicht allein gehen lassen«, hauchte ich.
Als ich mit Billy darüber gesprochen hatte, Mircea mitzunehmen, kam der in der Falle natürlich nicht infrage. Dass die Konsulin beschlossen hatte, ihn an einem solchen Ort unterzubringen, konnte nur bedeuten, dass er durch den Geis viel zu weit hinüber war, um mir zu helfen. Und ich brauchte kompetente Hilfe.
Wenn Mircea starb, gab die Konsulin bestimmt mir die Schuld. Und im Gegensatz zum Kreis, der offenbar so viele Probleme hatte, dass er nicht seine ganze Kraft auf die Suche nach mir konzentrieren konnte, erschien mir die Konsulin als der zielstrebige Typ. Ich hatte den Eindruck: Wenn sie mich tot sehen wollte, würde ich sterben, und zwar schon bald.
»Du hättest einen anderen Senator wählen können«, sagte Mircea.
Angesichts der Gänsehaut, die seinen Berührungen mit sklavischer Hingabe folgte, fiel mir keine überzeugende Lüge ein. »Dein anderes Selbst war beschäftigt«, sagte ich und zog das verdammte Taschentuch weg, bevor es mir den Verstand rauben konnte. Das führte zu nichts, und ich war keine Masochistin.
»Ich bin sicher, dass ich mir für eine so wichtige Angelegenheit die notwendige Zeit genommen hätte«, erwiderte Mircea.
Und ja, ich war geleimt, denn er hätte auf keinen Fall jemand anders mit einer Sache beauftragt, die ihn so persönlich betraf. Aber ich wollte ihm trotzdem nichts verraten. »Du musst mir vertrauen«, sagte ich.
»Obwohl du mir nicht die gleiche Ehre erweist?«
Ich atmete tief durch und widerstand der Versuchung, den Kopf an die Mauer zu stoßen. »Es gibt nicht viel mehr, das ich dir sagen kann. Wahrscheinlich habe ich schon zu viel gesagt. Du musst nur eins wissen: Wenn wir das Buch nicht kriegen, sitzen wir beide gehörig in der Tinte.«
Mircea
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