Für immer untot
rasch, suchte nach dem richtigen Zauber. »Das könnte eine Weile dauern«, murmelte er. »Hier drin sind Hunderte von Zaubern, und ich sehe kein Inhaltsverzeichnis…He, Moment mal.«
»Haben Sie ein Verzeichnis gefunden?«
»Noch besser.« Immer wieder rutschte ihm das Haar in die Augen, und er strich es ungeduldig beiseite. »Vielleicht habe ich den Zauber entdeckt.«
»Im Ernst?« Ich sah ihn an und wagte kaum zu hoffen. Der verdammte Geis machte mir seit Wochen immer wieder einen Strich durch die Rechnung; es fiel mir schwer zu glauben, mich innerhalb einiger weniger Minuten davon befreien zu können.
»Es dauert ein bisschen, Cassie. Wenn Sie sich inzwischen, äh, umziehen wollen oder so…«
Ja, ich brauchte eindeutig eine Auffrischung. Meine Hände waren dreckig und voller Schrammen, die Fingernägel gerissen. Das Haar war völlig zerzaust, und überall klebte Staub vom kurzen Höhlentrip an mir. Doch Nick musste mich in meiner ganzen schmutzigen Pracht ertragen, denn ich wollte den Codex nicht einen Moment aus den Augen verlieren. Nicht einen einzigen.
Er bemerkte meinen Gesichtsausdruck, gab auf und konzentrierte sich aufs Übersetzen. Ich nahm ihm gegenüber Platz und warf einen Blick in die immer präsente Porzellankanne, die jedoch nicht mehr enthielt als den Rest eines Blumenaromas. Ich rief die Küche an und bestellte Kaffee, davon überzeugt, dass wir ihn beide gut gebrauchen konnten, versuchte dann, nicht einzuschlafen, bis man ihn brachte.
»Wie viel wissen Sie über den Kreis, Cassie?«, fragte Nick plötzlich.
Ich gähnte. »Abgesehen davon, dass er mich töten will? Nicht viel.«
»Ja, und mir ist klar, dass es in der Vergangenheit Differenzen zwischen Ihnen gab.«
»Auch in der Gegenwart. Worauf wollen Sie hinaus, Nick?« Ich wollte eine Übersetzung, kein Gespräch.
»Nun, ich meine nur… Sie sollen wissen, dass Sie nicht allein sind. Es gibt viele von uns, die seit einiger Zeit mit dem Kreis unzufrieden sind. Allerdings vertreten wir unterschiedliche Auffassungen, wenn es um die Lösung geht. Manche von uns halten das ganze System für das Problem, nicht nur die Gruppe, die derzeit an der Macht ist. Wir sehen in dem Krieg die Chance, alte Ideen zu überwinden und etwas zu schaffen, das der Regierung der Vampire näherkommt. Dann gäbe es keine kleinen Gruppen aus Größenwahnsinnigen mehr, die für alle große Fehler machen.«
Ich fand, dass diese Beschreibung gut auf den Senat passte. »Sie meinen, nur eine Person an der Spitze?«
»Nicht unbedingt. Ich spreche von einer zentralisierteren Autorität, mit einem besseren Überblick über die Aktivitäten aller Personen und mit einer besseren Kontrolle und Ausbalancierung ihres Verhaltens.«
»Im Senat wird nicht viel ausbalanciert«, erwiderte ich. »Eigentlich gar nichts.«
»Aber es funktioniert! Anstatt Wahlen in einen Popularitätswettstreit zu verwandeln, setzt ein engagiertes, fähiges Oberhaupt die richtigen Leute an den richtigen Platz.«
»Ich glaube nicht, dass das die Konsulin beschreibt«, sagte ich.
»Sie hat ihren Posten bekommen, weil sie stärker und cleverer war als alle anderen.«
»Aber sie regiert gut. Man respektiert sie.«
»Man fürchtet sie!«
»Alle starken Oberhäupter werden von den Unwissenden und Ungebildeten gefürchtet«, kommentierte Nick und schenkte meinen Einwänden keine Beachtung. »Wir könnten viel von den Vampiren lernen, wenn Vorurteile nicht im Weg stünden.«
Ich lachte; ich konnte einfach nicht anders. In Hinsicht auf die Vampire hatten die Magier einen echten Knick in der Optik. Pritkin hielt sie für das personifizierte Böse, und Nick schien bereit zu sein, sie in den Himmel zu heben. Meine Erheiterung gefiel ihm nicht, und deshalb versuchte ich, sie ihm zu erklären, während er ein unbekanntes Wort nachschlug.
»Das System der Vampire funktioniert wegen der Bindungen, die untergeordnete Vampire zwingen, sich dem Willen der Meister zu beugen, und die die Meister für Vergehen ihrer Untergebenen verantwortlich machen. Eine solche Struktur fehlt bei den Magiern. Und man kann nicht erwarten, dass…«
»Wenn wir das ändern, könnten wir unsere Anstrengungen koordinieren und die Dunklen ein für alle Mal ausmerzen!«, unterbrach mich Nick. »Wie die Dinge derzeit liegen, bleiben sie einen Schritt vor uns, indem sie das Territorium einer anderen Gruppe betreten. Wenn wir all die Debatten, Gefälligkeiten und Bestechungen hinter uns haben und schließlich die Erlaubnis erhalten,
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